Ich habe keine Blicke mehr...

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 04.04.2006, 19:20

Ich habe keine Blicke mehr
die ich Dir schenken kann.

Ich trage keine Kleider mehr
die nicht von Dir erzählen.

Allertage schlagen sie
mir Deine bunten Worte
lautstark ins Gesicht

Nur Dein Mund
und seine Stimme
süßer Früchtetee-
er formt sie nicht.

Manchmal fällt der Staub
auf Deine alten Worte
doch ich fege ihn beständig fort
und sie wachen wieder auf.



Ich habe keine Blicke mehr
die ich Dir schenken kann.

Doch es bleiben noch
millionen Edelsteine

Eine Sprache verborgen
in hellrauschenden Gewässern.

Ihr Glanz im Alphabet

den ich nur finden muss
um Dir Rubine und Saphire

in die Hand zu legen
in der letzten Hoffnung

Meine Worte könnten
Deine Welt bewegen.
Zuletzt geändert von Louisa am 10.04.2006, 17:44, insgesamt 3-mal geändert.

medea

Beitragvon medea » 04.04.2006, 20:10

:shock: oh gott, ich bin ganz sprachlos. das ist eines der schönsten sachen, die ich je gelesen habe. schon der titel hat mich total angesprochen. das ist ein sehr sprechendes bild finde ich... nach einer grossen liebe, die man noch nicht überwunden aber dennoch schon kapituliert hat, sich mit dem gedanken abgefunden hat, dass es vorbei ist - aber die hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und das kommt wunderbar in der letzten zeile raus. meine hochachtung lousia, das ist wirklich wunderschön.
das einzige was ich zu mäkeln hätte ist, dass es eigentlich doch ein liebesgedicht ist und in eine andere rubrik gehört, aber hey - kleinkram. egal wo du's reinstellst - es ist w u n d e r v o l l!!!

*tief bewegt
~medea~

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medea

Beitragvon medea » 04.04.2006, 20:15

ach ja, mir ist noch was aufgefallen.

du schreibst :

Ich habe keine Blicke mehr
die ich Dir schenken kann.

Ich trage keine Kleider mehr
die nicht von Dir erzählen.


aber ist das nicht ein widerspruch? wolltest du nicht die erste strophe mit der zweiten noch verstärken?
die resignation, die sich aufbaut wird zunichte gemacht durch das wehmütige erinnern, das tragen der kleide, die immer noch von ihm erzählen.

ich würde vielleicht schreiben

ich trage keine Kleider mehr
die von Dir erzählen.

oder wenn du den schmerz in den vordergrund stellen willst, sei stringent und sag:

Ich trage nur noch Kleider,
die von Dir erzählen.

das wär mein vorschlag - aber hey - dein gedicht und es ist gut so wie es ist. war nur so ein gedanke.

~medea~


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Louisa

Beitragvon Louisa » 05.04.2006, 19:51

Dankeschön.

-Stimmt, eigentlich die falsche Kategorie, aber es beschäftigt sich ja auch mit einem Machtmissbrauch der Worte...

-Eigentlich ist es ja auch keine vergangene Liebe, wie das so häufig der Fall ist, aber das spielt wohl keine Rolle.

Vielleicht sollte es verschoben werden...

Die Kleider erzählen von dieser Person, weil seine Blicke sie zuweilen berührt haben...aber vielleicht hast Du recht, dass es keine weitere Steigerung ist.

-Doch ohne Kleider, viel bleibt da ja nicht mehr übrig, oder?

"Man kann ja nicht nackt durch die Welt gehen."

Liebe Grüße, Louisa

medea

Beitragvon medea » 05.04.2006, 21:00

hi lousia,

nein verschiebs nicht, ich find es passt auch hier rein. sorry wenn ich so neugierig bin - muss du auch nicht beantworten, wenn du nicht willst - aber wenns keine vergangene liebe ist, was beschreibt es dann? eine, die noch nicht mal richtig angefangen hat?

in jedem fall ist es eines meiner absoluten lieblingsgedichte nun und ich danke dir nicht nur fürs schreiben sondern auch fürs reinstellen.

~medea~


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medea

Beitragvon medea » 05.04.2006, 21:06

Doch ohne Kleider, viel bleibt da ja nicht mehr übrig, oder?

"Man kann ja nicht nackt durch die Welt gehen."


durch die welt sicher nicht aber durch ein so schönes gedicht... :cool:

Louisa

Beitragvon Louisa » 06.04.2006, 14:19

Ach, wird hier nackt gelesen?

Vielleicht damit es besser auf alle Gliedmaßen einwirken kann?

Wie dem auch sei, eine Erklärung würde jetzt zu weit führen. Es ist doch schön, wenn jeder seine eigene Interpretation findet.

Liebe Grüße, Louisa

steyk

Beitragvon steyk » 06.04.2006, 16:11

Hallo Louisa,
habe schon einiges von dir gelesen, aber das hier gehört wohl zu den schönsten Texten die du hier eingestellt hast.
Gruß steyk

Louisa

Beitragvon Louisa » 06.04.2006, 20:47

Ooooh...dankeschön!

Ich fühle mich geschmeichelt.

Liebe Grüße, Louisa

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Beitragvon Lisa » 07.04.2006, 15:19

Liebe Louisa,

ja, und wieder wundervoll ... :grin:


Wie wäre es dennan dieser Stelle:

Ich habe keine Blicke mehr
die ich Dir schenken kann.


einen größeren Absatz zu machen? Sozusagen hier einen zweiten Teil des Gedichts beginnen zu lassen? Denn es ist ja eine Wiederholung mit anschließender Schlussfolgerung.

Louisa

Beitragvon Louisa » 07.04.2006, 18:32

Der Wunsch sei Dir gewährt O:) .

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Beitragvon Lisa » 10.04.2006, 13:56

Ich meinte ÜBER dem Satz O:) :-$
Ps: wirklich wunderschön

Louisa

Beitragvon Louisa » 10.04.2006, 17:49

Haben sie jetzt genug Abstand voneinander gewonnen?

Ich verharre in stiller Hoffnung und schürfe weiter nach Edelsteinen...tief in der Höhle der verborgenen Wortschätze...

(grusel, grusel...)

Vielen Dank und liebe Grüße, Louisa

(beinah hätt´ich geschrieben: "...und leibes Grüße..."


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