Wüsten durchwandern

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 15.04.2006, 22:58

Wüsten durchwandern,
rissige Lippen, Sonnenwind,
Haut, sanddurchsetzt -
Immer weiterwandern
bis zuletzt.

Wieder Wüsten durchwandert,
fiebriger Nächte Einsamkeit,
Hoffnung, abgesetzt -
Immer weitergewandert
bis zuletzt.

Immer wieder
Wüsten durchwandern,
Herzflimmern am Horizont,
Gedankenzüge, schmerzbesetzt -
immer weiterwandern

noch wie oft?

scarlett, 2005

Last

Beitragvon Last » 16.04.2006, 01:04

Hallo scarlett,
dein Gedicht gefällt mir, die Wüstenstimmung kommt an. Es kommt auch ziemlich klar rüber was du meinst. Mininmaler Kritikpunkt: Immer die gleichen Begriffe "Wüsten durchwandern" (hat aber auch seinen Effekt).
Der Schlusssatz (Dreimal das "S" *würg*) zeigt, dass man nicht nur durch Wüsten wandert. Es gibt Hoffnung, die Wüsten des Lebens machen durstig darauf :smile:

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.04.2006, 17:40

Hallo scarlett,

das Gedicht um das Wüstenwandern gefällt mir! Mir gefällt die Wüste als das Sinnbild für das karge, stetig wieder probierende Leben.

Last und deine metaphorische letzte Strophe haben mich auf den Gedanken gebracht, dass man auch den Durst noch sinnbildlich verarbeiten könnte?

Den letzten Vers würde ich vielleicht " Wie oft noch?" lauten lassen, die andere Stellung irritiert mich.

Warum erzählst du die erste Strophe in der Gegenwart (durchwandern), die zweite in der Vergangenheit (druchwandert) und die dritte wieder in der Gegenwart (durchwandern)?

Hier:
fiebriger Nächte Einsamkeit,


gefällt mir der Fall (grammatisch) nicht...

oh, das sieht jetzt nach mehr Missfallen aus als da ist...mir gefällt das Gedicht wie gesagt sehr gut!

moana

Beitragvon moana » 16.04.2006, 19:09

Hallo scarlett!

Das finde ich auch ganz toll, trägt eine einmalige Stimmung mit sich. Wüstengedichte scheinen hier groß im kommen zu sein :mrgreen: MIr gefallen sie! Vor allem, weil es eine weite Themenwahl zulässt. Einzig die Beschreibung der fiebrigen Nächte sind für mich ein bisschen unschlüssig, weil doch in der Wüste nachts eine eiseskälte herrschen soll und da widerspricht sich das fiebrig, also heiß, ein bisschen. Das mit dem weiterwandern und weitergewandert hat mich beim Lesen selbst nicht gestört, aber nachdem Lisa es angemerkt hatte, wundert es mich auch ein wenig. Den Schlussatz finde ich auch sehr gelungen, weils irgendwie mal anders is.. Hat mich ehrlich fasziniert dieses Gedicht!!

grüßerl moana

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.04.2006, 16:54

... erstmal lieben Dank für eure Worte, die lobenden wie auch - und vor allem - den kritischen :grin:

@ Last: die immer wiederkehrenden Formulierungen sind natürlich Absicht und sollen die Gleichförmigkeit, das "immer wieder" eben betonen.
Daß es in meinem Gedicht natürlich nur vordergründig um echte Wüsten geht, hast du erkannt; es geht um Seelenlandschaften, um Wüstenlandschaften der Seele, um Zeiten in denen scheinbar nichts vorangeht, sich alles immer wiederholt--- Schmerz, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit...

@ Lisa:
"das stetig wieder probierende Leben" - das hast du schön formuliert, Lisa und das ist auch genau der Grund für die Gegenwart in der ersten, Vergangenheit in der zweiten und - durch das immer wieder betont - Zukünftige in der letzten Strophe. Da tauchen ja auch neue Hoffnungsschimmer auf- die "Gedankenzüge" sind zwar noch "schmerzbesetzt" aber es zeigt sich auch "Herzflimmern am Horizont"...
Wieso dich das "noch wie oft" irritiert, versteh ich nicht so ganz- ich werde aber noch darüber nachdenken.
"Fiebriger Nächte Einsamkeit" - was meinst du hier mit grammatisch nicht ok? :???:

@moana:
die fiebrigen Nächte der Einsamkeit- da hatte ich nicht die tatsächlichen atmosphärischen Gegebenheiten vor Augen sondern eher das, was sich im Inneren abspielt: das Lyich ist der Einsamkeit ausgeliefert, sehnt sich aber nach was anderm, was "heiß" ist.... Heiße Nächte, evtl. Fieberträume, Phantasien lassen sich damit denk ich schon auch verbinden...
Vielleicht hab allerdings nur ich diese Verbindung gesehen- vielleicht muß doch was anderes her....

Ich wünsch euch allen noch einen schönen Rest- feiertag (Unwort des Monats ??? :smile: ) ...

Gruß,
scarlett

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Beitragvon Lisa » 17.04.2006, 22:03

Hallo scarlett,

das Unwort würde ich gerne für den Blauen Salon übernehmen, wenn ich darf! ES scheint mir sehr geeignet dafür :cool:

also zu dem:
noch wie oft?
ich wäre gespannt, was andere dazu sagen. Mir scheint die Stellung wie oft noch "intuitiver"...vielleicht ist das allerdings ein Fehler.

Das
fiebriger Nächte Einsamkeit ist natürlich grammatisch korrekt, was ich damit meinte war, dass mich die Form an der Stelle stört, es klingt so gesetzt, ist schwer zu lesen und ich finde sogar, dass es den restlichen Sprachduktus des Gedichtes an dieser Stelle bricht...

In Strophe eins benutzt du auch keinen Genitiv, vielleicht könnte man daher schreiben:
fiebrige Nächte, Einsamkeit
?

Das mit den Zeiten verstehe ich jetzt, wäre es vielleicht eingängiger die Reinfolge: Vergangenheit - Gegenwart und ZUkunft einzunehmen?

Bin gespannt!
Lisa

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.04.2006, 22:13

Hallo Lisa,

ja das mit dem Genitiv stimmt- und ich denke, ich werde deinen Vorschlag annehemen und ändern in
"fiebrige Nächte, Einsamkeit"-
auch wenn sich dadurch der Sinn etwas ändert.... Hmm, ich geh nochmal in mich.
Merci jedenfalls.

Gruß,
scarlett

P.S. Das "Unwort" kannst du selbstverständlich übernehmen- is aber sehr ähnlich zum "Rest-Wochenende", das schon mal drin war... :smile:


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