Gewitter sein

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 03.05.2006, 15:16

Nie wieder
unter der
Glocke leben.

Du verteiltest die Rollen.
Ich sollte der
Sonnenschein sein.

Du warst der Nebel.
Dick und düster
lastender Dunst,
in dem ich mir selbst
verloren ging.

War gar nicht so leicht
sich durchzugraben.
Erde zwischen den Fingern
Dreck im Gesicht.

Doch drüben
dufteten Rapsfelder
mir entgegen.
Ein Schmetterling taumelte
über den Blüten.

Und ich
durfte endlich
Gewitter sein.


Erstfassung:

Nie wieder
unter der
Glocke leben.

Du verteiltest die Rollen.
Ich sollte der
Sonnenschein sein.

Du warst der Nebel.
Dick und düster
lastender Dunst,
in dem ich mir selbst
verloren ging.

War gar nicht so leicht
sich durchzugraben.
Erde zwischen den Fingern
Dreck im Gesicht.

Doch drüben
dufteten Rapsfelder
mir entgegen.
Ein Schmetterling taumelte
über den Blüten.

Und ich
durfte endlich
Gewitter sein.

Sturm, Reif, Hagel, Schnee.

Und manchmal
ein Regenbogen
vor dunklen Wänden.
Zuletzt geändert von leonie am 03.05.2006, 20:52, insgesamt 1-mal geändert.

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 03.05.2006, 17:07

Ich finde dieses Gedicht sehr gut.

Doch ich würde hinter

"Und ich durfte endlich Gewitter sein"

schließen. Was danach kommt, schwächt nur wieder ab.

Gruß
Frank

scarlett

Beitragvon scarlett » 03.05.2006, 19:10

Hallo Leonie,

ich finde deine Zeilen einfach wunderbar- ich kann mich darin perfekt wiederfinden. Die Bilder klingen nach, das Rapsfeld breitet sich förmlich vor mir aus... man sieht Farben und spürt die Schwere der Arbeit und auch die Wut des Lyrichs bei dieser Arbeit, sich endlich selbst zu befreien.
Das Aufatmen, das Befreiende ist fast physisch spürbar....

Franks Meinung, das Gedicht mit der Zeile
"Und ich durfte endlich Gewitter sein"
enden zu lassen, stimme ich völlig zu.
Er war "schneller" :smile:

Sonnige Abendgrüße,

scarlett

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leonie
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Beitragvon leonie » 03.05.2006, 20:54

Lieber Frank, liebe scarlett,

danke für Eure Hinweise. Das Gedicht ist noch jung und der Abstand fehlte. Mir hat das sofort eingeleuchtet mit dem Schluss, und ich habe es geändert!
Finde es jetzt selbst viel besser so!!!!

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.05.2006, 21:01

Hallo leonie,
das ganze Bild gefällt mir, es ist zudem gut durcherzählt. Gewitter möchte ich auch mal sein :grin:

Allein zu dieser Stelle :

Doch drüben
dufteten Rapsfelder
mir entgegen.
Ein Schmetterling taumelte
über den Blüten.


1. Ich würde ordnen:

Dort drüben
dufteten mir
Rapsfelder
entgegen

(Ich finde den Syntax einfach lesbarer, auch wenn Rapsfelder dann nicht am Ende der Zeile steht)

2. Ich bin mir nicht sicher, ob ich taumeln passend finde oder nicht. Schmetterlinge taumeln für meine Begriffe nicht, auch wenn das taumeln etwas Freies hat.

Louisa

Beitragvon Louisa » 03.05.2006, 22:13

Hallo leonie !

Ich mag Deine Gedichte sehr, auch dieses gefällt mir (schon der Titel donnerte auf mich zu).

Aber, liebe Kollegin, wieso und wo haben Sie sich denn da durch die Erde gegraben wie ein Regenwurm ?

-Das konnte ich noch nicht entschlüsseln.

Ich würde es aber bei der alten Satzstellung belassen, ich finde das klingt besser (Pardon, Lisa.) -

Dieses Werk weckt wehmütige Kindheitserinnerungen in mir. (Schnief, schnief...) Da mein erstes Gedicht (ein feierlicher Moment...)
"Wenn die Rapsfelder blüh´n" hieß.
Zum Glück gab es da dieses Forum noch nicht O:) .

Das etwas entgegen duftet = wunderbar!

Frühlingsgrüße, louisa

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Beitragvon leonie » 03.05.2006, 22:40

Liebe Lisa und Louisa,

ich werde mir das Ganze morgen nochmal vornehmen zum Überdenken.
Louisa, die Glocke war aus bruchfestem Glas ohne Türen und Fenster. Durchgraben hat für mich außerdem was von "ergründen". Ohne das geht es nicht, wenn man (oder frau) sich befreien will.

Liebe Grüße für heute

leonie

Louisa, klar sollst Du selbst entscheiden über Deine Texte, aber bitte, bitte, lösch sie nicht zu früh!!!!

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leonie
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Beitragvon leonie » 04.05.2006, 17:49

Da bin ich wieder,

nach einigem Überlegen heute bleibe ich erstmal bei der ursprünglichen Fassung, mir gefällt sie auch besser.

Liebe Grüße und danke nochmal!

leonie


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