Vatersprache

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 24.04.2006, 13:29

Neue Setzung:

Vatersprache


Eines Tages werde ich einen Riesen sprechen

mit rotem Gebrüll und luftigem Geschrei steigt er aus meinem Höhlenmund

Stiefel fliegen über die Gipfel deiner Grundsätze

Echo trifft Deine aus Imperativen erbaute Stadt bis nichts mehr steht

außer deiner Heimat Turm, das beständige Ausrufezeichen

Neben diesen setzt er sich ins Gras

lässt das Schwarz des Turmes gegen seine Spiele verblassen

Straft Wortreich Lügen mit seinem Lachen

Und irgendwer, ich oder er, schriebe nach einer uralten Weile mit junger Tinte in die Wolken:

Sie versteht dich nicht mehr, kein einziges Wort








Eigentliche Version Version:

Vatersprache

Eines Tages
werde ich
einen Riesen
sprechen.

Mit rotem Gebrüll
und luftigem Geschrei
steigt er aus meinem
Höhlenmund.

Seine Stiefel fliegen
über die Gipfel deiner
erhabenen Grundsätze.

Sein Echo trifft Deine aus
Imperativen erbaute Stadt
bis nichts mehr steht.

Außer deiner Heimat Turm.
Das beständige
Ausrufezeichen.

Neben diesen setzt er sich
ins Gras und lässt
das Schwarz des Turmes
gegen seine Spiele verblassen.
Straft Wortreich Lügen
mit seinem Lachen.

Schafft ein Babel für mich
um endlich nicht mehr
deine Sprache zu sprechen.

Um endlich kein Wort mehr
von dir zu verstehen.







Frühere Version

Vatersprache

Könnte ich nur
einen Riesen
sprechen.

Mit rotem Gebrüll
und luftigem Geschrei
stiege er aus meinem
Höhlenmund.

Seine Stiefel
flögen über die Gipfel
Deiner Grundsätze
die über alles
und jeden erhaben sind.

Sein Echo träfe Deine aus
Imperativen erbauten Städte
bis nichts mehr stünde
außer deiner Heimat Turm
das immerwährende
Ausrufezeichen.

Neben diesen setzte er sich
lächelnd nieder ins Gras
wäre ganz ruhig und ließe
mit einem Stoß
das Schwarz des Turmes
gegen seine Spiele verblassen.
Strafte Wortreich Lügen
mit seinem Lachen.

Schüfe ein Babel für mich
um endlich nicht mehr
deine Sprache zu sprechen.

Und irgendwer, ich oder er,
schriebe mit junger Tinte
in die Wolken:

„Sie versteht dich nicht mehr,
kein einziges Wort.“


blau = geändert nach Cornelia und Max, scarlett, Leonie und Frank
Zuletzt geändert von Lisa am 04.05.2007, 15:38, insgesamt 6-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 25.04.2006, 07:34

Liebe Lisa,
lass dich nicht durcheinanderbringen!
Dein Gedicht könnte zwar hier und da mehr Verdichtung vertragen, aber ich bleibe dabei, die Bilder sind gut und stark und neu!
Jetz kann man natürlich sagen, das macht noch kein gutes Gedicht...
Ich glaube sagen zu dürfen, dass es ein sehr frisches noch nicht überarbeitetes Werk ist , an dem du mit Sicherheit noch feilen wirst.
Allerdings ist keineswegs daran so viel zu schaffen, dass es in die Werkstatt gehört hätte ;-), das mal zu deiner Aufmunterung.
Ich glaube, auch wenn Frank für meine Begriffe aus eigener Betroffenheit ,(Ich bin alt genung dies einfach mal unterstellen zu dürfen, lieber Frank)
so reagiert hat, könntest du bestimmte Punkte, die er angesprochen hat, in deine Überlegungen mit einbeziehen.

Lieber Max,

deinen Kommentar habe ich gern gelesen, hat er doch meinen Argwohn darüber, dass Männer dieses Gedicht so völlig anders verstehen, beseitigt.
Dafür Dank!


Lieber Frank,

was ich dir schreiben möchte...hm schwer zu sagen...pack ich besser in eine pn.


Liebe scarlett,
haben Millionen Fliegen, die Scheiße fressen etwa Recht, weil sie so viele sind? ;-)
Ich denke mir, dass du Fragen aufgeworfen hast, die ich nicht hatte, aber das ist noch lange keine Grund, dass du an deinem Lyrikverständnis zweifelst.
Ich finde, immer, dass gerade in einer ansonsten homogenen Meinungslage, eine andere Ansicht nicht schadet.

An euch alle liebe Grüße, an die anderen, nicht namentlich angesprochenen KommentatorInnen auch.

Einen schönen Frühlingstag §blumen§
Gerda

Cornelia

Beitragvon Cornelia » 25.04.2006, 08:08

Hallo Lisa,

der Schluss ist perfekt (für mich)
Zuletzt geändert von Cornelia am 25.04.2006, 17:14, insgesamt 1-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 25.04.2006, 09:09

Lieber Frank,

Du wirst es nicht galuben, ich will hier nie irgendjemanden mit meiner Kritik beeindrucken - dass das nicht notwendig ist, ist ja gerade das Nette am Forum - ich wollte, dass Du das Gedicht liest. Nur dann können wir drüber reden.

Liebe Grüße
Max

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 25.04.2006, 10:26

Max hat geschrieben:Lieber Frank,

Du wirst es nicht galuben, ich will hier nie irgendjemanden mit meiner Kritik beeindrucken - dass das nicht notwendig ist, ist ja gerade das Nette am Forum - ich wollte, dass Du das Gedicht liest. Nur dann können wir drüber reden.

Liebe Grüße
Max



Was soll ich nun wieder davon halten? :???:

Weißt du was? Du hast recht. Ich lese hier keine Gedicht, ich überfliege sie lediglich. Darum sind meine Interpretationen auch regelmäßig völlig daneben.

Ist wohl besser, ich lasse es ganz bleiben. Dann brauche ich mir wenigstens nicht mehr unterstellen lassen, ich würde mir "nicht die Mühe machen, in ein Gedicht einzudringen", wie du es so schön formuliert hast.

Ich habe mit Lisa zwar noch PNs getauscht, aber ich glaube, jetzt brauche ich nicht mehr länger über alles nachzudenken.

Frank

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.04.2006, 10:55

Weiteres dazu in der Cafeecke in einem textunabhängigen Thread!

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 25.04.2006, 11:04

Hallo Lisa,

ich möche mich bei Dir entschuldigen für meine mißglückte Wortwahl bei meiner Kritik wie "ist nich so dolle" u.ä.

Aufgrund des PN-Austauschs ist mir klar geworden, daß es Dich persönlich getroffen hat, was nicht in meiner Absicht lag.

Gruß
Frank

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Beitragvon Lisa » 25.04.2006, 11:13

Lieber Frank,

Entschuldigung angenommen §blumen§
Inzwischen hat sich mein Ego wieder aufgerappelt und ich nehme mir einige Kritikpunkte auch zu Herzen und arbeite am Gedicht.

steyk

Beitragvon steyk » 25.04.2006, 11:16

Hallo Lisa,
ich finde deinen Text sehr ausdrucksvoll und möchte mich an der -teilweise- sehr heftige Diskussion nicht beteiligen. Die kleinen "Ungereimtheiten", die hier angesprochen wurden sind änderbar, wenn du es willst. Außerdem: Wer ist schon perfekt ? Ich bin mir sicher, daß selbst die großen Dichter keinen perfekten Text aus dem Ärmel schütteln oder geschüttelt haben.
Gruß steyk

scarlett

Beitragvon scarlett » 25.04.2006, 11:26

Liebe Lisa,

ich sitze bereits den ganzen Vormittag über deinem Gedicht. Ich muß nun doch noch was loswerden, weil ich glaube, ich hab jetzt - auch aufgrund deiner sehr ausführlichen Darlegung der Intentionen - zumindest für mich herausgefunden, was den Zugang so sehr erschwert- für mich jedenfalls.
Die Bilder, die du gebrauchst, um diese Auseinanderstzung zwischen Ich und Vater über die Sprache zu gestalten, die sind es ja nicht, die mir Schwierigkeiten bereitet haben. Es ist - wie gesagt - der Einstieg.
du schriebst, das Gedicht handle von "einem Ich und seinem Vater, die ganze Beziehung wird anhand von Sprache erzählt" So weit so gut.
Dann aber heißt es in deinem Beitrag gegen Ende, die Welt, die das Gedicht beschreibt, sei hier:
"ein Ich, der Vater (seine Sprache) UND ein Riese".
Und genau das ist - glaube ich der Knackpunkt: die Gleichsetzung des Wortes mit einem Riesen (weil es ein mächtiges, ein starkes, vielleicht ein lautes, ein Riesen-Wort eben ist), diese Gleichsetzung versteht der Leser durch den von dir gewählten Einstieg eben nicht, diese Gleichsetzung, dieses Symbol ist nicht klar zu entziffern. Dadurch entsteht dieses Mißverständnis- zumindest ist das bei mir so gewesen.

Ich lese jetzt deinen Text wie folgt:

Könnte ich nur
ein mächtiges Wort sprechen -
Mit rotem Gebrüll
und luftigem Geschrei
stiege ES aus meinem
Höhlenmund
einem Riesen gleich

Er flöge mit seinen Stiefeln
über die Gipfel
deiner Grundsätze
die über alles
und jeden erhaben sind.... usw...

DAS ist jetzt kein Änderungsvorschlag, sondern MEINE Lesart, aufgrund derer ich jetzt klarkomme.

Noch ein kleiner Hinweis:
ist das nicht ein kleiner Widerspruch, wenn es erst heißt, 5. Strophe,

"wäre ganz ruhig und ließe
mit einem Stoß
das Schwarz des Turmes..."

So, das solls gewesen sein- nichtsdestotrotz ein sehr interessantes Gedicht, bei dem es sich allemal lohnt vielleicht nochmal drüber zu schauen.

GAnz liebe Grüße,

scarlett

Max

Beitragvon Max » 25.04.2006, 11:35

Lieber Frank,

natürlich wollte ich Dich nicht als Moderator loswerden. Wenn meine Kritik den Effekt hatte, tut mir das wirklich leid.
Ich dachte, dass jemand der kritisch kommentiert, auch Kritik an seiner Kritik aushalten muss, aber vielleicht bin ich dabei zu weit gegangen. Das tuit mir leid.

Liebe Grüße
max

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Beitragvon Lisa » 25.04.2006, 13:42

Hallo,
um der Kritik gerecht zu werden und zu zeigen, dass das alles hier auch KOnstruktives hervorbringen kann, habe ich hier eine zweite Version erstellt. Es ist ganz sicher noch nicht die letzte Version dieses frischen (du hast recht Gerda) Gedichts.

Vorallem habe ich versucht den Konjunktiv zu verwandeln. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich nicht lieber mit dem Futur arbeiten sollte, auch wenn es dann viele wirds werden :shock: :grin:

Gerda: Könntest du mir die Stellen benennen, die für dich noch verdichtungswürdig sind? Das wäre mir sehr wichtig

scarlett: Vielleicht wird es so klarer? Einzig kann ich aus dem Riesen keinen Vergleich machen, er muss eine Metapher bleiben, sonst lebt der Riese nicht :grin: . Mit dem Stoß hast du recht, es wird nicht klar, dass ich eine Art Atemstoß meinte.

Auch Rückmeldungen zu den Sternchen wären hilfreich. Ich bin für alle Rückmeldungen dankbar!

Hoffende Grüße,
Lisa


Vatersprache
(zweite Version)

Eines Tages
werde ich (mir*)
einen Riesen
sprechen.

Mit rotem Gebrüll
und luftigem Geschrei
steigt er alsdann aus
meinem Höhlenmund.

Seine Stiefel
fliegen über die Gipfel
Deiner Grundsätze
die über alles und
jeden erhaben sind.

Sein Echo trifft Deine aus
Imperativen erbauten Städte
bis nichts mehr steht.

Außer deine(r)** Heimat Turm.
Das immerwährende
Ausrufezeichen.

Neben diesen setzt er sich
lächelnd ins Gras
und lässt das Schwarz des Turmes
gegen seine Spiele verblassen.
(Straft Wortreich Lügen
mit seinem Lachen.***)

Schafft ein Babel für mich
um endlich nicht mehr
deine Sprache zu sprechen.

Um endlich kein Wort mehr
von dir zu verstehen.



-----------
* auch eine mögliche Variante, entfremdet es die Idee, dass ein gesprochenes Wort ein Riese ist, das Bild gar mehr? Oder schafft es Verständnis?
** hier ginge beides, was ist lesbarer?
*** auf diese Zeilen könnte ich zum Beispiel verzichten, wenn sie zu verspielt sind, zu sehr dem Wortspiel dienen, Gerda, was meinst du?

Gast

Beitragvon Gast » 25.04.2006, 15:56

Liebe Lisa,
ich habe mir den Text gerade ausgedruckt, ich brauche etwas Zeit, ich komme drauf zurück.
Liebe Grüße
Gerda

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leonie
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Beitragvon leonie » 25.04.2006, 17:26

Liebe Lisa,

ich schaue gerade nochmal rein und finde den Text so sehr stark. Ein paar ganz kleine Kleinigkeiten sind mir noch aufgefallen:

das "mir" in der ersten Strophe empfinde ich als eher störend, ich finde sie ohne stärker

das "alsdann" in der zweiten Strophe kommt mir irgendwie fremd in Deiner Sprache vor, ich finde, es könnte wegfallen, ohne dass das Verständnis getrübt wäre

ich glaube, es müßte doch "deiner Heimat Turm" heißen, mal sehn, was andere meinen...

ich finde "straft Wortreich Lügen..." sehr stark, obwohl ich sonst immer fürs Kürzen bin

Ich finde, das einmalige Futur am Anfang reicht, um das Künftige als das zu verstehen, was dann sein wird.

Ich bin schon richtig gespannt auf Gerdas Vorschläge und das, wsa dann letztlich daraus wird!!!

Liebe Grüße

leonie

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Beitragvon Lisa » 26.04.2006, 19:25

Liebe leonie,

danke! Das alsdann habe ich wegen des fehlenden Futurs gewählt, war aber auch unglücklich damit. Wahrscheinlich hast du recht, dass das einmalige Futur reicht.

danke, dass dir das mir nicht gefallen hat, mir auch nicht :razz:
Hir die aktuelle Version. Mal sehen, was Gerda noch sagt...

Danke für alles,
Lisa

Vatersprache
(zweite Version)

Eines Tages
werde ich
einen Riesen
sprechen.

Mit rotem Gebrüll
und luftigem Geschrei
steigt er aus meinem
Höhlenmund.

Seine Stiefel
fliegen über die Gipfel
Deiner Grundsätze
die über alles und
jeden erhaben sind.

Sein Echo trifft Deine aus
Imperativen erbauten Städte
bis nichts mehr steht.

Außer deine(r)** Heimat Turm.
Das immerwährende
Ausrufezeichen.

Neben diesen setzt er sich
lächelnd ins Gras
und lässt das Schwarz des Turmes
gegen seine Spiele verblassen.
(Straft Wortreich Lügen
mit seinem Lachen.***)

Schafft ein Babel für mich
um endlich nicht mehr
deine Sprache zu sprechen.

Um endlich kein Wort mehr
von dir zu verstehen.



-----------

** hier ginge beides, was ist lesbarer?
*** auf diese Zeilen könnte ich zum Beispiel verzichten, wenn sie zu verspielt sind, zu sehr dem Wortspiel dienen, Gerda, was meinst du?


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