wo wolken waren...

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 18.12.2006, 21:10

gleise deines gesichts
führen trauer
an den rand
des lachens

einige steine fallen

still lächel ich zurück
und nehme deine hand
des abends

deine wärme ist nicht
allein

letzer wind weht
an unserem haar vorbei

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 28.12.2006, 20:47

Lieber moshe,

der Titel hat mich angelockt, der gefällt mir. Im Vergleich zu "abends" aber, ein Gedicht, das mir in mancher Hinsicht, einen ähnlichen Moment einzufangen versucht wie dieses Gedicht hier, nimmt es mich etwas weniger ein. "Falten" als Gleise zu beschreiben, braucht für mich mehr Bezug als er hier gegeben ist, um lebendig und im Text verwurzelt zu sein. Aber die Schilderungen gehen gleich in die Trauer über (also ein anderes Bild bzw, eine dirkete Aussage) und dann zum Rand des Lachens.

Für mich will die Strophe sagen: Du lachst mich an und in deinem Lachen sehe ich deine Trauer.

Dann fallen (dadurch) Steine (vom Herzen), Lächeln wird erwidert am abend, der hier sicher (auch) im Sinne eines Lebensabends gemeint ist. Der Wind dann finde ich schön gesetzt für das, was spürbar ist von der Welt um einen (auch als gemeinsames).

Letzter

Könnte mir statt vorbei auch vorüber vorstellen.

Insgesamt wirkt der Text etwas zu uneinheitlich, besonders wie gesagt in Bezug auf die Gleise, das Bild scheint mir nicht ausgestaltet. Ansonsten habe ich das aber gern gelesen. Mir gefällt dein derzeitiges Thema.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 29.12.2006, 17:43

Liebe Lisa!

Ich danke dir für deine Betrachtung.
Es ist ein Text, der im Umfeld der Spiegel-Serie entstanden ist und sich mit dem Thema Lebensabend, und besonders in diesem Zusammenhang, mit der Liebe im späten Lebensabschnitt beschäftigt.

Sicher nicht ein gängiges Thema, aber für mich etwas, das ich gern beackert habe, soweit halt möglich, in meinem
Lebensalter.

Einige kleine Korrekturen habe ich vorgenommen, aber glatt kann es letztendlich aufgrund der Situation einfach nicht sein, wenn man achtzig ist und seine liebe Frau da so vor sich hat. Oder?

moshe.c

--------------------------------------------
gleise deines gesichts
führen trauer
an den rand
des lachens

einige steine fallen

in stille lächel ich zurück
und nehme deine hand
des abends

deine wärme ist nicht
allein

letzter wind weht
an unserem haar vorüber

-------------------------------------------------

Benutzeravatar
tulpenrot
Beiträge: 181
Registriert: 30.08.2006
Geschlecht:

Beitragvon tulpenrot » 01.01.2007, 13:10

LIeber moshe,

ich dachte selber auch einmal daran, etwas über Liebe im hohen Alter zu schreiben. Nun hast du etwas eingestellt, das sich mir leicht und gut erschließt. Ihc dachte und erinnere mcih an ein Ehepaar, das ich bis zu ihrem tod vor etwa 2 jahren gut kannte und die in einer so liebevollen Art bis zuletzt einander zugetan waren. Beide sind dann kurz hintereinander auhc gestorben, sie konnten nicht sein ohne den anderen.

In deinen Worten höre ich diese stille, innige Liebe der beiden, die über Jahrzehnte gereift ist und gleichzeitig die Trauer über den "letzten Wind" so feinsinnig geschrieben heraus.

Es gefällt mir..
tulpenrot
"Ach, wissen Sie, in meinem Alter wird man bescheiden - man begnügt sich mit einem guten Anfang und macht dem Ende einen kurzen Prozess." AST

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 01.01.2007, 14:14

Liebe Tulpenrot!

Danke für deine Aufmerksamkeit.
In der letzten Zeit habe ich versucht, aufgrund dessen was ich erfahre, mich des Themas 'Liebe im Alter' zu widmen.
Ehepaare, die sich sehr lieben, sterben oft kurz hintereinander, weil sie ohne den Partner nicht sein wollen.
Darin erkenne ich keine Tragik, sondern die Kraft der Liebe, die über dieses Leben hinausgeht.
Da wir 'Gehen' müssen, entsteht da auch manchmal die Frage: Wer geht zu erst?
Auch habe ich schon erlebt, daß ein Partner nicht mehr wollte, aber der andere die Kraft hatte für beide zum Weiterleben. Und dann ging es noch viele Jahre weiter.

Dir ein gutes Jahr

Moshe

Perry

Beitragvon Perry » 09.01.2007, 15:45

Hallo Moshe,
ein starkes Thema, das gefühlsmäßig gut bei mir ankommt. Bei den Formulierung bleibe ich aber an einigen Stellen hängen.

"einige Steine fallen" ist mir zu abstrakt, um z.B. den körperlichen Verfall auszudrücken, falls du das beabsichtigt hattest.

"still lächel ich zurück / und nehme deine hand / des abends"
außer dass sich Lachen / lächelt wiederholt ist mir die Formulierung etwas zu pathetisch. Warum nicht einfach:
"still nehme ich / deine Abendhand"

Jetzt höre ich aber wieder auf mit dem Rummäkeln, schließlich gefällt mir ja die Gesamtstimmung (lächel).
LG
Manfred


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 20 Gäste