Am andere Ende des Tones

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 01.11.2006, 18:05

Am
Zuletzt geändert von Niko am 16.11.2007, 05:36, insgesamt 4-mal geändert.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 01.11.2006, 18:36

Lieber NJ,

die Musik als einziges Fluchttor aus der Immanenz. Sehr schön. Hat was von Schopenhauer oder Nietzsche.

Für Dich ungewöhnlich sind die Reime, das regelmäßige Versmaß und die Beachtung der Groß- und Kleinschreibung.

Das "wo's" könntest Du ohne Probleme in ein "wo es" umwandeln. Der Rhythmus bleibt dennoch bestehen.

Grüße

Paul Ost

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 01.11.2006, 19:51

Hallo Niko

Mir ging es beim Lesen wie Paul. Ein sehr schöner Inhalt in klingende Worte verpackt.
Ein einheitliches Versmaß sehe ich allerdings nicht. Da wird gewechselt. Vers zwei und vier kriege ich in kein mir bekanntes Versschema unter. Und der Reim in Strophe drei ist arg unsauber. Aber was soll´s , dieser Text trägt auch so. Das ist Lyrik, die mir gefällt.

Klasse

Jürgen

Niko

Beitragvon Niko » 01.11.2006, 20:11

hallo paul und jürgen!

danke für euer feedback! freut mich natürlich, das es euch gefällt. ein einheitliches versschema ist nicht zu erkennen, jürgen? und wenn ich so schreiben würd:

Am anderen Ende des Tones nimmt dich das Herz bei der Hand
und führt dich mit drängendem Sehnen in ein fremdes, dein eigenes Land.

Es lässt dich dein Wahres erkennen, durchstößt einen ewigen Kreis,
der schützend umgibt deine Mitte und einzig um dies Sehnen weiß.

Am anderen Ende des Tones, wo´s kein Entrinnen mehr gibt,
da stehst du dir selbst gegenüber und flüsterst dir zu: "Ja! Ich bin!"




wobei ich den letzten reim bewusst weggelassen habe. wieso kriegst du kein versschema in vers zwei und vier unter, jürgen? das verstehe ich nicht. wäre dir dankbar für eine nähere erläuterung.

lieben gruß an euch: Niko

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 01.11.2006, 20:34

Gerne Niko

Also ich lese die Zeilen so:

Am anderen Ende des Tones nimmt dich das Herz bei der Hand
x X x x X x x X x x X x X x x X
und führt dich mit drängendem Sehnen in ein fremdes, dein eigenes Land
x X x x X x x X x x x X x x X x x X

Es ginge auch so
und führt dich mit drängendem Sehnen in ein fremdes, dein eigenes Land
x X x x X x x X x x X x x x X x x X

Meist sind die Verse daktylisch, aber es gibt Brüche s. o.

Oder lese ich falsch???

Schönen Abend

Jürgen

Gast

Beitragvon Gast » 01.11.2006, 20:43

Lieber Jürgen,

Da gibt es doch aber das Metrum, in dem nur die betonten Silben gezählt werden (auf Englisch heißt es Sprung Rhythm und wurde von Gerard Manly Hopkins "erfunden"). Und das stimmt ja wieder bei Niko, daher komme ich beim Lesen gut klar. Was meinst du zu dieser Variante?

LG

Bea

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 02.11.2006, 01:00

Hi Bea

Nein, diese Maß kannte ich noch nicht. Erklär es mal genauer.

MfG

Jürgen

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 02.11.2006, 10:33

Hallo,
im zweiten und vierten Vers der ersten Strophe fehltfür mein Gefühl eine rhythmische Silbe:

Am anderen Ende des Tones
nimmt dich das [was?] Herz bei der Hand
und führt dich mit drängendem Sehnen
in ein fremdes, dein eigenes Land. [oder in fremdes, in eigenes Land]
(...)
Am anderen Ende des Tones,
wo ES kein Entrinnen mehr gibt,
da stehst du dir selbst gegenüber
und flüsterst dir zu: "Ja! Ich bin!"

Sonst hab ich nix zu meckern :-)

LG
K

Max

Beitragvon Max » 03.11.2006, 18:50

Lieber Niko,

finde ich ein schönes und zu selten besungenes Thema. Gerade den Titel und damit den Beginn von Strophe 1 und drei mag ich richtig gerne. Diese beiden Strophen gefallen mir auch von den Bildern her gut. Die mittlere Strophe

Es lässt dich dein Wahres erkennen,
durchstößt einen ewigen Kreis,
der schützend umgibt deine Mitte
und einzig um dies Sehnen weiß.


finde ich dagegen schwächer. Sie ist mir zu explizit und hat auch einen Pathos, den ich eigentlich nur noch aus Hessegedichten kenne. Ich denke, Du solltest da die Ebene von Strophe 1 und 3 versuchen zu halten.

Liebe Grüße
max

Gast

Beitragvon Gast » 05.11.2006, 19:05

Gurke hat geschrieben:Hi Bea

Nein, diese Maß kannte ich noch nicht. Erklär es mal genauer.

MfG

Jürgen


http://en.wikipedia.org/wiki/Sprung_Rhythm

Lieber Jürgen, nur auf Englisch ließ sich viel finden, s.o. Aber auf deutsch fand ich folgendes:

Was Hopkins Sprung Rhythm nennt, führt zu Versen von sehr unterschiedlicher Länge, da die Zahl der unbetonten Silben zwischen den Hebungen nicht festgelegt ist. Ein Versfuss kann aus einer einzigen betonten Silbe bestehen, aber es können auch bis vier, und in besonderen Fällen beliebig viele Senkungen zwischen zwei Hebungen auftreten, womit dann, wie in der Musik, eine Beschleunigung des Tempos verbunden ist. Dazu kommt, dass das Versende oft nur durch den Reim markiert ist und mitten in einen Versfuss fallen kann. In vielen Fällen ist eher die Strophe als der Vers die Einheit, die gewahrt wird. Aus all dem ergibt sich nicht nur eine Vielfalt von Ausdrucksmöglichkeiten, sondern häufig auch eine Schwierigkeit zu verstehen, wie ein Vers rhythmisch gemeint ist. In den Handschriften finden sich oft metrische Vortragszeichen, die allmählich auch in den Ausgaben bis zu einem gewissen Grade wiedergegeben werden. Im Kuckucksgedicht betrifft der einzige derartige Hinweis die Schlusszeile, wo Hopkins in whóle lándscape zwei starke Betonungen aufeinanderprallen lässt. So steht die im Klang in eins zusammenschiessende Landschaft plötzlich schon als ganze da, bevor noch gesagt worden ist, wie diese Ganzheit zustandekommt. Es ist, als versuchten die hastig eilenden Päonen der zweiten Vershälfte vergeblich, das im Augenblick der harten Fügung zum Stehen gebrachte Ganze einzuholen.

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 06.11.2006, 07:11

Danke ,Beatrix, für die Infos.

Und wieder was gelernt. Ich habe noch so meine Probleme mir dieses Metrum praktisch vorzustellen, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Hierzulande scheint Sprung Rythm relativ unbekannt zu sein. Daher wohl auch die wenigen Infos in deutscher Sprache.

Bis demnächst

Jürgen


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