vergehen II - IV

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 01.10.2007, 00:02

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, dass ihre Texte gelöscht werden. Dieser Bitte kommt die Administration nach.
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Sethe
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Beitragvon Sethe » 01.10.2007, 20:47

So aber nü...

Hallo Gerda,

ich bin erstmal froh, daß ich den Text Vergehen II wieder gefunden habe. Ich hatte ihn gelesen, dann hattest Du ihn das erste mal verschoben, ich wollte zwischen zwei Niesanfällen am Wochenende etwas dazu schreiben, fand den Text aber nicht mehr wieder, und dann war er wieder entschwunden.
Ich dachte schon, er wäre ganz weg. Zum Glück nicht.

Vergehen II finde ich klasse.
Es ist einer der wenigen Texte, bei denen ich auf Anhieb vor meinem geistigen Auge die Situation, die es beschreibt, ganz klar sehen und sogar als Nichtdichterin von lyrischen Texten nacheimpfinden kann.

Ich war am anfang etwas irrtiert von der Reihenfolge der Zeilen in Strophe 1, weil "spitze ich den stift an" in der Mitte steht, also entgegen der logischen Reihenfolge. Aber mit der jetzt eingefügten Überschritt " kopfschüttelnd resignierend" paßt es wunderbar, so wie es ist. Weil die Situation, die beschrieben wird, ist nicht unbedingt logisch zu erklären. Verstehts Du, wie ich das meine?

Der Einschub "worauf ich bloß achte- " ist - ja ich schreibe es mal so- einfach nur genial plaziert. Ich spreche Texte beim Lesen auch vor mich hin. Vielleicht spreche ich den Text anders als Du, aber dieses "worauf ich bloß achte- " kommt mir beim Sprechen ernsthaft aus dem Herzen.

Bei den drei Schlußzeilen bin ich hin und weg.

In der Version, die Du zuerst eingestellt hattest, waren, wenn ich mich recht erinnere, einige Wörter großgeschrieben. So auf den ersten Blick ohne Sinn, mal das eine, mal das andere Wort. Ich dachte zuerst, da dieser Text aus dem lyrischen Dialog stammte, kam dies eben aus der Situation heraus. Je mehr ich aber darüber nachdachte, fand ich das passend. Es machte die Betonung anders, aber nahm nicht dem Gesamtbild seine Wirkung.

Vergehen III:

Dieser Text berührt mich auch stark. Ich bin mir aber noch nicht sicher, warum genau. Ganz habe ich zudem noch nicht das "argwöhnisch" einordnen können. Für mich stehen die drei letzten Zeilen irgendwie im Widerspruch zu den vorherigen Zeilen. Mir ist nicht ganz klar, was den Argwohn erzeugt. Es wurde ja schon abgezählt und es gibt keine Gutschrift für schlechte Tage (tolle Zeile, die mit der Gutschrift) und dann kommt dann trotzdem noch der Morgen mit einer unbeglichenen Rechnung? Ist darauf gehofft worden, daß nach dem Abgezählt nichts mehr passiert?

Bei Vergehen IV muß ich leider vorerst das Handtuch schmeißen.

Bei den letzten drei Zeilen und dem Schlußappell mußte ich grinsen. Gefällt mir. (Vielleicht wäre eine Leerzeile zwischen "appell" und Deinem copyright nicht schlecht, das "appell" überliest man im Moment schnell).

Aber der Rest von Vergehen IV erschließ sich mir leider noch nicht. Es verwirrt mich, auch wegen der Überschrift "ironisch". Ich bin noch etwas ratlos.

So das war es erstmal von mir.

viele Grüße
Sethe
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.10.2007, 23:17

Liebe Gerda,

das ist ein feiner Zyklus.

Ich sehe ein LI, eine Frau, die in II um etwas ringt, zugleich aber die Hoffnung auf Änderung in sich niederschlägt.

In III steigt die Verbitterung, die mit Leere einhergeht, und wie der Titel sagt, Misstrauen sich selbst, dem Leben gegenüber.

In IV entsteht ein gewisser Galgenhumor, fast ein bisschen durchgedreht wirkt das LI hier auf mich. Der Titel trifft es für mich nicht, Ironie ist mir zu sanft für den Zustand, eher zynisch kommt mir in den Sinn.

Wobei die Titel wie ich fnde, zu starke Hinweise auf die Befindlichkeit des LI geben, wäre nicht nötig, denn es steht in den Zeilen drin. Das finde ich sehr gut geschrieben, weil es eben gut zu fühlen ist, auch ohne die Vorgabe.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Gast

Beitragvon Gast » 02.10.2007, 14:53

Liebe Sethe,

es tut mir leid, dass ich dir Umstände bereitet habe. :confused:
Du hast mir eine große Freude mit dem intensiven Besprechen meiner Texte gemacht. :smile:
Eigentlich möchte ich Vergehen II in Kleinschreibung belassen, weil die Texte optisch auch eine gewisse Einheit bilden sollen. Da musste ich mich entsheiden.
(Aus diesem Grund habe ich "Vergehen (I)", was schon unter Kurzlyrik besprochen wurde auch Außen vor gelasssen.
Wie wäre es, wenn ich die Zeile "worauf ich bloß achte- " kursiv setzen würde? Ich machs mal.
die Kleinschreibung möchte ich ungern missen.

Zu Vergehen III: Du hast richtig erkannt, es geht "Ums sich Verrechnen im Leben". Die Dinge und Gednaken kommen und gehen, (Ewig ist nur der Wechsel) und oft denkt man doch, es ist alles gelaufen und dann kommt noch was nach.
das "argwöhnisch" bezieht sich auf die scheinbare Ruhe, aber eben in Erwartung eines "Hinterhalts".

Vergehen IV ist ein assoziativ geschriebener Text, den ich nicht erklären kann und möchte. Nicht notwendigerweise logisch, aber bildhaft, abgedreht und ich denke er funktioniert nicht nur bei mir. :rolleyes:

Danke für den Hinweis auf die Setzung bei "appell".

Herzlichen Dank für deine intensive Beschäftigung.

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 02.10.2007, 15:14, insgesamt 2-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 02.10.2007, 15:08

Liebe Elsa,

vielen Dank fürs Lesen und für: "Das ist ein feiner Zyklus".

Komisch, wie es geschehen kann, dass einem derart unterschiedliche Texte zu einem "Dachthema" zufallen können ...
Aber der Lyrische Dialog ist manchmal wie eine "Werkstatt" für mich.
Oder auch Impulsgeber, Inititator. (Ich meine natürlich, die anderen Texte sinds eigentlich).

Ich weiß noch nicht ob ich die Untertitel weglasse .. ich brauche sie im Moment für mich ;-)
Wahrscheinlich kann ich bald drauf verzichten.
Möglich, dass das zu erklärend wirkt, eine Schwäche, ich gebe es zu, ;-) die mir bei fremden Texten sofort ins Auge sticht.

Vergehen IV ist ein völlig abgedrehter (meinetwegen auch durchgeknallter) assoziativ geschriebener Text, der den Leser entweder trifft - anspricht - oder nicht. Macht nix.

Meine Intetion ist vielleicht eine ironisch sarkastische, keine zynische, das wäre nochmal eine Stufe weiter.

Nochmal ein erfreutes "Danke".

Liebe Grüße
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 02.10.2007, 16:59

Liebe Gerda,

Das mit den Untertitel kann ich verstehen, aber ich habe gerade von dir gelernt ... :-)

Ich finde es auch überraschend, wie Texte sich verzahnen können, obwohl es ursprünglich nicht so geplant war.

Nummer IV gerade gefällt mir besonders gut. Ein abgehobener Text, ungewöhnlich, unverbraucht, dabei nonchalant aus dem Ärmel geschüttelt und eben etwas zwischen Ironie und Zynismus, da wäre Sarkasmus, wie du sagst, am ehesten passend. Oder aber "abgedreht" gefiele mir ausgezeichnet als Untertitel.

Lieben Gruß
ELsa
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Sethe
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Beitragvon Sethe » 02.10.2007, 19:53

Hallo Gerda,

nochmal ich.

Nein, Du hast mir kein Ungemach bereitet. Ich verlaufe mich doch in diesem Forum jeden zweiten Tag, denn ich kann mir einfach nicht die einzelnen Rubriken merken.

das "argwöhnisch" bezieht sich auf die scheinbare Ruhe, aber eben in Erwartung eines "Hinterhalts".


Logisch, da hatte ich aber ein kleines Brett vor dem Kopf. Danke für den Abriß des Brettes vor meinem Kopf.

Da die Untertitel alle kursiv sind, setzt sich für mich das "worauf ich bloß achte" jetzt nicht mehr so gut ab. Irgendwie geht es etwas unter. Beim Lesen, nicht beim Sprechen.

Zur Klein-Großschreibung noch etwas. Mir gefiel Vergehen II auch mit der Großschreibung. Aber wenn jetzt nur ein Text der drei Texte mit einer teilweisen Großschreibung aufwartet, würde der Gesamteindruck zu unruhig, zu unharmonisch. Alle Texte für sich alleine aber noch mehr in Verbindung zusammen, strahlen eine Harmonie aus, eine Gelassenheit (ich weiß klingt komisch wegen der Inhalte, ist aber so), nonchalant wie Elsa schrieb aus dem Ärmel geschüttelt im positiven Sinne wirken sie auch, und sie strahlen Authenzität aus, nichts wirkt gekünstelt. Ein Text dazwischen mit einer Großschreibung würde - so denke ich jetzt- dieses Gesamteindruck etwas ankratzen.
Kleinschreibung ist besser. Doch, definitiv die bessere Entscheidung.

Apropos Untertitel.
Die drei Texte sind ein Paket - pardon Zyklus nennt man das wohl in der Lyrik- , sie gehören zusammen. Zwar könnte man jedes für sich auch alleine stehen lassen, aber zusammen erzeugen sie eine größere Wirkung.
Die Untertitel empfinde ich als Leserin nicht als erklärend, sondern vielmehr als den Gesamteindruck noch verstärkend. Hach, jetzt habe ich es: die Untertitel sind auch ein verbindendes Element.

Zu Vergehen IV.
Gut, daß Du selber das Wort durchgeknallt benutzt hast ;- )
Bis auf die letzten beiden Strophen finde ich den Text nämlich ziemlich schräg.

Aber, in Verbindung mit der Anordnung der Texte paßt das schräge wieder.
Ähm, ich drücke das jetzt mal etwas salopp aus, was mir bislang zur Anordnung der Texte durch den Kopf geht:

Vergehen II das resignierende Kopfschütteln, aber nicht ohne Hoffnung. Dann in Vergehen III wird noch eins draufgesetzt, im negativen Sinne, und dann mit Vergehen IV der "Rundumschlag", nach dem Motto: So ihr "lieben" Zweifel, du resignierendes Kopfschütteln und auch du Argwohn, jetzt könnt ihr mir mal getrost den Buckel runter rutschen, ab zum Appell und es wird getan, was ich sage!. So in der Art.

Wenn ich mir jetzt vorstelle, die Texte stehen untereinander, hätte es nicht diese Effekt. Das Vergehen III steht ja außerhalb, im gewissen Sinne eingerahmt von den resignierenden Kopfschütteln aber mit Hoffnung und dem Vergehen IV, welches damit dem Argwohn endgültig an den Rand drängt, bzw. drängen sollte.

Ich gebe zu, jetzt habe ich meine Gedanken ziemlich freien Lauf gelassen, und es könnte sein, daß ich damit ziemlich schief liege.

viele Grüße
Sethe
Zuletzt geändert von Sethe am 02.10.2007, 20:48, insgesamt 1-mal geändert.
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.

(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.10.2007, 20:14

Hallo Sethe,

ich finde deine Interpretation klasse. Sie hat mir die Augen geöffnet *ggg* Ja, da nicke ich dir, Gerda, heftig zu. Und jetzt kapier ich auch Vergehen IV, ha! Klasse :richtig:
Saludos
Mucki - jetzt ohne Brett vorm Kopf

Gast

Beitragvon Gast » 02.10.2007, 22:33

Liebe Sethe,

Klasse, ich muss dich zu deiner wunderbaren Interpretation einfach mal richtig beglückwünschen. :blumen:
Du liegst nicht schief, wie könntest du auch, wenn sich die Texte für dich so aufschlüsseln.
Ich danke dir sehr. :smile:

Liebe Mucki,

da freue ich mich natürlich sehr, dass du durch Sethes tolle Ausführungen den Zugang zu den Texten gefunden hast. :smile:

Liebe Elsa,

mal schauen, vielleicht dann doch "abgedreht" statt, "ironisch-sarkastisch" ... oder vielleicht auch gar nichts ... :rolleyes:

Jedenfalls danke ich euch allen herzlich.

Liebe Abendgrüße
Gerda

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Beitragvon Elsa » 02.10.2007, 23:00

Liebe Gerda,

Oder vielleicht garnichts, genau! Als aufmerksamer Leser spürt man's eh.

Lieben Gruß
ELsa
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