so ist ES

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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noel
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Beitragvon noel » 25.11.2006, 23:29

wenn ich spreche soll mein mund farbe formen
dass gebettet in safran
ein schweben über larven der hinfälligkeit
dass nur staub den tanz deines lichtes
zu umweben vermag
wenn ich spreche soll mein mund all
-ES erahnen
was wahr
_haft nichts ist & doch alles vermöglicht
denn dein ist das bild & das gefühl & die verbindlichkeit
ins gestern
so ist ES



II version


wenn ich spreche soll mein mund farbe formen
auf dass gebettet in safran
ein schweben über larven der hinfälligkeit
auf dass nur staub den tanz deines lichtes
zu umweben vermag
wenn ich spreche soll mein mund all
-ES erahnen
was wahr
_haft nichts ist & doch alles vermöglicht
denn dein ist das bild & das gefühl & die verbindlichkeit
ins gestern
so ist ES
Zuletzt geändert von noel am 26.11.2006, 15:54, insgesamt 1-mal geändert.
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Peter

Beitragvon Peter » 26.11.2006, 19:43

Hallo noel, ich nochmal.

Würdest du eigentlich zustimmen, dass die Atmosphäre (im (erstenTeil)) deines Gedichtes umsummt, versummt ist von Bienen? Passt nicht auch Im Mund Farbe formen dazu? Und das gelbe Safran? Und die Larven?

Zweites denke ich: Hier wird etwas geschützt, ungreifbar gemacht, und aufgehoben zu einem Schweben. Existentiell betrachtet wird es/ etwas auf eine Weise transzendiert. Es schwebt, und schwebt in einem seltsamen Kosmos, oder nach meinem Begreifen in/ auf einem (heiligen) außerirdischen (transzendentalen) Planeten.

Ein Anklang an das Insektoide ist, wie ich glaube, vorhanden.

Anstatt dass ich an Bienen denke, könnte ich mir auch eine Gottesanbeterin vorstellen, die hier in kaum nachvollziehbarer Weise, aber durchaus in den Gesetzen des fremden Raums, oder vielleicht tatsächlich als ein Eindringling, das Heilige schafft - eindringt in den Bienenstock und den Wintervorrat aus Waben, Honig, und das zu rettende Etwas, ganz ungestört durch die Angriffe der Bienen, verwandelt ihrem Gebet nach.

Denkbar? Oder viel mehr: deinem Gedicht nahe?

Andrerseits aber fällt mir auf, wie mir schon manchmal auffiel an deinen Gedichten: die Aussage verführt (oft) dazu, sich das Fremdeste zu denken. Deine Gedichte sind wie Blitzlichter, und es erscheint ein fremder Raum; man ist von vielem geblendet, auch von den Vorgängen des Raums, weil sie so absurd erscheinen - aber senkt sich dieses Licht, stellt man allmählich fest, dass die Aussage, oder der Einblick in seinem letzten Sinn natürlich ist - und wir sind das Fremde. Und die Gedichte sind zuhaus. Und also lernt man an ihnen, ganz ungefähr, so weit man dies vermag, das Zuhaus.

Vielleicht irgendwann nach all meinen Insektengedanken werde ich ganz einfach denken: Dieses Gedicht ist ein Gebet. Und es ist wahr.

Liebe Grüße,
Peter

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noel
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Beitragvon noel » 26.11.2006, 19:48

*whow
so einen erGreifenden wortar habe ich noch nienicht erhalten
besonders der teil ohrt mir:


anderereits aber fällt mir auf, wie mir schon manchmal auffiel an deinen Gedichten: die Aussage verführt (oft) dazu, sich das Fremdeste zu denken. Deine Gedichte sind wie Blitzlichter, und es erscheint ein fremder Raum; man ist von vielem geblendet, auch von den Vorgängen des Raums, weil sie so absurd erscheinen - aber senkt sich dieses Licht, stellt man allmählich fest, dass die Aussage, oder der Einblick in seinem letzten Sinn natürlich ist - und wir sind das Fremde
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Peter

Beitragvon Peter » 26.11.2006, 20:07

Das freut mich, noel, dass dir mein Kommentar zusagt. Aber du bist so erstaunt? Über deine Gedichte könnte man noch viel mehr denken. Nur nicht so bescheiden. Ich lausche ja nur, und was ich erahne, ist ja in deinen Gedichten selbst. Dort sind die Gedanken, über die man staunen muss!

Niko

Beitragvon Niko » 26.11.2006, 22:37

für mich ist es eine resignierende bilanz. eine kapitulation. der gebetsschluss stellt sich mir als eine bittere einsicht dar. schlüsselstelle ist mir dies:

all
-ES erahnen
was wahr
_haft nichts ist & doch alles vermöglicht


die verbindenden striche an den zeilen anfängen mögen evtl. hilfreich sein. ich halte sie dennoch nicht für nötig. das zeilenübergreifende wird der leser auch ohne dies erkennen.

für mich noel, in meiner lesart, eines der stärksten gedichte, die ich von dir kenne.

lieben gruß: Niko


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