an die bäume

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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birke
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Beitragvon birke » 05.11.2025, 09:29

.
ich liebe jeden einzelnen
samt wurzeln ästen zweigen blättern

und alle zusammen
in ihrem leuchten

und sollte mich einmal
einer erschlagen

geschehe es aus baumherzigkeit
.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

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taiga
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Beitragvon taiga » 05.11.2025, 18:29

Ein gewisser Galgenhumor gehört vielleicht zum richtigen Lieben ... :cool:

jondoy
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Beitragvon jondoy » 05.11.2025, 22:56

das ist ein liebesgedicht, taiga, da kann ich dir zustimmen ;): , an die bäume, mit nem kleinen augenzwinkern am schluss, womöglich könnte in diesem auch noch eine durchaus ernstgemeintere Konnotation (Nebenbedeutung) drin mitschwingen, denk da an was bestimmtes, ist aber weit hergeholt ; - )

hab dreimal hintereinander (aus sehgewohnheit) barmherzigkeit gelesen, erst beim vierten mal hab ich registriert, dass es für mich zeit wäre, bäume aufzusuchen ; -

da ich den titel wortwörtlich nehme (und ich mir es in meiner fantasie in echt vorstelle), würde ich es so lesen

birke hat geschrieben:birke hat es anders formuliert, ich weiss...
ich liebe jeden einzelnen von euch
samt wurzeln ästen zweigen blättern

und alle zusammen
in ihrem leuchten

und sollte mich einmal
einer erschlagen

geschehe es aus baumherzigkeit
.


und da wir beim thema bäume sind und ich ein buch über naturmärchen zur hand hab,
lese ich den bäumen schnell noch eine gute nacht geschichte vor

Über den Bäumen blitzen die ersten Sterne.
Wer weiss, was die Bäume einander alles erzählen, wenn sie in der Abenddämmerung rauschen.
Tausend Jahre soll es schon Eichen geben, deshalb wissen sie auch mehr als irgend jemand auf der Welt.
Wenn sie erzählen, lauscht der ganze Wald....."...Und sie schmiegte sich an die Stämme, als wären es ihre Kinder, und weinte wieder sieben Tage und Nächte, bis der ganze Fluß von ihren Tränen rot war."

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birke
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Beitragvon birke » 05.11.2025, 23:54

danke euch! :)
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Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 09.11.2025, 05:54

Dieses Gedicht zeigt mir auf erschreckende Weise
eine Lyrik, die sich selbst als beschönigend entlarvt,
der es nicht um ein tieferes Empfinden der Wirklichkeit
geht, sondern nur um eine Verklärung, siehe letzte Zeile,
wenn vielleicht auch mit einem Augenzwinkern, was
nichts daran ändert.

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birke
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Beitragvon birke » 09.11.2025, 09:54

das ist interessant. ob du das gedicht genau so lesen würdest, wäre es von jemand anderem?
also, eine verklärung sehe ich hier weniger... eher eine gute portion galgenhumor, wie auch taiga schon schreibt. ein körnchen ernstes schwingt auch sicher mit, vllt eine art ergebenheit angesichts möglicher drohender katastrophen, angesichts des sogenannten schicksals, angesichts des lebens? besser vom baum erschlagen als in einen krieg zu geraten? zum beispiel. ;) galgenhumor halt.
aber okay, es kann offenbar auch anders rüberkommen.
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Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 09.11.2025, 10:37

„Ich liebe meine Freundin
Alles an ihr finde ich toll
Und wenn sie mich
Einmal erschlagen sollte
So geschehe es aus Barmherzigkeit“

Eine merkwürdige Art von Galgenhumor
wäre es.

Aber beim Baum. Der tut es ja nicht aus eigenem Antrieb.

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birke
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Beitragvon birke » 09.11.2025, 10:50

ja, sicher kann man diese art von humor hinterfragen. ;)
Epiklord hat geschrieben:Aber beim Baum. Der tut es ja nicht aus eigenem Antrieb.

ja, stimpt, das wäre die folge eben eines solchen (natur-)ereignisses, übermäßiger sturm zb. deshalb auch das augenzwinkern?
vielleicht funktioniert es hier nicht so richtig, mag sein.
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Beitragvon Pjotr » 09.11.2025, 15:33

geschehe es aus baumherzigkeit

Ist das eine Hypothese im Konjunktiv II oder ist es eine Bitte? Ich lese zwei Interpretationen:

geschähe es aus baumherzigkeit (ä statt e)

möge es aus baumherzigkeit geschehen (eine Bitte, weil kein ä drin ist)


Vielleicht übersehen manche Leser rein optisch den Wortwitz:
barmherzigkeit
baumherzigkeit

Wenn dem so ist, hilft vielleicht ein Trennstrich? baum-herzigkeit – Nene, das fände ich zu hackebeilerklärend.

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birke
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Beitragvon birke » 09.11.2025, 15:59

danke, pjotr! :)
und ja, beide lesarten in der schlusszeile gut möglich, denke ich.
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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 09.11.2025, 18:53

Mir hat der Wortwitz gefallen. Und bei deiner Liebeserklärung schließe ich mich gerne an.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 09.11.2025, 19:21

Ich möchte mich, so leid's mir tut, Pjotr anschließen. Ja, Bäume sind schön, können aber auch gefährlich werden. Und in diesem Zusammenhang finde ich das Wortspiel leider überhaupt nicht geglückt: Ich liebe (vielleicht ist das bekannt) die Natur ja auch sehr, gerade auch Bäume. Aber ein Erschlagen(werden) kann doch niemals in irgendeiner Weise verzeihlich sein?
Oder anders: Wäre der Anfang des Gedichts nicht so ehrlich-ernst, käme ich vielleicht mit dem Schluss klar. So aber ist es ein stilistischer Bruch. Und die baumherzigkeit klingt für mich viel zu niedlich. Vielleicht wäre auch das anders, gäbe es zu Beginn ebenfalls solche Wortspiele. Könnte sein; ich weiß es nicht. Aber so, wie es da steht, finde ich es nicht stimmig.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 09.11.2025, 19:29

Amanita hat geschrieben:Ich möchte mich, so leid's mir tut, Pjotr anschließen.


Ich finde den Text gut und habe ihn nicht kritisiert :-) Ich habe nur die grammatischen Interpretationen erwähnt :-) Und dass manche Leser vielleicht das "u" übersehen und deshalb nicht den vollen Witz verstehen.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 09.11.2025, 20:02

Pardon, ich hatte mich vertan! Meinte natürlich Epiklord!


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