kein denken an herbst

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 18.09.2007, 15:57

.




.
Zuletzt geändert von Niko am 07.06.2009, 17:04, insgesamt 3-mal geändert.

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 18.09.2007, 21:28

Hallo Niko,

leider verstehe ich deinen Text nicht.

Der Titel, scheint mir, widerspricht dem INhalt, weil der Text ja doch an den Herbst denkt, schon im Titel (ein Nicht-an-etwas-Denken ist ja zugleich ein An-etwas-denken, nur eben negativ - wenn du mit dieser Tatsache gespielt hättest, wäre es vielleicht verständlicher, oder hast du ja vielleicht, aber ich erkenne es nicht).

für sich genommen hübsch finde ich:

unter einer decke stecken
tausend beweggründe


Dann wirds mir zu mehrdeutig
an beiden körpern
kein grund sie zu decken

Sie stecken doch unter einer Decke? Man braucht sie also nicht zuzudecken, die Beweggründe? Oder braucht man sie nicht zu decken, mit der Pistole, wie einen Kollegen-Polizisten?

zwei finger breit
neben dem sternum
klopft unsterblichkeit
an meine haut

Das Sternum sticht hier unangenehm heraus, aber auch inhaltlich erschließt sich mir der Sinn nicht. Zwei Finger breit neben dem Brustbein liegt ja das Herz, nicht wahr? Wie kann da, auf die Haut überm Herz, Unsterblichkeit anklopfen? Das Herz ist doch das sterblichste, wenn es aufhört zu schlagen, ist Schluss!
schreibt ein finger
gedichte

Dann dieser Finger... (wieder "Finger" übrigens, kurz nach Fingerbreit). Wie soll ich mir vorstellen, dass ein einzelner Finger Gedichte schreibt?

Und was soll diese Dach?
über abenteuer^lust?

Es wirkt auf mich ebenso albern wie die unvermittelten Mäntel am Schluss. Als hätte ein Kind geschrieben, das noch nicht schreiben kann.

Tut mir Leid, dass ich damit nichts anfangen kann.

Lieber Gruß
Klara

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6765
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 18.09.2007, 21:32

(Zudecken vielleicht nicht, aber möglicherweise aufdecken?)

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 18.09.2007, 21:36

(Zudecken vielleicht nicht, aber möglicherweise aufdecken?)

das wort "decken" umfasst vieles, aber nach meinem verständnis nicht "aufdecken", sondern nur dessen gegenteil: zudecken, abdecken, bedecken, decken im oben beschriebenen sinne, decken im hunde/pferdesinn (aber das ist ja wahrscheinlich abgeleitet: hengst be-deckt stute, der hund die hündin). auf-decken - nein. dann müsste aufdecken da stehen.

Niko

Beitragvon Niko » 18.09.2007, 21:38

hallo ihrs!
danke für eure rückmeldungen! pjotr hats schon angedeutet: sternum ist das brustbein. da das wort aber auch "stern" beinhaltet gefiel es mir in dem kontext wesentlich besser. ich überleg mir das, leonie, bezüglich der ersten strophe ernsthaft. aber das braucht zeit. ich bitte um verständniss. ich kann das so schnell nicht übern haufen schmeißen. ok? dank auch fürs "gut durchkomponiert", mucki!
lieben gruß: Niko
PS: danke, lisa!

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.09.2007, 21:40

"kein grund sie zu decken" : kein grund sie zu verheimlichen? zu verbergen? nicht zuzulassen? zu ignorieren?

s.

Niko

Beitragvon Niko » 18.09.2007, 21:43

hallo klara!
es musst dir nicht leidtun, dass du damit nichts anfangen kannst, klara. manchmal ist das so. du verstehst aber sicher auch, dass es keinen sinn macht, jemandem einen text zu "erklären" der ihn ohnehin nicht erreicht. oder?
lieben gruß: Niko

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 18.09.2007, 21:46

"kein grund sie zu decken" : kein grund sie zu verheimlichen? zu verbergen? nicht zuzulassen? zu ignorieren?

Ja schon, Scarlett, aber erstmal stecken ja die Beweggründe unter einer Decke (schönes Bild). Und zwar an den Körpern! Und da gibt es keinen Grund sie zu decken...??

Ich stehe auf dem Schlauch. Bin ich jetzt zu dumm - oder ist der Text unverständlich? Offenbar versteht es ja hier jeder außer mir...

es musst dir nicht leidtun, dass du damit nichts anfangen kannst, klara. manchmal ist das so. du verstehst aber sicher auch, dass es keinen sinn macht, jemandem einen text zu "erklären" der ihn ohnehin nicht erreicht. oder?

Verstehen, verstehen... ich versteh ja eben gar nix.
Ein kleiner Hinweis wäre schon nett.
Ich heuchle so ungern Verständnis, und mag auch nicht um "Verständnis" gebeten werden, das quasi vorausgesetzt wird. "Wir bitten um Ihr Verständnis, der Zug hat leider 20 Stunden Verspätung, das verstehen Sie doch sicher?"
Nein, ich verstehs nicht!

Lieber Gruß und gute Nacht erstmal
Klara

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.09.2007, 21:53

Na eben, wenn man eh schon unter einer Decke steckt, braucht man sich ja nichts mehr vorzumachen, sich nicht zu zieren, alles zuzulassen ... Es ist dieses Wortspiel, das ich grad so toll finde.

Ja, für 20 Stunden Verspätung hätt ich auch kein Verständnis mehr, liebe Klara ;-)

Schlaf dann mal gut und kein Grund zur Sorge.

Herzlichst,
scarlett

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6765
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 18.09.2007, 21:55

scarlett hat geschrieben:"kein grund sie zu decken" : kein grund sie zu verheimlichen? zu verbergen? nicht zuzulassen? zu ignorieren?

s.


(Ja, so meinte ich es. Nicht wörtlich "aufdecken" [das war nur ein Kontra auf "zudecken"], sondern einfach "weg mit der Decke".)

Benutzeravatar
Sethe
Beiträge: 648
Registriert: 20.07.2007
Geschlecht:

Beitragvon Sethe » 18.09.2007, 22:04

scarlett hat geschrieben:Na eben, wenn man eh schon unter einer Decke steckt, braucht man sich ja nichts mehr vorzumachen, sich nicht zu zieren, alles zuzulassen ... Es ist dieses Wortspiel, das ich grad so toll finde.



Ja, aber nicht nur untereinander, sondern auch vor anderen.

Bei "zu decken" habe ich zuerst an den Sprachgebrauch bei kriminalistischen Fällen gedacht. A deckt B, als B verdächtigt wird, irgendetwas schlimmes getan zu haben.

Hier in dem Text gibt es aber eben nichts, wo jemand irgendjemanden in diesem Sinne "decken" muß.

Deshalb auch kein Denken an Herbst. Herbst steht ja auch für ziemlich viel Melancholiem Traurigkeit etc. (für meinen Geschmack zu viel), das Beginn eines Endes.

Bei der hier beschriebenen Situation trifft das nicht zu. Eher das Gegenteil.

Ähm, so in der Art verstehe ich das.

Dieses Dingsda, dieses Dach in Abenteuerlust gefällt mir ehrlich gesagt nicht so. Das wirkt in der Stimmung, die erzeugt wird, wie ein Fremdkörper.

viele Grüße
Sethe
Zuletzt geändert von Sethe am 18.09.2007, 22:09, insgesamt 1-mal geändert.
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 18.09.2007, 22:07

Lieber Niko,

Ich finde den Text lebendig, beweglich. Und nun versuche ich dahinter zu kommen, was er für mich meint.



kein denken an herbst
Also es gibt wohl was wichtigeres zu denken, auch wenn draußen der herbst ist. LI weiß, dass er da ist, hat aber was anderes im Kopf.

unter einer decke stecken
tausend beweggründe
an beiden körpern
kein grund sie zu decken

LI und DU sind im Bette. Aber es gibt durch die Liebe (tausend beweggründe) sich nicht zu verstecken (zu decken)
Dass du 2x gründe/grund hier hast, ist absicht, oder? sonst könnte "grund" auch "anlass" heißen z.B.

zwei finger breit
neben dem sternum
klopft unsterblichkeit
an meine haut

das Herz, klar. unsterblich nicht im physischen Sinne, sonderm im Sinne
der Liebe meiner Meinung. Du könntest hier vielleicht auch drei Zentimeter neben dem Sternum schreiben, falls die Doppelung von "finger" nicht beabsichtigt sein sollte.

schreibt ein finger
gedichte

Wahrscheinlich Liebesgedichte auf nackte Brust. Schön!

über abenteuer^lust
und mäntel

aha, der Finger schreibt doch keine Liebesgedichte,
sondern über diese abenteuerliche (vielleicht verbotene?) Lust
in dem Bett und nun eben doch auch über den Herbst vor dem Fenster (Mäntel).

Das gefällt mir Niko!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6765
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 18.09.2007, 22:20

Ach so! Ich glaube, Klara las buchstäblich "kein grund sie zuzudecken" anstatt "kein grund sie zu decken". Ein "zu" zuviel.


Edit: Also bevor ich jetzt völlig wirr werde ... ich lese: "kein Grund, die Körper unter der Decke zu lassen".


Edit 2: Oder statt Zentimeter: ein Zoll weit.

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 18.09.2007, 22:54

Pjotr hat geschrieben:Edit: Also bevor ich jetzt völlig wirr werde ... ich lese: "kein Grund, die Körper unter der Decke zu lassen".


So lese ich es auch, Pjotr.

Zoll ist schöner als Zentimeter, ja.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Gast

Beitragvon Gast » 19.09.2007, 01:48

Lieber Niko,
ich weiß nicht, ob ich es verständlich machen kann, warum ich bei diesem Gedicht nicht das Gefühl habe, es sei ein gutes - wie es dein "abgespult" m. A. n. ist.
Ich will es versuchen:
Mir drängt sich sofort der Gedanke an eine "Konstruktion" auf. (Man kann auch aus dem Bauch heraus konstuieren) ;-)
So, als sei dir dieser Ausspruch: "unter einer Decke stecken" durch den Kopf geschossen, und du habest überlegt, wie du ihn für einen Text, eine Wortspielerei verwenden könntest.
Möglich dass du durch aufkommende Kühle spürtest, während diese Idee heranreifte ein Gedicht draus zu machen, dass es langsam Herbst wird. Ferner, dass dich der Gedanke daran, dass zwei unter einer Decke wenn man den Ausspruch wörtlich nimmt, etwas anders bewegt, als der Herbst es tut ...
Soweit erst einmal meine Spekulation zu Vers 1.

NJKahlen hat geschrieben:
kein denken an herbst


unter einer decke stecken
tausend beweggründe
an beiden körpern
kein grund sie zu decken


Was habe ich als Leser vor mir?
Außer dass mich das in Z.4 unglücklich verwendete "decken", abschreckt.
(leider muss ich sofort an einen Deckakt denken) fehlt mir Substanz in den 3 zeilen vorher, die diesen Gedanken, möglicherweise hätten sie diese, gar nicht erst aufkommen lasssen würden.
Also verlange ich mehr vom Text, als einen Geistesblitz, der meiner Meinung nach bei näherer Betrachtung nicht wirklich Funken sprüht.

Beim 2. Vers, also Z 5-11, hoffe ich, auch ohne jemals Asterix gelesen zu haben, dass ich eine Deutung finde.

Ein wagemutiger Sprung, der Wechsel in der Betrachtung, vom Beobachter = Erzählich zum Lyrich. Jedenfalls empfinde ich das so.

NJKahlen hat geschrieben:zwei finger breit
neben dem sternum
klopft unsterblichkeit
an meine haut
schreibt ein finger
gedichte
über abenteuer^lust
und mäntel


Jetzt ist Lyrich offenbar unter die Decke von Vers 1 geschlüpft und sinnt über die Unsterblichkeit, in dem es die Finger neben das Brustbein der Geliebten legt ... Obwohl der Herbst ins Land zieht, Denken an Unsterblichkeit (Liebe) und die Decke, die vielleicht doch eigentlich nur eine Metapher sein soll für etwas, das im verborgenen geschieht? Das Schreiben vielleicht?
Na, und dann kommt eben die Abenteuerlust, die sich beim Schreiben entwickeln kann und der Mantel, hm vielleicht ersetzt er die echte Decke.

Ich habe versucht, alles, was mir einigermaßen plausibel erscheint zu filtern, für mich ans Licht zu ziehen, weil ich dachte, vielleicht täuscht mich der Eindruck und es öffnet sich eben doch etwas in diesem Text, das durchgängig als Intention, Idee und/oder Aussage mich letztlich positiv überrascht.
Wahrscheinlich bist du ein wenig enttäuscht, dass ich deinen Text so auseiander gedröselt habe.
Aber ich bin auch enttäuscht, kann ich doch hinter den geschickten Worten nicht das finden, was zu mir spricht.

Jedem andern würde ich raten, liegen lassen ausarbeiten, es sind gute Ideen, die es zu unterfüttern lohnen könnte, aber ich weiß wohl, dass das für dich nicht das Richtige ist.

Liebe Grüße
Gerda


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 49 Gäste