Judasliebe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 07.05.2006, 10:10

Judasliebe


Wie konnten wir nur glauben
unsere Liebe würde ewig dauern
Noch bevor sich die Sonne
auf das Kissen der Nacht legte
haben wir sie verraten
an das Misstrauen, den Kleinmut
und an die Gleichgültigkeit

Wie konnten wir nur erwarten
unsere Gefühle wären unvergänglich
Sie zeigten sich genauso flüchtig
wie das Leben selbst
Jetzt bleibt uns nur die Erinnerung
an die Unbeschwertheit, den Glauben
und an die Hingabe

Louisa

Beitragvon Louisa » 07.05.2006, 14:01

Hallo Perry!
In letzter Zeit übertrumpft man sich hier ja mit religiösen Motiven. Ich trumpfte eigentlich auch, wenn man an den Apfelbaum denkt O:) .

Was mir am besten gefällt ist die Sonne, die sich auf´s Nachtkissen schlafen legt. Habe ich noch nie gelesen. Sehr gut!

Ansonsten sind mir da wieder zu viele große Worte, die ein weites Echo schallen.

Misstrauen, den Kleinmut
und an die Gleichgültigkeit


Kleinmut ist eine gute Idee, trotzdem fehlen da Bilder und Adjektive, damit ich denke: "Interessant."

genauso flüchtig
wie das Leben selbst


Leider schon zu oft gelesen. Aber da fällt Dir bestimmt noch ein Bild ein. Was ist denn noch flüchtig ? Außer Gefühlen und dem Leben?
-Dann ist es wieder perfekt!

Unbeschwertheit, den Glauben
und an die Hingabe


Ja, ich weiß, Verbindung zum biblischen Verräter, aber auch zu große Worte.

Ansonsten gefällt es mir aber sehr gut. Man erkennt den Selbstbetrug in einer gescheiterten Beziehung.

-Vielleicht ist das auch nur meine persönliche Macke, mit dem dauernden Wunsch nach Verbildlichung abstrakter Begriffe.

Liebe Grüße, louisa

Perry

Beitragvon Perry » 07.05.2006, 18:21

Hallo Louisa,
danke für deine intensive Auseinandersetzung mit meinen Zeilen.
Wenn ich ein Gedicht schreibe, ist da meistens ein Gedanke, eine Formulierung zu er ich dann ein umrahmendes Gerüst baue. Hier war es einfach die Erkenntnis: "Wie konnten wir nur glauben unsere Liebe würde ewig halten." Irgendwann kam dann noch der Gedanke an den Verrat, den Judasverrat an der Liebe. Bis hierher sind es sicher große Worte, wenn man aber hinter die Leinwand schaut, dann sind es die angesprochenen Alltäglichkeiten wie "Misstrauen, Kleinmut
und Gleichgültigkeit, die den Rahmen bilden.
Für mich ist das Bild der Judasliebe deshalb schlüssig, auch wenn es vielleicht nicht mehr ganz jungfräulich sein sollte.
LG
Manfred

Louisa

Beitragvon Louisa » 07.05.2006, 20:34

Das Bild, also der Titel, gefallen mir ja auch, aber die großen Worte stehen da so triumphal vor meinen Augen und wollen mich nicht direkt ansprechen, wenn sie nicht verbildlicht oder umschrieben sind.

Gegen Aussage, Thema und Titel habe ich nichts. So wie Du es mit der Sonne gemacht hast! Das war toll!

LG, louisa


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