Von Raben und Katzen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Elli

Beitragvon Elli » 16.03.2006, 22:20

Von Raben und Katzen

Ein Rabe sitzt neben der Straße im Regen.
Er will sich vor Traurigkeit gar nicht bewegen,
Starrt nur auf Asphalt.
Die Katze ist kalt
und - flach wie sie ist - auch nicht mehr am Leben.

Ein weiterer Rabe gesellt sich danieder:
"Ja, Blaufeder, sag, ich erkenn' dich nicht wieder!
Was hast du denn nur?
Blickst hier auf die Spur
zum Katzenvieh, das mir doch ziemlich zuwider."

"Ach, Weißfeder, weißt du, sie ist so gelaufen.
So schnell wie sie konnte, ich hörte sie schnaufen.
Das Auto kam schnell
und rammte ihr Fell.
Schau, jetzt liegt da bloß noch ein blutiger Haufen."

"Was klagst du, mein Lieber? Ich fühl' mich verpflichtet
zu sagen, der Mensch hat sie für uns gerichtet.
Ich sag' es mit Mut,
die Strafe war gut.
Auf Freundschaft mit Katzen hab' ich stets verzichtet."

"Ich zweifle, daß dies hier mit Absicht geschehen,
bestimmt war es nichts als ein grobes Versehen.
Der Mensch liebt die Katz'
fast wie einen Schatz.
Darum kann ich dies nicht als Strafe ansehen."

"Sie schlug in die Küken der Nachbarn die Wunden.
Ich hab' mit den Amseln viel Mitleid empfunden.
Ich sah es vor Ort:
Es war kalter Mord!
Zum Glück hat der Mensch die Gesetze erfunden."

"Das Katzenverhalten war sehr miserabel.
Nur was braucht's den Menschen? Du hast einen Schnabel!
Wärst hin zu dem Dieb!
Ein kräftiger Hieb!
Das Vieh wär' gefloh'n und dein Ruhm respektabel."

"Was geht mich das an? Ja, ich möchte betonen,
dort Hilfe zu leisten tat sich nicht mehr lohnen.
Die Katze war schlecht.
Der Mensch ist gerecht,
erteilte dem Miststück die rechten Lektionen."

"Lektionen? Was hat sie gelernt, möcht' ich wissen.
Sie ist mittendrin aus dem Leben gerissen.
Kein Nest raubt sie mehr,
doch denke ich sehr:
Die Amselfamilie hast du im Gewissen!"

"Ach, Blaufeder, wirklich, ich muß dir mal sagen:
Du nervst mich mit deinen so dämlichen Fragen!
Da pfeif' ich jetzt drauf!"
Er fliegt wütend auf
und klatscht an den Kühler vom fahrenden Wagen.





So, bin mal gespannt :???:
Viele Grüße,
Elli
Zuletzt geändert von Elli am 17.03.2006, 00:13, insgesamt 1-mal geändert.

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 16.03.2006, 22:29

:totlach

Ich kann jetzt beim besten Willen keine Textkritik üben...

:totlach


Das ist spritzig geschrieben und sehr lebendig.

Vorerst lachender Gruß
Frank

cyberpoet

Beitragvon cyberpoet » 16.03.2006, 22:57

hallo elli!

wunderbare geschichte und gute ausführung. kleiner hinweis: bei der ersten strophe scheint ein schreibfehler zu sein; sollte es nicht heißen: zuwider statt zuwieder?

und bei der vorletzten strophe habe ich den eindruck, dass es eher heißt:

die amselfamilie hast du a m gewissen
statt im gewissen.

allerdings könnte es sich da auch um unterschiedlichen sprachgebrauch zwischen österreich und deutschland handeln
lg aus wien

cyberpoet

Herby

Beitragvon Herby » 16.03.2006, 23:02

Hi Elli,

... gerne und schmunzelnd gelesen. Besonders der Schluss ist gelungen! O:)

Drei kleine Anmerkungen:

1. "zu sagen, der Mensch hat sie für uns gerichtet."
Hier fällst du aus dem Rhythmus. Wäre

"zu sagen, für uns hat der Mensch sie gerichtet"

eine Alternative?

2. "Auf Freundschaft mit Katzen habe ich stets verzichtet"

Hier würde der Rhythmus wieder stimmen, wenn du "hab" statt "habe" schriebest.

3. "Lektionen? Was hat sie gelernt, möcht' ist wissen."

Ändere "ist" ab in "ich", dann passt's!


Sehr gerne und mit Freude gelesen! :smile:

LG Herby

Elli

Beitragvon Elli » 17.03.2006, 00:12

An cyberpoet und Herby,

vielen Dank §blumen§ für die Kommentare

"zuwieder", "habe" und das "ist" sind schlichtweg Abtippfehler (das kommt davon, wenn man 10 Finger zum Schreiben nimmt und dann nicht nachguckt, wenn man ein 3-Buchstaben-Wort mit i am Anfang geschrieben hat...) :schaem:

Das mit dem "im Gewissen" hatte ich so stehen. Eigentlich müßte es ja heißen "auf dem Gewissen", aber dann passt ja das Versmaß nicht. Nach viel Gegrübel habe ich mich dann auf "im Gewissen" mit mir geeinigt. Aber ich werde mit "am Gewissen" nochmal in Klausur gehen.

Herby:
"zu sagen, für uns hat der Mensch sie gerichtet"
ist wirklich eine gute Alternative, vielen Dank !

Viele Grüße,
Elli

Maija

Beitragvon Maija » 17.03.2006, 08:43

Hallo Elli,

Sicherlich hast du dir sehr viel Mühe gegeben, aber das Gedicht gefällt mir nicht richtig. Die Idee finde ich prima und auch die Form gefällt mir gut. Der Inhalt zeigt viel Kraft, aber am Gesamtbild würde ich noch arbeiten. Es holpert oft und der Klang könnte noch harmonischer werden.
Vielleicht überträgst du das Gedicht in die Textwerkstatt und wir basteln gemeinsam herum. ;-)

Gruß Maija

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.03.2006, 11:10

Den Vorschlag von Maija find ich ausgezeichnet..mir ging es genauso, es holpert noch ein wenig. Wenn wir das "wegkriegen" ist es rundherum rund und eine nette Idee :grin:

Uwe Beuer

Beitragvon Uwe Beuer » 17.03.2006, 12:21

Hallo Elli!
Auf alle Fälle hast du auch Sinn fürs Ausführliche
und Erzähl-Geduld! Mir gefällt dein Gedicht sehr
gut. Klar, dran feilen kann man noch - aber man
merkt, dass es dir Spaß macht, und dann springt
auch was über, dass es dem Leser genauso geht.
Gelungen findet's:
Uwe

Elli

Beitragvon Elli » 19.03.2006, 10:40

Hallo Maija und Lisa,

der Vorschlag ist nett gemeint, aber ich möchte es eigentlich nicht anderen überlassen, das Gedicht zu vollenden. Für mich sind Gedichte etwas sehr persönliches - auch wenn es sich um eine Fabel handelt. Und ich habe ja geschrieben, daß es noch ofenwarm ist. Für mich muß ein Gedicht eigentlich ein paar Monate liegen, bis es fertig ist. Vielleicht auch wie ein Käse, der reifen muß (oder wie ein Wein, der mit den Jahren besser wird). Kritiken und Änderungsvorschläge nehme ich gerne entgegen und denke darüber nach. Verbessern möchte ich es aber selbst.
Ich gebe Euch recht, daß das Gedicht noch nicht rund ist. Ich hatte mir schon überlegt, ob es zu lang ist, nur finde ich keine Stelle, an der ich kürzen kann. Auch bin ich mir nicht sicher, ob das Wechselgespräch der beiden Raben nicht langweilt oder der Leser den Überblick verliert, wer jetzt gerade redet. Einige Zeilen holpern noch, z.Bsp. die mit dem "im Gewissen", was ja sprachgebräuchlich nicht ganz richtig ist.
So, jetzt habe ich aber mal wieder lange, lange geschrieben... Noch eins: Für mich haben meine Geschichten und Gedichte den Stellenwert eines Gemäldes (denn malen tu ich auch manchmal). Und mir wäre die Idee fremd, wenn ich jemanden anderen in meinen Bildern herummalen lassen würde. - Also nix für ungut :smile:



Hallo Uwe,

auch Dir ein Dank für Deine Kritik :grin:




Viele Grüße,
Elli

Gast

Beitragvon Gast » 20.03.2006, 10:40

ein wenig verwunder t :???: las ich die letzten Zeilen...
Dein Gedicht kann doch nur gewinnen, wenn andere etwas dazu sagen, ob due die Änderungen adaptierst ist doch zweitranging, besteht keine Verpflichtung dies zu tun ;-)
Eigentlich bin ich es müde, zu erklären, dass Kritik Wertschätzung eines Textbeitrags ist, die Kritiker haben sich mit dem Text befasst.
Zu Änderungsvorschlägen und den Hinweisen auf Schwachstellten zu sagen,: Interessiert mich nur am Rande, nett das ihr geschrieben, habt, aber ich koche mein eigenen Süppchen...
ist fehl am Platz.
Na ich versuche es mal sachlich zu formulieren: Jeder, der hier schreibt, ist sicher einer jener Autoren, die von konstruktiver Kritik profiteren können.
Zumindest können die Kritiker doch erwarten, dass man sich ihren Einwänden beschäftigt.
Das hätten sie allemal verdient.

Es wäre schön, wenn du darüber ein mal nachdenken würdest.

Gerdankengrüße

Gast

Beitragvon Gast » 20.03.2006, 10:44

ich habe ein ganz anders Problem mit diesem Gedicht...
Ich versteh den Ton nicht.
Ist dieseer ironisch/sarkastisch gemeint?
Mir ist die Sprache, vielleicht des Reims wegen zu salopp.
Die Idee der Fabel ist hervorragend und verdient einen ernsthafteren oder beissenderen Ton, die Alltagssprache, z. b. vor den Kühler klatschen finde ich nicht gut.
Der Inhalt hat mehr Qualität, als die Sprache, da solltest du noch mal rangehen.

Liebe Grüße
Gerda

Elli

Beitragvon Elli » 21.03.2006, 14:27

Hallo Gerda,

vielen Dank, daß du dir die Mühe gemacht hast, deine Gedanken über das Gedicht darzulegen. Ironisch? Sakastisch? Hm, ich würde glaube ich gerne das Wort "humorvoll" verwenden. So sollte es werden. Meine Absicht war, folgendes beim Leser zu bewirken: Beim Lesen erst wundern (wohin führt das Ganze?), am Schluß einmal laut lachen und nach dem Gedicht auch mal nachdenken, welche Meinungen Blau- und Weißfeder vertreten und welche Probleme aus der realen Welt mich zu diesem Gedicht veranlaßt haben. Dazu ist eine Fabel ja da.

Die Sprache ist salopp, stimmt. Kommt daher, daß es zuerst mal eine echte Fabel war, die ich vor Jahren geschrieben habe und jetzt einfach mal in Gedichtform gesetzt habe. Die Sprache ist wenig lyrisch. Da muß ich wohl wirklich nochmal ran. Das "klatscht" hatte ich versuchsweise stehen lassen, weil das Wort so ziemlich genau das Geräusch wiedergibt, was entsteht, wenn so ein Vogel überfahren wird (oh, wie makaber sich das hier liest...).

So wie Du mich in deinem ersten Posting beschreibst, kann ich das aber nicht stehen lassen: Ich gehe sehrwohl sorgfältig mit Kritik um und denke darüber nach. Ich wische das nicht einfach vom Tisch und interessiere mich nicht dafür. Schließlich will ich besser werden, das hatte ich ja schon einmal erwähnt. Aber ich verstehe nicht, warum ich dazu andere Autoren in meinem Text herumschreiben lassen soll. Sorry. In der Autorengruppe, in der ich im realen Leben bin, käme nie jemand auf die Idee zu sagen: So jetzt nehmen wir mal Ellis Gedicht und verbessern es so, bis es rund ist. Oder noch besser: Gib es mir mal mit nach Hause, ich mach das mal eben für dich. Würde keiner machen, fände ich auch nicht gut.
Ich finde es auch nicht gut, daß du mich so angreifst und mir unterstellst, ich würde mich nicht mit Kritik beschäftigen. Meiner Meinung sind das zwei Paar Stiefel, ob ich Kritiken bekomme oder ob jemand in meinem Text herumschreibt. Wenn jemand in meinem Text herumschreibt - oder vielleicht noch das ganze Team - dann ist der Text hinterher bestimmt besser, keine Frage. Aber ob ich hinterher besser bin, sei noch dahingestellt. Und mein eigener Text ist es dann auch nicht mehr.
Ich hoffe, ich habe jetzt in deinen Augen mal darüber nachgedacht. Und ich bitte dich, es ebenso zu tun ;-)

Viele Grüße,
Elli

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Beitragvon Lisa » 21.03.2006, 14:44

Liebe Elli und Gerda,
ich glaube, ihr denkt beide zu sehr im Extrem. Die Textwerkstatt ist für Texte mit Entfwurfscharakter gedacht bzw. für Texte, die der Autor selbst als noch nicht für abgeschlossen hält. Daher geht dort die Auseinandersetzung tiefer, es geht um grundsätzlicheres als um ein vielleicht seltsam gesetztes Adjektiv.

Die anderen schreiben also nicht in deinem Text herum, sie machen nur Vorschläge. Dein text wird doch nicht zur Allgemeinbearbeitung frei gegeben :grin:

Andererseits kann ich verstehen, wenn Elli zunächst die Kritik hier nutzen möchte, wenn sie das Gefühl hat, die Textwerkstatt geht zu sehr an die Substanz. Dafür haben wir ja die unterschiedlichen Kategorien.

Warum ich Maijas Vorschlag gut fand, war nur wegen des Holperns des Metrums. Vielleicht kehren wir einfach zur Textkritik zurück und du, Elli, könntest die Stellen, die in deinen Augen noch zu überarbeiten sind, ja vielleicht noch einmal untersuvchen und eine neue Version hier herein stellen...

Gast

Beitragvon Gast » 21.03.2006, 14:54

Danke Lisa.
Liebe Grüße
Gerda

Liebe Elli,
Dank Lisas Kommentar erübrigt es sich meine Bedenken (Es war kein Angriff) zu erklären.
Lisa hat die wichtigen Punkte dargelegt.

Liebe Grüße
Gerda


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