Akt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Benutzeravatar
ZaunköniG
Beiträge: 741
Registriert: 20.05.2006

Beitragvon ZaunköniG » 20.10.2006, 13:28

Akt

Neulich in St. Paul war Vernissage.
Ich mache mir ja nichts aus dem Geschmier,
Ich war nur wegen der Kollegen hier,
Ich sag dir: Künstler sind so'ne Bagage.

Gleich vorne hängt ein Bild "die femme hommage"
das zeigt ganz weich, geschmeidig, wie ein Tier,
Da kommst du nie drauf... - na, ich sag es dir:
Die Schneiderstochter. Grade die! Kein Arsch,

und diese kleinen jungenhaften Tittchen.
In Kohle, Kreide, auch zwei Aquarelle.
Ich sag's ja: Jedem Tierchen sein Pläsierchen...

Schamlos, nackig räkelt sich das Flittchen
badend, nymphomanisch an der Quelle!
und diesen Frevel zeigen noch die Kirchen...
Zuletzt geändert von ZaunköniG am 20.10.2006, 13:57, insgesamt 1-mal geändert.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Gast

Beitragvon Gast » 20.10.2006, 13:51

Lieber Zaukönig,

mit dem Inhalt deines Sonetts kann ich mich nicht anfreunden.
... da kann ich nur hoffen, dass es ironisch gemeint ist...

Denn man sieht einem Gemälde wohl kaum an, ob da ein "Flittchen" Modell gestanden hat.
Selbst die Schneiderstochter, die bei Geschmier kaum zu erkennen wäre....
Außerdem sollen die Kirchen ruhig Kunst zeigen , auch wenn jene Kunst dir vielleicht suspekt scheint, (Geschmiere) denn die Kirchen stehen doch meist leer herum und kosten eine Menge Geld, was Unterhalt und Pflege betrifft.
Diese Räume besser zu nutzen wäre durchaus sinnvoll und böte sich an.
Ein Akt ist kein Frevel.

Anmerkungen zum Text:

diese kleinen ... Tittchen= Dopplung, Tittchen ist bereits die Verkleinerungsforum
(Hört sich an als habe der Autor etwas gegen kleine weibl. Brüste)
Vernisage: Vernissage
Plessierchen bitte= Pläsierchen.
Diese "Weisheit" ist dann doch etwas sehr abgedroschen.

Kann es sein, dass du dieses Sonett nicht so sorgfältig, wie die anderen, hier von dir geposteten bearbeitet hast?

Liebe Grüße
Gerda

Benutzeravatar
ZaunköniG
Beiträge: 741
Registriert: 20.05.2006

Beitragvon ZaunköniG » 20.10.2006, 14:19

Liebe Gerda,


Die Rechtschreibfehler habe ich verbessert, vielen Dank dafür.
Zur inhaltlichen Kritik: Natürlich ist der Text ironisch gemeint, und die Widersprüche in der Aussage durchaus gewollt.

Ich wollte hier eine bürgerliche Scheinmoral blosstellen die lediglich gewohnheitsmäßig funktioniert, aber sich selten selbst hinterfragt.

Eingangs bekennt sich Lyrich, daß es sich eigentlich nicht für Kunst interessiert, (nur wegen der Kollegen hier). Auch ist der "Skandal" einen Frauenakt in der Kirche zu zeigen kein echter. Es handelt sich um eine Badeszene, wie sie schon zu Renaissance-Zeiten für den Vatikan gemalt wurden. Nur Lyrich selbst plegt seine sexuellen Phantasien, denn wenn schon nackte Körper, dann bitte auch schöne, und führt die selbst gepredigte Moral ad absurdum.

Ich hoffe es beruhigt dich, daß ich mich mit dem Lyrich nicht identifiziere.




Kunst in der Kirche kostet übrigens zusätzliches Geld. Nicht daß ich etwas dagegen hätte, aber da hast du für eine an sich gute Sache, einen falschen Grund abgeliefert.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 20.10.2006, 14:29

Hi Zaunkönig,

schön, wieder von Dir zu lesen. Also ich sehe da eine (wie sie selbst meint) moralisch über alles erhabene Person, die von Kunst keine Ahnung hat („nur wegen der Kollegen hier“), aber meint, etwas dazu sagen zu müssen. Pfui, dieses Geschmier und die nackigen Flittchen darauf. Und das auch noch in einer Kirche (die doch die Moral hüten müsste, im Sinne dieser Person natürlich)!!!
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es anders als ironisch gemeint ist und finde diese Ironie gelungen.
Vernissage braucht noch ein zweites „s“.

Liebe Grüße
leonie

Gast

Beitragvon Gast » 20.10.2006, 14:46

Lieber Zaunkönig,

okay... jetzt kann ich den Text befreit lesen.
hättest du ihn unter Humor/Satire gepostet wäre es für mich eindeutiger gewesen.
Denn so, könnte man auch "Echtes Entsetzen" darüber aus dem Text lesen, dass so eine "Schweinerei" in einer Kirche statt finden darf. :rolleyes:
Vielleicht bin ich aber derzeit auch nur etwas verwirrt, wegen einiger, die Kunst in ihrer Freiheit einschränkenden Aktionen, angefangen beim Karikaturenstreit... :confused:
(Ist ja alles nicht so einfach...)

Eine Frage, die nicht zum Text gehört, die du mir vielleicht aber dennoch beantworten kannst: (meinetwegen auch per PN)
Warum kostet Kunst, wie du schreibst extra Geld?
Müssen oder mussten die Künstler für den Ausstellungraum Miete zahlen?

Liebe Grüße
Gerda

Benutzeravatar
ZaunköniG
Beiträge: 741
Registriert: 20.05.2006

Beitragvon ZaunköniG » 20.10.2006, 15:06

Liebe Leonie,

Dein Posting hat sich offenbar mt meiner ersten Antwort an Gerda überschnitten. Freut mich, daß mein Text nicht bei jedem so mißverständlich rüberkommt.



Liebe Gerda,

hättest du ihn unter Humor/Satire gepostet wäre es für mich eindeutiger gewesen. (Gerda)


Von einigen wenigen Texten abgesehen, die allein auf ihren Sprachwitz bauen, haben auch humoristische oder satirische Texte ein Thema, auf das sie sich beziehen. Die Pointe bleibt aber oft stumpf, wenn man den Text schon vorab mit einem Schild versieht "Vorsicht Witz"


Warum kostet Kunst, wie du schreibst extra Geld?
Müssen oder mussten die Künstler für den Ausstellungraum Miete zahlen?


Nein, :suspekt: wenn die Künstler zahlen würden, hätten die Kirchen keine Zusatzkosten davon
Aber wenn auch viele Künstler auf Gage verzichten, so bleiben noch Kosten für Werbematerial, für Aufsicht, und Versicherung ect. Im Gegensatz zu Museen verlangen Kirchen in der Regel aber keinen Eintritt, so daß auch geringe Kosten leicht in die roten Zahlen führen. Gespendet wird dann doch lieber für Waisenhäuser, Hospize, Brunnenbohrungen in Afrika...

Aber für die Kirchen ist Kunst nicht einfach etwas schmückendes, sondern Anlaß auch mit anderen Bevölkerungsgruppen über religiöse, respektive moralische Werte ins Gespräch zu kommen. Auch wenn es sich nicht monitär auszahlt, ist es doch eine Investition.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Gast

Beitragvon Gast » 20.10.2006, 16:21

Hallo Zaunkönig,

vielen Dank für deine Antwort.
Ich sende dir eine PN, weil meine Gedanken hierzu sonst zu sehr von deinem Gedciht ablenken.

LGG

Max

Beitragvon Max » 23.10.2006, 21:52

Lieber Zaunkönig,

über Deine Fähigkeit was das Schreiben von Sonetten betfifft habe ich ja schon allgelegentlich gestaunt. Hier habe ich über Deine Verse auch geschmunzelt ... ich konnte mir eine Dorfvernissage vorstellen (ich habe dergleichen ein paar Mal mitgemacht) und fand mich in meinen Erinnerungen wieder. Sehr schön.

Liebe Grüße
max

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 23.10.2006, 21:53

Lieber zaunkönig,

danke, dass du meiner Neugier nachgekommen bist!

Ich find das schon recht gelungen und habe gerne von der Ironie gekostet und fand es überhaupt nicht bemüht (wie immer). Und was ich am tollsten finde: Das Thema Kunst fungiert wie das gemeinsame dritte bei einer Metapher...die Schneiderstochter, Kirchen, Kohle, ...etc...das verweist auf "früher", St. Pauli, Vernissage und Typ auf heute...heraus kommt eine Art klassischer Slang...in alkter aber lebendiger Form...kein Staub, keine übertriebene Zuckerung und ein Hauch von Shakespeare :-)

..mag sein, dass das noch meisterhafter betrieben werden kann, ich als Unbedarfte find es einfach nur gelungen.

Formal: Einzig der Reim Kirchen/Pläsierchen ist mir etwas zu unrein.

Von dir würde ich gerne lernen!

Liebe Grüße,
Lisa

PS: In Petersdom muss man dafür bezahlen, die Kuppel anzusehen (Münze ---> Licht geht an)...etc...~ Thema
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Benutzeravatar
ZaunköniG
Beiträge: 741
Registriert: 20.05.2006

Beitragvon ZaunköniG » 26.10.2006, 11:42

Hallo Max, hallo Lisa,

Ich hatte weder eine Dorfvernissage, noch ein Kiezatellier im Kopf, sondern ein Kleinstädtisches Milieu, da ich selbst in einem solchen lebe, aber das ist wohl überall gleich. Eine Kunstausstellung zieht halt nicht nur Kunstkenner und -Liebhaber an, sondern ist, wenn der Künstler einigermaßen bekannt ist, oder der Veranstaltungsort etabliert, immer auch ein gesellschaftliches Ereignis. "St. Paul" habe ich auch nur gewählt, weil es ein recht häufiger Kirchenname ist. Ich schrieb das Gedicht nicht zu einem konkreten Anlaß.

Das "I" in Kirchen, wie in Pläsierchen, wird regional wohl verschieden lang ausgesprochen, aber grundsätzlich hast du recht, der Reim ist nicht ganz rein. Ich denke aber, je weiter die Reime auseinanderliegen, desto weniger stören solche Unsauberkeiten.

Von dir würde ich gerne lernen!

Das ehrt mich natürlich; wie konkret ist denn dein Wunsch, Lisa?

LG: ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 28.10.2006, 18:58

Hallo Zaunkönig!

Seit Tagen schleiche ich nun um den Text herum und habe versucht ihn zu vergessen, aber es gelingt mir einfach nicht. denn 1. besudelt er dich als Künstler und 2. besudelst du Religion und Kunst.

Das fängt schon in der ersten Strophe an: Da erwähnst du den heiligen Paul im Zusammenhang mit Geschmier und niederen Absichten von Künstlern, die doch eigentlich deine Kollegen sein sollten.
Weißt du eigentlich, wer der heilige Paul ist, was aus und mit ihm geschaffen wurde? Wer hat eigentlich den Pfarrer oder Pastor bestochen? Vermutlich niemand, und dein vermeintliches Ereignis entspringt nur deiner schäbigen Phantasie, die jetzt zu Tage tritt. Das hätte ich bei DIR nicht erwartet.
Hinter dem Bloßstellen von Moral versuchst du dich mit 'Ironie' zu rechtfertigen. In ein Kirchengebäude willst du dich damit verflüchtigen, auf andere zeigen, was deiner eigenen Schmutzigkeit entspringt, die ganz deutlich zeigt, daß es dir nur um Sex und Geld geht.

So sieht das also aus mit dir, und der Versuch deine Motivationen mit ehrwürdigen Formen zu tarnen, helfen da nichts, wie Lisa ja sehr dezent anmerkte.
Überall dringt diese Entwürdigungen der Frauen ein, auch hier in Herzliya wurde neulich im Kunstmuseum eine nackte Frau öffentlich dargestellt. Empörung machte sich bei den rechten Menschen breit. Früher war da noch Achtung vor den Frauen, zum Beispiel bei der heiligen Maria, der Mutter von Jesus. Aber das wirst du wohl nicht kennen.
Diese Mißachtung wahrer Werte erfasste beinahe auch noch Leonie. Da kannst du sehen, was du anrichtest.

Max fängt das nun auch noch an schön zu finden.

Also, noch ist nichts zu spät. Du hast dich in einer Weise bloßgestellt, die mir den Atem raubte. Kehre um!

Moshe

Max

Beitragvon Max » 28.10.2006, 19:26

Lieber Moshe,

da Du Dich hier anscheinend der Schönschrift befleissigst (Lila-blau! - Wow - wau) und da Du Dich auch noch als Heiligenverfechter outest, kann ich mir nur denken, dass Dich da der Schalk reitet und das ganze nicht ernst gemeint ist? ;-) Oder? Ansonsten würde mich eine Diktion wie "besudeln" auch arg wundern ...

Liebe Grüße auch an den heiligen Paul
Max (auch beinahe heilig)

Max

Beitragvon Max » 28.10.2006, 19:29

PS: Lieber Zaunkönig mit Dorfvernissage mag ich auch Kleinstadtvernissage gemeint haben, das Dorf, das mir vor Augen schwebte, hat doch 80.000 Einwohner ...

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 28.10.2006, 20:27

Max,
du zeigst nun auch wie weit wir schon sind. Die Bewahrung der eigentliche Werte wird als Unehrenhaft und als das Werk eines Schalks bezeichnet.
Das haben wir vom Wirken eines 'Zaunkönigs' und deren Konsorten, daß so ein einfacher Mensch wie du, auch noch das Heilige in Frage stellt, indem er versucht sich auf diese Stufe zu heben.

Wo soll denn das enden?

Franz Werfel hatte in seinem Roman Der Stern der Ungeborenen auch schon diese katastrophale Entwicklung aufgezeigt.

moshe. b
wie besorgt

Deine Wirrniss zeigt sich auch darin, daß du eine Stadt mit 80000 Einwohnern als Dorf bezeichnest.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 79 Gäste