Die Malerin (überarbeitet)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 02.05.2006, 15:23

Die Malerin

Im Abendlicht
tropft Farbenduft
von der alten Staffelei.

Den Blick im Bild verloren
durchstreift sie Sehnsuchtsräume,
und den Wald hinter der Stirn -

Bevor die Schleier fallen
und Worte neu erwachen,
setzt sie den letzten Pinselstrich.


Die Malerin

Im tränenden Abendlicht
tropft ein leichter Farbenduft
von der alten Staffelei.

Den Blick im Bild verloren
erträumt sie Sehnsuchtsräume
und den Wald hinter der Stirn.

Bevor die Schleier fallen
und Worte neu erwachen
setzt sie den letzten Pinselstrich.



scarlett, 2006
Zuletzt geändert von scarlett am 06.05.2006, 07:18, insgesamt 3-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.05.2006, 10:44

Hallo scarlett,

ich werd alles ganz gespannt verfolgen :grin:

Max

Beitragvon Max » 04.05.2006, 16:48

Liebe Scarlett,

ich kann leider die Kritiker ein wenig verstehen.

Es tränt und träumt und tropft (was als Alliteration ja sehr schön ist, aber inhaltlich leider schon besetzt) sehr viel in Deinem Gedicht. Da ich Deine Sprachfähigkeit schätze, vermute ich, dass Du bewusst diese Stimmung erzeugen wolltest und dann ist es einfach nur eine Frage dessen, dass mein Geschmack in diesem Fall wohl nicht der Deine ist.

Liebe Grüße
Max

scarlett

Beitragvon scarlett » 05.05.2006, 21:38

Na denn, lieber Max und alle anderen....
ich hoffe, es tränt und träumt und tropft jetzt weniger... :grin:

Abendgrüße,

scarlett

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Beitragvon leonie » 05.05.2006, 22:26

Liebe scarlett,

für mich hat die neue Fassung an Intensität verloren. Ich fand die andere stärker, abgesehen von manchen Adjektiven. Wenn man sie weglassen würde, würde dem Leser mehr Freiraum für seine Phantasie gelassen. Und auch dann tropfte es nur noch und tränte nicht mehr.
In der zweiten Strophe wird es durch die zwei Verben für mein Gefühl eher schwächer als stärker. Und in der dritten Strophe fand ich gerade nach Deinen Erläuterungen den Vers mit den Worten sehr stark.
Meine Lösung wäre, wieder nur als Vorschlag:

Im Abendlicht
tropft Farbenduft
von der alten Staffelei.

Den Blick im Bild verloren
durchstreift sie Sehnsuchtsräume
und den Wald hinter der Stirn.

Bevor die Schleier fallen
und Worte neu erwachen
setzt sie den letzten Pinselstrich.


In jedem Fall hast du mit Worten ein sehr eindrückliches Bild gemalt, Kompliment!

Liebe Grüße

leonie

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 05.05.2006, 22:48

Meine ehrliche Meinung:

Ein praktisches Beispiel von Verschlimmbesserung :???: .

Jetzt tropft tatsächlich das Abendlicht...

Also, die erste Strophe ist nicht wirklich besser.
Die zweite und dritte finde ich aber in der neuen Version wesentlich schlechter als in der alten.

Da stimme ich mit leonie überein: die erste Version ist besser als diese neue.

Warum läßt du dir nicht mehr Zeit?

Ich gewinne den Eindruck, du setzt dich da selbst unter Zeitdruck. Warum eigentlich?

Na ja, und ein weiterer Eindruck ist leider der: du versuchst, es jedem, der kommentiert irgendwie recht zu machen - denn alle Anmerkungen wurden irgendwie von dir verarbeitet/bearbeitet.
Damit tust du dir selbst und dem Gedicht aber keinen Gefallen, scarlett.

Wenn ich eine Sentenz kritisiere, so wie das Tropfen, dann ist das eine Meinung von mir. Ich habe auch versucht, zu begründen, wo ich die Schwäche sehe - nun hast du da was geändert, die Schwäche aber nicht ausgemerzt - denn jetzt hat Gerda mit ihrer Kritik zur Erstversion noch mehr recht, was die neue Version betrifft.

Lisa hat, glaube ich gefragt: wieso Worte?
Also sind die Worte jetzt futsch in der neuen Version.

usw.

Gruß
Frank

PS: leonies Vorschlag zur ersten Strophe gefällt mir, es tropft zwar noch, tränt aber nicht mehr - da sehe ich die Schwäche ausgemerzt, die ich im ersten Kommentar beschrieb.
Die zweite und dritte Strophe fand ich so stark, daß ich das gelassen hätte (auch leonie hat da die erste Version wieder aufgegriffen).

Keine operative Hektik - lasse dir lieber Zeit. Mein Tip.

scarlett

Beitragvon scarlett » 06.05.2006, 07:27

Hallo Leonie, Frank

zunächst mal, ich weiß nicht, warum ich in diese "operative Hektik" verfallen bin :smile: - Ihr habt beide recht- was die neue Version angeht.

Manchmal sieht man/frau wirklich den Wald vor lauter Bäumen nicht, liebe Leonie - deinen Vorschlag für die erste Strophe hab ich übernommen, lieben Dank. Eigentlich ist es ja genau das, was ich wollte aber nicht gesehen habe, wie schon gesagt. Ich hatte wohl auch deine "Kritik" bzgl. der Adjetive nicht wirklich aufgenommen, hatte ich sie überhaupt richtig gelesen??? :-s

Nun gut, ich werde jetzt diesen Text absolut ad acta legen - und vielleicht irgendwann einen ganz anderen zu diesem Thema schreiben... :grin:
Das fällt mir oft leichter...

Lieben Dank für die ehrliche Meinung und Grüße,

scarlett

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leonie
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Beitragvon leonie » 06.05.2006, 11:05

Liebe scarlett,

ich finde das Gedicht wirklich wunderbar so, wie ein Gemälde, ich habe es richtig vor Augen.
Ad acta klingt für mich so nach Versenkung. Dort sollte es auf keinen Fall verschwinden.

Aber vielleicht hilft ein bisschen Abstand, um zu überprüfen, ob es so Deins ist, wie Du es Dir vorgestellt hast. Und es sonst in Deinem Sinne zu überarbeiten.

Ach, ich kenne diese operative Hektik sooo gut, auch diese Impulse, in solchen Momenten mehr auf die andern zu hören als auf sich selbst. Aber man kann nichts erzwingen. Es kommt von selbst. Wenn die Zeit da ist. So erlebe ich es jedenfalls oft, und das finde ich das Wunderbare am Schreiben.

Liebe Grüße

leonie


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