Haiku ?

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Herby

Beitragvon Herby » 09.04.2006, 10:52

Seeufer bei Nacht
Leise wehende Winde
Schilfrohre rauschen

Gast

Beitragvon Gast » 09.04.2006, 11:10

Herby hat geschrieben:Seeufer bei Nacht
Leise wehende Winde
Schilfrohre rauschen


Hallo Herby,
ich würde sagen, ja, mit kl. Einschränkung.

in der ersten Zeile: Ort und Tageszeit klar beschrieben
Zeile 2 Reine Beobachtung, in Ordung, besser wäre allerdings
Leise wehen Winde
noch beser
Der Wind weht leise
(aber frag mich nicht warum, das sage ich rein gefühlsmäßig)
Zeile 3 enthält implizit die Jahreszeit, denn wann gibt es Schilfrohr?
Ist also auch in Ordnung.
Was mir fehlt ist ein kleines Überaschungsmoment.
Das Stimmungsbild ist gelungen.
(Da habe ich beim Haikuschreiben selbst Probleme).

Liebe Sonntagsgrüße Gerda
...und es wird... :smile:

Herby

Beitragvon Herby » 09.04.2006, 11:53

Liebe Gerda,

ich danke dir für dein Lesen und deine Vorschläge! Was den zweiten Vers angeht, so hatte ich mich an die 7 Silben gehalten. Als blutiger Haiku Anfänger gibt mir die 5 - 7 - 5 Regel noch Sicherheit. Bei deinen Vorschlägen sind es nun weniger als 7 Silben ... Ich werde die Winde also erstmal unverändert weiter wehen lassen. ;-)

Was den letzten Vers und das Überraschungsmoment angeht ... wäre da folgendes besser??

Seeufer bei Nacht
Leise wehende Winde
Schrei einer Wildgans

Wünsche dir einen sonnigen Sonntag! :cool:
LG Herby

Gast

Beitragvon Gast » 09.04.2006, 12:13

Hi, wahrscheinlich ja...

Wo ist denn Trixie?
Hiiilfe... ;-)

Das Problem ist eigentlich, dass du dann ein Haiku baust...
wenn es in deiner Vorstellung "echt" existiert... dann kommt es in der Regel authentisch herrüber, ansonsten wirkt es jetzt so konstruiert...
Verstehst du?
Bleib doch beim Schilfohr...
Was gibt es dor für Wasservögel?
Vielleicht lässt du "Schilf weg, dann hast du eine Silbe gespart, außerdem die aus Zeile 2, die du mit meiner Version einsparen kannst...
Du könntest allo etwas mit Rohr und einer Wasservogelart machen, deren Ruf du erkennst.

Du musst dich nicht starr auf die Verteilung 5/7/5 einlassen...

Es muss aus dir fließen...
Ja alles relativ, ich weiß, ich weiß...
Aber vielleicht kriegen wir hier ja bald Unterstürtzung.
Gut Ding will Weile haben.

dir auch meine guten Wünsche.
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 09.04.2006, 18:50

Ja, Gerda, ich verstehe genau, was du meinst, wenn du sagst, ich baue ein Haiku.

Du schreibst:

wenn es in deiner Vorstellung "echt" existiert... dann kommt es in der Regel authentisch herrüber

Die von mir zuerst gepostete Version existierte wirklich in meiner Vorstellung, aber da fehlte dann das Überraschungsmoment. :sad:
Also bis aus mir ein Haiku fließt, wie du es formulierst, wird noch viel Zeit vergehen. Momentan tröpfelt's eher ...

Ich belasse es jetzt erstmal dabei und denke drüber nach, weil ich diese Rubrik hier nicht in eine zweite Textwerkstatt umfunktionieren möchte. Sollten noch Anregungen anderer Teilnehmer kommen, werde ich einen Admin bitten, meinen Text in die Werkstatt zu versetzen.

Jedenfalls herzlichen Dank für deine Anregungen! O:)

LG Herby

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 09.04.2006, 20:00

Hi Herby, ich würde dafür votieren, das Haiku hier zu lassen.

Denn es mag der Überraschungsmoment fehlen, aber es ist (in Verbindung mit Gerdas kleinen Änderungsanregungen) durchaus ein "klassisch zu nennendes" Haiku.

Natürlich ist die zweite Version mit "Schrei der Wildgans" anders. Noch klassicher, könnte man sagen - gleichzeitig aber "gebaut". Doch woher wissen wir, daß es gebaut ist? Dadurch, daß es hier als verbesserte Variante eingestellt wird.

Hättest du die Version einfach als erste gepostet - hätte wohl auch Gerda keinen Anlaß gefunden, die Authentizität zu bezweifeln...

Aber damit haben wir des Pudels Kern quasi dingfest gemacht. Es wäre gelogen, würde ich sagen, niemand darf an einem Haiku feilen (habe auch die Alten getan), aber das beste wäre (im Gegensatz zu vielem in unserer reflektiven Lyrik), es tatsächlich als unmittelbare Erstschrift schon perfekt aufs Papier zu semmeln. Das wäre sozusagen das Ideal.

Und da ist mensch selbst sein eigener Meister - egal wieviele Experten sich sonst noch so zu Wort melden. Kurz gesagt: Es muß von innen kommen, mit einer inneren Gewißheit um die Authentizität, dann ist es das auch.

Nicht umsonst liegen Zen-Buddhismus und diese Form der Dichtung so nah beieinander.

Vielleicht helfen meine Gedanken dazu, nicht zu "kopflastig" an die Sache ranzugehen.

Gruß
Frank

scarlett

Beitragvon scarlett » 09.04.2006, 20:23

... mir gefällt dein Haiku in der ersten Fassung besser.
Die "wehenden Winde" würde ich - so wie auch Gerda schon angeregt hat - anders formulieren- aber ansonsten:
sehr, sehr gerne gelesen!
Weiter so-

Liebe Grüße,

scarlett

Herby

Beitragvon Herby » 09.04.2006, 22:24

@ Frank
Ein sehr herzliches Danke für deine ausführliche und hilfreiche Antwort :!: Ja, es ist tatsächlich so, dass ich, was Haiku angeht, sehr kopflastig bin und mich sehr an Regeln und Forderungen klammere. Es wird für mich spannend sein zu sehen, ob, wann und wie sich das ändert und entwickelt. Ich kam ja überhaupt erst durch den Salon hier auf diese lyrische Form und verfolge die Texte und Kommentare anderer Autoren zu Haiku und Senryu mit großem Interesse! Habe zu beiden etliche Versuche in Arbeit, aber die brauchen noch Zeit!

@ scarlett
Habe mich über deine Antwort und dein Lob sehr gefreut! Danke dafür und fürs Lesen! O:)

Liebe Grüße euch beiden und gute Wünsche in die neue Woche!
Herby

Trixie

Beitragvon Trixie » 10.04.2006, 12:28

Servus Leute!

Ihr habt nach mir gerufen? Na, dann will ich mal trotz Krankheit mich mal wieder einbringen! :mrgreen: . Herby, ich finde die Version eins ist ein wunderschönes Haiku, auch ohne Überraschungsmoment. Wobei- eigentlich entsteht ja ein Überraschungsmoment, denn es strahlt so viel Ruhe aus, dass man total überrascht ist, dass man fast schon erschrickt, wenn man dann plötzlich ein vorbei rasendes Auto hört! So ging es mir zumindest eben gerade ;-)! Und sowieso habe ich mich nie so sehr mit den Überraschungsmomenten aktiv beschäftigt. Das kommt glaube ich ganz automatisch, wenn man eine Beobachtung vornimmt, denn man kann ja nur etwas beobachten (wollen), wenn es einen interessiert und irgendwie auch ein wenig überrascht, also kann ich sagen: Alles in der Natur ist überraschend. Aber das ist eine seeeehr weitläufige und fast alles zulässige Interpretation. Die zweite Version ist eigentlich gar keine zweite Version mehr sonder schon wieder ein zweites Gedicht, ein zweites Haiku. Klar, kann man Haiku ändern, aber es wird leicht ein zweites daraus, vor allem bei einer solch drastischen Veränderung. Du hast ja dadurch etwas völlig anderes beobachtet, also auch ein anderes Gedicht geschrieben :-$ ! Mir gefallen beide Versionen und ich glaube, du hast gute Ambitionen! Zur Form: Leise wehende Winde hat zwar 7 Silben, und wenn du dich daran halten willst, kein Problem, aber es hört sich trotzdem irgendwie ein bisschen konstruiert an, wie das beim Partizip so ist.... Wie wäre es als winzig kleine Änderung: Leise wehen die Winde?

So, werde mich nun wieder ins Bett begeben, aber ich denke, Morgen bin ich wieder fit genug!

lg Trixie

Gast

Beitragvon Gast » 10.04.2006, 12:32

Gute Besserung, das nenn ich Einsatz :!:

Liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 10.04.2006, 13:17

Hi Trixie,

ein ganz herzliches Danke, dass du dir trotz Krankheit Zeit für eine so ausführliche Antwort genommen hast! Finde deine Gedanken sehr hilfreich! Aber jetzt erstmal gute und schnelle Besserung! §blumen§

LG Herby


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