Wohin

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Scal

Beitragvon Scal » 27.05.2007, 08:36

Wohin
was mir so licht und weit
was mir ein Winter zugeschneit

das Baumgeartetsein
das sich belaubt
das wie von einer Biene
süßer Tagvergangenheit
durchklettert

Wohin
was dich und mich, was uns
erreicht
zu haben
schien

-

Verkürzte Version


Wohin
was mir so licht und weit
was mir ein Winter zugeschneit

Wohin
was dich und mich, was uns
erreicht
zu haben
schien
Zuletzt geändert von Scal am 31.05.2007, 08:50, insgesamt 1-mal geändert.

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 27.05.2007, 11:28

Ja, diese Momente kenne ich, wo die ganze Welt plötzlich fremd scheint.

schlicht und schön.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Scal

Beitragvon Scal » 29.05.2007, 23:33

Vielen Dank für deinen Kommentar, Zaunkönig.

Lieben Gruß
Scal

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2007, 23:46

Hi Scal,

wieso lese ich das erst jetzt? Muss mir irgendwie durchgeflutscht sein...

Schön finde ich das. Diese Wehmut darin und andererseits aber auch eine Leichtigkeit.
Vor allem gefällt mir:

Wohin
was mir so licht und weit
was mir ein Winter zugeschneit


und

Wohin
was dich und mich, was uns
erreicht
zu haben
schien


Diese Aufzählung: was dich und mich, was uns

erzeugt eine ganz besondere wehmütige und zärtliche Stimmung.
Sehr gern gelesen.
Saludos
Mucki

Max

Beitragvon Max » 30.05.2007, 18:45

Lieber Scal,

ich finde es ganz interessant, dass sich Mucki gerade die erste und letzte Strophe Deines Gedichts herausgesucht hat. Diese beiden Strophen sprechen auch mich direkt an, sie sind leicht zugänglich.

Die zweite Strophe mit der Wortschöpfung

das Baumgeartetsein


hingegen sperrt sich beim ersten Lesen etwas. Wenn man dieses Wort erst einmal verinnerlicht hat (wobei ich mich mehrfach dabei ertappt habe, dass ich mich fragte, ob es wirklich kein anderes Wort gibt), so fügt sich (mir) diese Strophe inhaltlich/bildlich viel besser an die erste als schließlich die dritte, wo Du Dich durch das


was dich und mich, was uns
erreicht
zu haben
schien


von dem Bild des Baumes abwendest.
Wenn dieser Wandel nachvollziehbarer würde, gewönne das Gedicht für mich noch.

Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.05.2007, 19:29

Reiner Zufall, Max,

ist mir eben erst aufgefallen, dass es tatsächlich gerade die erste und die letzte Strophe sind.
Es ging mir um den Klang, der mir hier so gut gefällt,-)
Saludos
Mucki

Scal

Beitragvon Scal » 31.05.2007, 01:08

Hallo Mucki,

ich habe mir beim Lesen deines Kommentars vorgestellt, wie es wäre, wenn die Zwischenstrophe wegfiele. Wäre denkbar, hm, klänge dann noch stärker wie ein lyrischer Trauerklageruf. Andrerseits - der Dreiklang hat was für sich ....

Eigentlich stünden die Zeilen besser unter Kurzlyrik, denke ich mir mittlerweile, weil insgesamt doch alles ziemlich kurz und komprimiert formuliert ist.

Lieben Gruß
Scal

-

Lieber Max,

du hast recht, das "Baumgeartetsein" ist gewöhnungsbedürftig. Es ist in erster Linie ein Empfindungsbild für das wie blühende, belaubte Lebensgefühl, nach dem die "Wohin-Frage" gleichermaßen Ausschau hält; eine Art bildhaftes Intermezzo zwischen Anfangs- und Schlussstrophe.

Danke und lieben Gruß
Scal

Mucki
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Beitragvon Mucki » 31.05.2007, 02:13

Hi Scal,

unter diesem Gesichtspunkt habe ich es jetzt noch mal gelesen. Ich finde, du hast Recht. Es klingt gut, nur die 1. und 3. Strophe zu nehmen:

Wohin
was mir so licht und weit
was mir ein Winter zugeschneit

Wohin
was dich und mich, was uns
erreicht
zu haben
schien


Das hat wirklich was,-) Wie einen Trauerklageruf lese ich es nicht, es ist sehr wehmütig, ja. Aber gerade das gefällt mir daran,-)

Wegen der Rubrik. Passt hier durchaus hin, nach meinem Empfinden. Die Länge spielt doch bei einem Liebesgedicht keine Rolle. Es kommt darauf an, ob es das Thema trifft, und das tut es.
Wenn du es dennoch verschoben haben magst, schreib es einfach und die entsprechenden Moderatoren werden es verschieben.
Saludos
Mucki

Scal

Beitragvon Scal » 31.05.2007, 08:54

Ich habe jetzt, Mucki, die verkürzte Version dazugestellt; und es soll im Pfauengarten bleiben.

Danke, lieben Gruß
Scal

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 31.05.2007, 09:11

Hallo Scalidoro!

Ich finde deine Ausgangsversion schön. Was da nun unter "verkürzte Version" firmiert, würde ich eigentlich mehr als "ausgeschlachtet" bezeichnen...

Im übrigen habe ich die ersten beiden Abschnitte als über "zu haben schien" auf den dritten bezogen gelesen - eine Verbundenheit war also auch für mich da?! Bleibt natürlich die Frage, ob es so gedacht war...

Wohin
was mir so licht und weit (schien)
was mir ein Winter zugeschneit (zu haben schien)

das Baumgeartetsein
das sich belaubt (zu haben schien)
das wie von einer Biene
süßer Tagvergangenheit
durchklettert (schien)

Wohin
was dich und mich, was uns
erreicht
zu haben
schien

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 31.05.2007, 09:41

Lieber Scal,

mir fehlt die bildhafte 2. Str., die ganz viel Sehnsucht enthält.

Lieben Gruß
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 31.05.2007, 12:43

Hi Scal,

ich würde beide Versionen so stehenlassen, denn eine jede hat ihren eigenen Charme,-)
Gut, dass du nicht "geänderte Version", sondern "gekürzte Version" geschrieben hast.
Saludos
Mucki

Max

Beitragvon Max » 31.05.2007, 16:08

Lieber Scal,

spannend, durch die verkürzte Version gibst Du den Strophen eine größere Kohärenz, nimmst den Gedicht aber die Perspektive auf das Lebendigge, die die zweite Strophe ja sehr reich enthält. Ich finde, dass beide Versionen ihre Reize haben und könnte mich für keine so richtig entscheiden.

Liebe Grüße
Max

Scal

Beitragvon Scal » 01.06.2007, 13:29

Hab gerade gemerkt, dass meine schon einmal geschriebene Antwort nicht da ist; muss wohl was falsch gemacht haben ...

Hallo Ferdi,

es war von mir genau so gedacht, wie du es darstellst.

Hallo Elsa, Mucki und Max,

ich werde dem Vorschlag von Mucki folgend die beiden Versionen so stehen lassen.

Mir geht es bei der Lyrik immer wieder so, dass ich mit meinen Urteilsempfindungen ins Schwanken gerate; es tauchen wechselhafte Stimmungen auf, die ihren Einfluss ausüben. Diese Erfahrungen haben mich insgesamt etwas vorsichtiger werden lassen.

Liebe Grüße Euch
Scal


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