Deutscher Arbeiter 1936-1945

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 29.07.2007, 07:15

Deutscher Arbeiter 1936-1945

Großvater, als sie dir dann wieder
Arbeit gaben, du warst ein stolzer Prolet mit
Sauberem Kragen, dein Haar war noch dicht,
Und als sie dir fünf Mann unterstellten,
Warst du wieder wer, freudig ließest du dich
Mit so etwas ein. Alles sprang nach deinen Befehlen.
Dankbar grüßtest du ihre blutigen Fahnen,
Sangest ihre verfluchten Lieder.
Und als dann die Welt zu Scherben zerbrach,
War es auch deine Nacht der langen Messer, du
Merktest noch immer nicht, worum sie
Dich betrogen, du warst ihr kleiner Befehlsausführer,
Du hattest dich eingeordnet, nie aufbegehrt,
und darum glücklicherweise noch, was man
Leichthin nennt das nackte Menschenleben.

Klara
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Beitragvon Klara » 31.08.2007, 19:23

Hallo Moshe,

ich mag keine Verallgemeinerungen. Dein Text ist voll davon.

George Tabori, der lange vor meiner Geburt hier bei mir um die Ecke eine Hotelfachlehre machte, bevor er vor den Nazis fliehen musste, könnte mein Großvater sein. Ist er aber nicht. Mein Großvater war kein Jude, auch kein Antisemit, aber ein Nichtjude, der sich nicht aufgelehnt hat, der sogar am Krieg verdient hat. Meine Großmutter war überzeugte Antisemitin (und ist es wohl bis heute, wenn sie sich dran erinnern würde).

George Tabori mag auch keine Verallgemeinerungen. Er hat das unter anderem in seiner verfilmten Erzählung "Mutters Courage" klar gemacht, einem Text über seine Mutter Elsa Tabori, die 1944 gemeinsam mit hundert Anderen "zufällig" in den Viehwaggon eines Todeszugs gerät. In einem Grenzort werden die Deportierten in einer Fabrikhalle zusammengepfercht, um auf den Anschlusszug zu nach Auschwitz zu warten. Mit Hilfe eines Bekannten kann Elsa Tabori durch eine halbversteckte Seitentüre ins Freie gelangen. Dort jedoch sind Soldaten, die sie anschreien, was sie da treibe. "Ich gehöre nicht hierher", ist die mutige Antwort. Sie besitze einen Pass vom Roten Kreuz, den sie aber nicht bei sich trage. "Das könnte ja jeder sagen", meint ein anderer Soldat verächtlich. Aber ein Offizier sagt: "Diese Dame ist nicht jeder. Niemand ist jeder. Jeder ist irgendjemand."

Für George Tabori hat es ebensowenig "Die Juden" wie "Die Deutschen" gegeben, seit er von seinem Vater eine Ohrfeige verpasst gekriegt hat für seine unzulässige Schuljungenverallgemeinerung "Alle Rumänen sind schwul."

Du jedoch verallgemeinerst, Moshe:

Nun sollen die Kinder und Enkel dafür stehen. Die wollen das natürlich auch nicht.
Denn sie wissen nichts, wollen nichts wissen und wollen auch keine Schlußfolgerungen ziehen.
Sie sind nun wieder Opfer.


Ich mag keine Verallgemeinerungen. Und ich mag mir auch nicht gern vorschreiben lassen, in welche Richtung ich gucke.

Grüße
Klara

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 31.08.2007, 19:43

Liebe Klara!

Ich sprach mich für eine subjektive Sichtweise aus.
Das betone ich hier noch einmal.
Eine subjektive Sichtweise hat zwangsläufig auch eine allgemeine.
Die allgemeine Sichtweise einer Person wird hier nicht tolleriert, in dem du jetzt wieder die deinige dagegen setzt.
Du siehst wieder eine Art Vorschrift für dich in deiner Sichtweise.
Das ist aber eine Annahme, die du für dich selbst triffst.
Niemand hat dich aufgefordert in eine Richtung zu schauen, aber du stellst deine Sichtweise nicht dar.

Die würde ich gern aber mal erfahren wollen in Lyrik von dir und nicht nur in Zitaten u.ä. von andereren Personen.

Im Übrigen weichst du meiner zentralen Argumentatiion aus.

Moshe

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 31.08.2007, 20:50

o.T.
sry Caty

Hallo moshe

deinen Kommentar 19.01 möcht ich nicht unbeantwortet stehen lassen. Ich bin mir nicht bewusst, dass ich Caty intolerant behandelt habe. Falls das so geklungen hat, tut mir das sehr leid. ICh habe meine MEinung zu ihrem Gedicht gesagt und warum es mir nicht gefällt. Das hat überhaupt nichts mit dem Inhalt zu tun, sondern mit der Art der Präsentation. Drücke ich mich wirklich so unklar aus?

Nochmals, es ist der Tonfall DES LYRICHS, den ich nicht gut finde. DAs zu sagen ist das Recht des LEsers.

Zum Thema lyrische Fassung
Ich habe vor ca. 4 Jahren mal versucht, die Thematik Holocaust anzugehen, musste aber dabei für mich feststellen, dass ich schreiberisch viel zu schwach besetzt bin, um mich an dieses Thema wagen zu können.

Da du aber gesagt hast, du willst da was lesen, häng ichs mal hier an. Sei bitte so nett und lass die Metrik außer Acht ja? Ich weiß selber, dass die hundsmiserabel ist. Denk dir einfach, braucht es solche Gedichte von mir? Meine Antwort ist, ne die brauchts nicht.

Gruß

reimerle


Hadamar



Der Wind kommt aus Ost, falsche Richtung fürs Ort,

schließt dicht die Fenster, die Herzen und Ohren,

es weht wie Irrsinn, methodischer Mord,

die Esslust ging mir soeben verloren.



Der Beitrag, die Leistung ist das erste Gebot,

und Schutz vor fremden und kranken Bazillen,

sie merken doch nichts, sind erlöst von der Not,

wenn du musst, dann sprich dein Gebet im Stillen.



Wissen wir wirklich, was dort drinnen geschieht,

ach, es wird schon nichts Böses, nichts Schlimmes sein,

und der Ostwind, ist Luft die bald weiterzieht,

Gedanke geh fort, lass mich endlich allein.



Rein und gesund war Gebot jener Stunden,

nicht das Rad, die Dusche war neu erfunden.

Caty

Beitragvon Caty » 31.08.2007, 21:07

Moshe hat recht. Ich halte seinen Vorschlag für ausgezeichnet, aus eurer Sicht zu diesem Thema einen Text zu schreiben. Was du eingestellt hast, Reimerle, ist - entschuldige bitte - Betroffenheitslyrik. Trotzdem, du sagst es selbst, man wollte nichts wissen, obwohl man jede Möglichkeit hatte, genauestens zu erfahren, was dort in Hadamar passierte. Man sah doch die täglichen Busse hineinfahren und leer wieder herauskommen, und das Tag für Tag. Fragte sich niemand, wo denn die Kranken geblieben waren? Sah man den Rauch nicht, roch man nicht die Toten, die durch die Schornsteine fuhren? Zumindest die Einwohner Hadamars, die Angehörigen der Kranken, zu schweigen von den verantwortlichen Ärzten - sie wussten alles, das belegen alle Untersuchungen in der Nachkriegszeit. Aber man schwieg, man hatte angeblich nichts gewusst, man war nicht schuld. Vor nichts hatten die Nazis mehr Angst, als dass die Leute sich gegen die Verbrechen in ihrem Namen wehren würden. Und an diesem Punkt müsstest du ansetzen, um zu dem von mir behandelten Thema zu kommen: Warum war das so? Warum waren die psychisch und körperlich Behinderten den Leuten so furchtbar egal? Gingen sie etwa mit der Naziideologie konform? Waren sie derselben Meinung, dass es sich um unwertes Leben handelte? Schwiegen sie wirklich nur aus Angst? Warum schwiegen sie - das ist die Frage, die du heute zu diesem Thema behandeln müsstest. Mit Betroffenheitslyrik mogelst du dich in der Konsequenz um das Thema herum. Das ist meine Meinung. Caty

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 31.08.2007, 21:37

Sry Caty,

wenn ich dir da wiederspreche. Bevor ich beim Thema ansetze muss ich erstmal überzeugt sein, dass ich weder Senkbleilyrik schreibe noch eine flammende Anklageschrift. Es muss was sein, von dem ich überzeugt bin. Das ist das erste Problem.

Das zweite ist, dass ich eben nicht weiß, ob mal hätte alles genauestens erfahren könnte, wenn man nur gewollt hätte. Einige wenige, da geb ich dir recht, sind aufgestanden und haben sich informiert.

Gab auch sicher in der damaligen DDR einige, die den Schießbefehl an der Mauer kannten, ne?

Gruß

reimerle

Klara
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Beitragvon Klara » 31.08.2007, 21:43

Mal kleiner Themawechsel, hin zu einem Punkt, den das Gedicht streift:

Die Frage der Schuld wäre interessant (und bedrückend)

Denn möglicherweise gäbe es uns HInterbliebene von Mitläufern oder/und Nazis gar nicht, wenn sie keine Mitläufer gewesen wären, sondern aufbegehrt hätten, um des Preis ihres Lebens ihr Gesicht und das der Menschheit verteidigt hätten. Dann wären sie wie Sophie Scholl ermordet worden. Dann hätten sie unsere Eltern nicht zeugen können. Wie weit reicht die Schuld? Weiter als ein Leben?

Klara

Sam

Beitragvon Sam » 01.09.2007, 10:21

Die allgemeine Sichtweise einer Person wird hier nicht tolleriert


Das einzige, was hier nicht toleriert wird, sind die kritischen Anmerkungen einiger Leser darüber, wie ein bestimmtes Thema innerhalb eines Gedichtes umgesetzt wird.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 01.09.2007, 15:52

Lieber Reimerle!

Daß dein Text ja nun aus der Phase ist, sich mit Lyrik überhaupt zurecht zu buddeln ist klar.
Solche Texte habe ich auch, aber man entwickelt sich ja weiter.
Deinen Ansatz finde ich nicht schlecht. Vielleicht versuchst du es heute nochmal und stellst deine eigene Weiterentwicklung fest. Das kann ganz spannend sein.

Mit bestem Gruß

Moshe

P.S: Ist die DDR u.a. nicht auch durch Massenprotest untergegangen?

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 01.09.2007, 16:46

Liebe Klara!

Da sprichst du einen interessanten Punkt an, der uns (äh, mir und wohl auch dir) präsentiert wurde im Rahmen des offiziellen deutschen Widerstands. Wenn man protestiert und Widerstand leistet, wird man umgebracht, ist das Fazit.
Nun, die angeführten Beispiele und Heroen des deutschen Widerstands waren Einzeltäter, bzw. kleine Gruppen ganz isoliert von der Umgebung. Hier war man natürlich leicht in der Lage den Widerstand auszumerzen, gerade weil es ja keinen Rückhalt gab.

Später habe ich aber noch von einem anderen Beispiel erfahren, welches nicht im offiziellen kleinen Katalog stand und in der Schule auch nicht vermittelt wurde: Die Berliner Rosenstrasse.
Das war zwar auch ein isoliertes Unternehmen, aber eben eine Gruppe, die auch in die Öffentlichkeit gewirkt hat. Und sie waren erfolgreich.
Dazu gibt es heute in Berlin eine kleine Dokumentation an der entsprechenden Stelle und verfilmt wurde es auch.

Was du hier auslässt, ist der Umstand, wie hoch eben auch die Verluste in der eigenen Bevölkerung waren, auch an Land und Potential, ohne Protest und Widerstand. Das waren doch keine Kleinigkeiten.
Ich versuchte es oben anzudeuten.
Wieviel haben deutsche Familien an Verlust in den eigenen Reihen hingenommen, die heute auch nicht mehr sind, nicht weiterleben konnten, und nichts sagen können?
Ich finde es erstaunlich, wie du hier die Opfer in der eigenen Gemeinschaft übersiehst. Hattest du in deiner Familie selbst keine? Und wenn, dann wäre noch die Frage wie du es für deine Nachbarschaft, deine Gemeinschaft und sogar eben auch für das ganze Volk siehst.

Ich habe da sehr viel Trauer.

Moshe

Klara
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Beitragvon Klara » 01.09.2007, 19:32

Hallo Moshe,

woher willst du wissen, was ich übersehe und was nicht? Ich habe mich nur gefragt, inwiefern ich als nachgeborene Überlebende nur insofern Schuld trage, als ich lebe. Das ist quasi eine metaphysische Frage.

Weder stünde es mir zu, Opfer zu zählen noch Leid gegeneinander aufzuwiegen. Auch wüsste ich nicht, was das brächte. Denn zumindest darüber dürften wir uns einig sein: Verbrechen (an den Menschen als solchen und an einzelnen) sind geschehen und geschehen weiter.

Klara

PS Nach meiner bescheidenen Zeitgeschichtskenntnis ging die DDR vor allem mit Hilfe von Gorbatschow (und allem, was das mitmeint) und einer wirtschaftlichen Katastrophe der "kommunistisch" regierten Länder unter. Da wird allerdings auch gern geschichtsgeklittert. Die wenigen Bürgerrechtler hätten niemals einen Betonstaat mit Betondenken erschüttern können. Nicht ohne die - nicht erbetene! - "Hilfe" des westlichen Kapitalismus.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 01.09.2007, 20:18

Liebe Klara!

Deine Antwort ist das beschämenste und traurigste, was ich je gelesen habe.

So eine Hartherzigkeit mit Begründung ist ein schon ein Zeitdokument, das über meiner Vorstellungskraft liegt.
Ich nehme es zur Kenntnis.

Nun denn

Moshe

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 01.09.2007, 21:34

Hallo zusammen,

kann das sein, daß hier jetzt aneinander vorbei geschrieben wird?

Als ich die Frage von Klara zur Schuld las, dachte ich, es ist die Frage nach der Kollektivschuld und die Frage, inwieweit die nachfolgenden Generationen die Schuld der Vorfahren mit übernommen haben, also quasi geerbt haben. Ob Schuld von Generation zu Generation weitergegeben wird, oder nicht.
Oder ob sich die Art der Schuld oder der Verantwortung von Generation zu Generation ändert.
War das nicht gemeint, mit der Frage nach der Schuld?
Wenn nicht, wie war es denn dann gemeint?
Insofern verstehe ich jetzt weder Klaras noch Moshes Antworten.

----

Ich persönlich finde den Text von Caty weder belehrend, noch moralinsauer, oder was sonst hier noch genannt wurde.
Es ist eine Art, sich diesem Thema zu näheren.
Genauso wie der Text von Reimerle ein Ansatz, eine Art ist, sich mit dem Thema zu befassen.

Die Verbrechen dieser Zeit -insbesondere die Vernichtung der Juden- in einem literarischen Text - sei es nun Prosa oder Lyrik- umzusetzen, ist eine gewaltige Aufgabe. Ich werde mich da nie ranwagen.
Angesichts dieses Verbrechen versagt die Sprache oftmals. Wie kann man etwas, was - wenn man sich insbesondere die Bilder vor Augen hält- so unfaßbar ist, so weit weg vom Menschlichen, in Worte fassen?
Jeder literarische Text steht vor der Aufgabe, die Verbrechen in irgendeinder Form faßbar zu machen. Die Worte reichen nicht so richtig aus. Wenn ich Bilder dazu sehe, bin ich fassungslos ob der dort gezeigten Taten. Die Umschreibung mit "fassungslos" ist im Grund auch schon unzureichend, dieses Wort "fassungslos" (mal als Beispiel) wird dem auch nicht gerecht. Ich kann es gerade nicht besser ausdrücken.

Die Frage nach dem "Warum, wieso konnte dies geschehen?" ist immer mit enthalten. Und diese Frage ist - abseits von historischen Fakten und Daten und den jetzigen Erkenntnissen- eigentlich noch nicht beantwort. Man weiß zwar mittlerweile so viele Fakten, aber die Frage "Warum, wie konnten Menschen dies nur anderen Menschen antun", ist eine Frage, die für mich trotz Sachwissens immer noch nicht beantwortet ist. Versteht jemand, wie ich das meine?

Die Problematik, diese Greultaten in Wort zu fassen - insbesondere in lyrische Worte- ist doch auch der Grund, warum es dazu immer wieder lyrische Texte geben wird, und auch geben sollte.
Es ist nicht immer wieder dasselbe oder schon etwas gesagtes, es ist immer wieder etwas neues.
Weil in jedem Text auch die persönlichen Herangehensweise des jeweiligen Autors enthalten ist, der sich damit ja auseinandersetzt.
Es ist nicht schon alles gesagt und geschrieben worden, meiner Meinung nach.

Und eher ich jetzt noch mehr schreibe, und am Ende noch bei dem berühmten Satz von Adorno zu diesem Thema lande, höre ich mal besser auf.

viele Grüße
Sethe
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 01.09.2007, 22:12

Hallo Moshe und Sethe,
Deine Antwort ist das beschämenste und traurigste, was ich je gelesen habe.

So eine Hartherzigkeit mit Begründung ist ein schon ein Zeitdokument, das über meiner Vorstellungskraft liegt.
Ich nehme es zur Kenntnis.


Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wovon du sprichst. Wessen klagst du mich an? Aufgrund welcher Äußerung?

Ja, Sethe, es ging um die Frage nach einer möglichen Kollektivschuld. Die ich dann auch trüge, wenn es sie gibt. Ich wäre dann Schuld, weil ich geboren wurde von Nachkommen von Tätern ("Täter" im Sinne von: Nichtverhinderern). Ich wollte eigentlich "nur" (ganz sachlich) auf einen Gedanken hinaus, der in dem Gedicht - möglicherweise ungewollt - versteckt zu sein scheint: dass das Nachdenken über Schuld der schreibenden Person gar nicht möglich wäre ohne die "Schuld" des eigenen Lebens. Es handelt sich um eine Frage.

Offenbar ist es nicht möglich, FRAGEND, SUCHEND, NICHTALLESWISSEND anhand eines zwiespältig aufgenommenen Gedichtes über das Thema zu sprechen, ohne die emotionale Keule übergehauen zu bekommen ("beschämend", "traurig", "hartherzig"). Was wäre, wenn ich gar nicht die bin, für die du mich jetzt gerade hältst, Moshe? Dann hättest du schon geschossen und hinterher erfahren, dass ich gar nicht die Böse bin, als die ich dir erschien? Was wäre dann? Du versuchst ja nicht mal zu hören, was ich sage - geschweige denn zu verstehen.
Ich finde es erstaunlich, wie du hier die Opfer in der eigenen Gemeinschaft übersiehst. Hattest du in deiner Familie selbst keine? Und wenn, dann wäre noch die Frage wie du es für deine Nachbarschaft, deine Gemeinschaft und sogar eben auch für das ganze Volk siehst.

Diese Betrachtungsweise "eigene Gemeinschaft" ist mir fremd. Was meinst du damit, Moshe? Unterscheidest du so etwas wie das jüdische und das arische Volk? Das wäre dann ein grotesker Sieg Hitlers.
Jeder in jedem Krieg Umgekommene ist tot.

Viele Grüße
Klara

Orit

Beitragvon Orit » 01.09.2007, 23:18

Hmmm "eigene Gemeinschaft" ... ???
z.B.: die tausenden und vielen tausenden Söhne in der Wehrmacht --tot oder schwer verletzt--... ist das nicht die eigene Gemeinschaft? Wo waren diese tausenden, die ihre Söhne verloren haben? Die eigene Familie, Nachbarn, Freunde ... sind sie nicht die eignen Gemeinschaft, für die man die meiste Trauer empfindet, wenn jemand sehr jung im Krieg getötet oder schwer verletzt wird?

Orit


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