im toten Hafen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Eliane

Beitragvon Eliane » 07.10.2006, 06:36

1. Version

im toten Hafen

die Ladung ist gelöscht
die hungrigen Ratten
haben
das Weite gesucht

kein Auftrag lockt
den Kapitän,
den blinden Passagier
auf eigenem Schiff

mit drehendem Kompass
und dem geknickten Mast
als einzigen
Richtungsweiser



letzte Version


im toten Hafen

die Ladung ist gelöscht
die Ratten haben
das Weite gesucht

kein Auftrag lockt
den Kapitän,
den blinden Passagier
auf eigenem Schiff

mit geknicktem Mast
und dem
blockierten Kompass
als einzigem
Richtungsweiser


© Eliane

bitte um Nachsicht ob der vielen Veränderungen, hier lief einiges schief.... :pfeifen:,

hoffe ihr habt nicht allzuviele mails deshalb bekommen :neutral:
Zuletzt geändert von Eliane am 31.10.2006, 08:02, insgesamt 9-mal geändert.

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 18.10.2006, 14:29

hallo eliane,

ich versteh nicht inwiefern der mast richtungsweiser ist, wozu der kompass -im hafen- dienen sollte, und warum der mast -im hafen- geknickt ist.

normalerweise brechen masten ja auf see, in diesem fall hätten es schiff/ kapitän noch in den hafen geschafft, die ladung kam an und konnte gelöscht werden - soweit also positive bilder.

und dann? - keine neuen aufträge, ok - warum nicht mast und kompass erneuern ... das eigentliche erschließt sich nicht in diesen bildern.

liebe grüße, aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Eliane

Beitragvon Eliane » 18.10.2006, 18:20

Einverstanden, Lisa !

Wollte dir doch auch noch was zum Basteln übriglassen ;-)

Dann lassen wir das Schiff samt Kapitän mal so im Hafen stehen...

Lieben Dank!

Eliane

Eliane

Beitragvon Eliane » 18.10.2006, 18:27

uppss....

nun sah ich erst arams Einwände!

Lieber Aram,

Du denkst einfach zu gradlinig und nüchtern.

DIESES Schiff hat es in den toten Hafen getrieben, warum und wie auch immer bleibt sein Geheimnis *s.

Tja, und ob Kompass und Mast erneuert werden, das liegt am Kapitän und seiner Energie, die er dazu aufwenden will oder kann.

Weitere Erklärungen möchte ich dazu nicht abgeben.

liebe Grüße,
Eliane

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 19.10.2006, 01:49

Lieber Aram,
Du denkst einfach zu gradlinig und nüchtern.


liebe eliane - wie soll ich denn deiner meinung nach denken - wellenförmig und berauscht? .-)

ich denke doch nur deshalb so geradlinig, weil du das mit den verwendeten bildern 'provozierst' - der text den ich am abend schrieb (einige fragen zu w.s besagtem ende) hat z.b. keine durchgängige bildebene und auch in den einzelbildern brüche - in so einem fall ist klar, das ist gewollt - aber hier bemühst du erst eine einheitliche bildebene und brichst sie dann in sich - das verstehe ich nicht - kannst du es mir erklären?

DIESES Schiff hat es in den toten Hafen getrieben,


vielleicht ist dann 'hafen' nicht so treffend als bild für das, was du sagen willst - "in einen hafen getrieben werden" gibt's ja normalerweise nicht, das ist so außergewöhnlich, dass es schon wieder ein eigenes thema wäre...

was spricht dagegen, nautische bilder so zu benutzen, dass sie auch auf bildebene stimmig sind - ehrlich gesagt erkenne ich keinen grund dafür, sie so zu verfremden -

bei diesem text entstünde für mich das bild eines kapitäns, der mit seinem schiff mastbruch erleidet und ohne kompassnavigation in einem 'toten hafen' landet - wo noch die ladung aus dem leicht havarierten schiff gelöscht wird - und dann nie mehr wegkommt. (=durchgängige bildebene)

diese metaphern berühren mich, ich finde sie aussagestark - doch nun weiß ich nicht - lese ich sie so unpassend aus deiner sicht? läuft eine solche bildebene deinen absichten mit diesem text zuwider? wenn nicht, warum stützt du sie nicht, sondern konterkarierst sie - ich wusste schon bei anderen deiner texte nicht, ob du gründe für den bruch der bilder hast, oder ob du einfach "schlampig" umsetzt - das empfinde ich als leser als unbefriedigend.

ich hoffe du nimmst meine offenen worte nicht übel.
vielleicht hast du deine gründe für einen hermetischen text auf gleichzeitig einheitlich konzipierter und dekonstruierter bildebene, die will ich dir natürlich nicht nehmen oder absprechen. ich kann es mir halt kaum vorstellen, komme als leser abhanden, bevor ich mich darauf einlasse.

liebe grüße,
aram

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 19.10.2006, 20:59

Lieber Aram!

Es ist eine Sache sich nicht einlassen zu können, eine andere sich hinter Fremdworten zu verschanzen, und eine dritte von Schlampigkeit zu reden.

Du magst deine Probleme mit diesem Text haben, ggf.auch mit dir hier, aber diesen Umgang mit einem Text finde ich nicht sachgerecht und im Ausdruck sehr unangemessen.

Diese sogenannte Gradlinigkeit wird dir erneut zum Stolperstein über deinen Horizont zu gehen, den du doch eigentlich überschreiten willst. Ich vermisse hier deine Öffnung und sehe nur Verhärtung mit ungelengen Begriffen.

Aus deinen Worten spricht für mich Unverständnis, wo ich mir Verständnis erhofft hatte.

Brüche in Bildebenen sind ein gängiges Mittel zu Vermitteln zwischen scheinbaren Trennungen. Warum das nicht in einem Hafen passieren sollte, wie hier beschrieben, bleibt mir unklar, es sei denn der Leser hat eine Problem mit der Thematik als solches.

Mit liebem Gruß

Moshe

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 23.10.2006, 11:18

Hallo,

:pfeifen: ....ich bins nochmal :-)

also ich möchte noch was zu arams Fragezeichen sagen:
ich versteh nicht inwiefern der mast richtungsweiser ist
= er ist es, weil er samt Segel mithilfe des Windes die Fahrt möglich macht und je nach Windrichtung die Richtung bestimmt wird.....das "getrieben werden also". Allerdings finde ich, dass du Recht hast, dass es bei genauerem Hinsehen etwas unsauber ist...
, wozu der kompass -im hafen- dienen sollte
eben genau wie der Mast Zu nichts, das ist ja gerade das Dilemma...der Kapitätn hätte gerne einen Auftrag um in See zu stechen, Kompass liegt bereit, aber es ist nichts da...

Vielleicht kann man es mit Segel umgehen?

, und warum der mast -im hafen- geknickt ist.
ja, ich denke, deine Einwände hierzu sind berechtigt...ich glaube, da ist ein Bildfehler aufgrund einer doppelten Assoziation passiert: zum einen der unnütze Mast, zum anderen "geknickt sein", das hat sich dann zu einem Bild gewoben, das nicht ganz auserzählt ist, find ich auch und mir ist das gar nicht aufgefallen!

im toten Hafen

die Ladung ist gelöscht
die Ratten haben
das Weite gesucht

kein Auftrag lockt
den Kapitän,
den blinden Passagier
auf eigenem Schiff

mit mattem Segel
und Kompass
mit drehender Nadel
als einzige
Richtungsweiser



Wäre das vielleicht eine Idee? Ich möchte mich nicht zuviel einmischen, aber da ich schon mal dran war --- kenne ich ja den Kontext. Eliane, wenns genug ist, sag einfach Bescheid :-)

Liebe Grüße,
Lisa

PS: Ich habe das "haben" jetzt noch hochgezogen in die Zeile drüber da die neue dritte Strophe jetzt eh den Vierzeiler der Strophen bricht (ich finde sowas ja gut!) und daher das haben da so allein shcon etwas einsam wirkte....
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Eliane

Beitragvon Eliane » 23.10.2006, 13:00

liebe Lisa,

ich mag dein :pfeifen:, .... :smile:

"der geknickte Mast" sollte eigentlich den "geknickten Menschen" symbolisieren, den "hängenden Kopf", der ebenso wie die Kompassnadel keine Richtung anpeilen kann, allenfalls abwärts...

im "toten Hafen" lockt zwar kein Auftrag, aber wenn Mast und Nadel intakt wären, so könnte der Kapitän einen anderen Hafen ansteuern. Er hat also gleich das dreifache Dilemma.

Dass das Bild nicht durchgängig logisch ist will mir also einfach nicht einleuchten.

Aber wenn es dir und aram doch so erscheint, dann möchte ich mal folgende Frage aufwerfen:

Was wäre nun, wenn auf einem Bild, nur als Beispiel, ein Schiff in die Wolken gemalt worden wäre? Also alle naturwissenschaftliche Gegebenheiten außer Acht gelassen wurden. Würdet ihr dem Bild von vornherein Ernsthaftigkeit oder Qualität absprechen oder würdet ihr eure Fantasie benutzen, um den Sinn zu erfassen?

Die von dir, Lisa, vorgeschlagene Änderung

"mit mattem Segel"

trifft einfach nicht genau das, was ich ausdrücken wollte, obwohl es sich gut liest!

Ich habe nun eher ein Problem mit der Redundanz "mit" , die mir erst später auffiel.

Das Versetzen von "haben" ist ok. Ganz am Anfang stand ja auch noch ein zweites Wort in dieser Zeile.

Ich diskutiere das Thema gerne aus und vielleicht finde(n) ich (wir) noch eine andere Formulierung, so dass einmal "mit" entfällt.

mit lieben Grüßen
Eliane

Cara

Beitragvon Cara » 23.10.2006, 13:42

Hallo Eliane,

wenn Du das redundante "mit" vermeiden willst,
und wenn die gegen Ende
des Gedichtes etwas gehäuft auftretenden Adjektive Dich nicht stören,
wie wäre es mit:

-vagem
-unleserlichem
-stagniertem, stehengebliebenem
-verstummtem
-ausgedientem
-blockiertem

Kompass. Ich lehnte mich an Deine Thematik , die hinter dem Gedicht liegt, an, nämlich Deine Schreibblockade.


Also in der letzten Strophe würde es dann heißen:

mit geknicktem Mast
und verstummtem Kompass
als einzige
Richtungsweiser

LG
Cara

Eliane

Beitragvon Eliane » 23.10.2006, 14:51

Liebe Cara,

das sind prima Ideen!

Wenn du schon die "Schreibblockade", als Deutungsmöglichkeit (es gäbe ja mehrere) aufgegriffen hast, dann würde mir passend dazu

der blockierte Kompass

gefallen.

Damit käme ich " von der Nadel weg" :razz:

Danke!

lG, Eliane

Cara

Beitragvon Cara » 23.10.2006, 16:16

Hi Eliane,

"Damit käme ich " von der Nadel weg""

WOW, wenn ich das bewerkstelligt haben sollte, dann wäre das für mich ein außergewöhnlicher beruflicher Erfolg, wenn auch 20 Jahre zu spät, *s*.

Scherz beiseite,
schön, wenn ich dir mit dem "blockieren" geholfen haben sollte.

LG
Cara

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 30.10.2006, 16:01

lieber moshe,

deine meinung in ehren (den kommentar, in den du sie verpackst, finde ich unangemessen), mich interessiert hier die meinung der autorin, meine fragen an sie sind suchende fragen.


liebe lisa!
Lisa hat geschrieben:
ich versteh nicht inwiefern der mast richtungsweiser ist
= er ist es, weil er samt Segel mithilfe des Windes die Fahrt möglich macht und je nach Windrichtung die Richtung bestimmt wird.....das "getrieben werden also"

hm - segelst du? .-) ein schiffsmast "steht" in der regel, weist nach oben und unten - in diese richtungen versucht man sich üblicherweise nicht zu bewegen ,-) wenn er dann 'geknickt' ist, zeigt er vielleicht in eine mögliche fahrtrichtung, aber wie kann er sie weisen? der kurs wird großteils nicht von der windrichtung bestimmt, sonst könnte man ja nur vor dem wind =in windrichtung fahren...
:117:
...ich glaube, da ist ein Bildfehler aufgrund einer doppelten Assoziation passiert (...) das hat sich dann zu einem Bild gewoben, das nicht ganz auserzählt ist,

ja, darauf bezogen sich meine fragen (..auf die ich zunächst die antwort erhielt, ich 'solle nicht so denken', was mich zugegebenermaßen ein wenig unwirsch stimmte .-)


liebe eliane,

vorab: auf textebene geht es bei unserer ganzen 'diskussion' nur um einen buchstaben:

"einzige" oder "einzigem" - entsprechend meiner frage, ob die bezeichnung eines 'geknickten' mastes als 'richtungsweiser' im kontext der übrigen bildsprache stimmig lesbar ist.

(für mich ist das bild des geknickten mastes schon für sich sprechend.)

Eliane hat geschrieben:Was wäre nun, wenn auf einem Bild, nur als Beispiel, ein Schiff in die Wolken gemalt worden wäre? Also alle naturwissenschaftliche Gegebenheiten außer Acht gelassen wurden. Würdet ihr dem Bild von vornherein Ernsthaftigkeit oder Qualität absprechen oder würdet ihr eure Fantasie benutzen, um den Sinn zu erfassen?

dann würde die zuschreibung mast=richtungsweiser keinen isolierten bruch darstellen, und ich hätte vielleicht keine probleme damit, mich darauf einzulassen. (vielleicht aber doch, denn solang "schiff" und "mast" einzeln angeführt sind und ungebrochen zusammenstehen, gehen sie auch einen logischen bezug ein - wozu? es könnte ja auch einfach von einem richtungsweisenden schiffsmast in den wolken die rede sein, dann wäre alles klar, keine fragen mehr.)

...bin schon wieder weg - aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in

l. cohen

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 30.10.2006, 22:20

Hallo,
das finde ich sehr bildstark :-)
Habe jetzt nicht alle Kommentare gelesen.
Tot im Titel würde ich weg lassen - ergigbt sich von selbst.
Mir fiele noch eine grundsätzliche Umstellung dazu ein - um einer Pointe willen (bitte nicht böse sein, das gilt generell bei meinen kommentaren: nehmen, was brauchbar, wegwerfen, was unbrauchbar, und vor allem: nicht böse sein, sondern die fremden gedanken - meine - BENUTZEN oder ignorieren, aber nicht übelnehmen)

zurück im hafen

die ratten haben
das weite gesucht

kein auftrag lockt
den kapitän
nun blinder passagier nur
auf seinem eignen schiff

steht mit geknicktem mast
die kompassnadel stockt
im richtungslos:

die ladung ist gelöscht


Viele Grüße
Klara

Eliane

Beitragvon Eliane » 31.10.2006, 08:00

lieber aram,

du hast mich überzeugt...

ich werde den "blockierten Kompass" als einzigen Richtungsweiser nehmen.

Denn wie du schreibst, spricht der "geknickte Mast" schon für sich.

Nun muss ich also doch "dem" dazusetzen...

Hoffe, du bist nicht mehr "unwirsch",

Bist du nun "wirsch" ? :confused:


liebe Klara,

danke für deinen Kommentar und deine "Umstellungsvorschläge".

Kann sie aber nicht übernehmen, weil sie den Sinn des Gedichtes verändern würden bzw. sie sprachlich nicht ganz ausgereift sind. (bitte auch nicht übelnehmen ;-) )

Vielleicht liest du es dir nochmal durch und erkennst es selbst.

liebe Grüße,
Eliane


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Epiklord und 76 Gäste