Deine Worte...

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 08.05.2006, 07:43

Deine Worte fallen
fallen leise mir entgegen
wie Sternschnuppen
in dunkler Nacht
und warmer Sommerregen.
Lang verklungene Lieder
saiten sie mir an
tönend kehren sie dir wieder
verwandelt als Gesang.


scarlett, 2005

Louisa

Beitragvon Louisa » 08.05.2006, 17:53

Hallo scarlett,
das hat einen schönen Rhythmus und ist sehr romantisch. Die Idee, dass die Worte Saiten sind, die einem angelegt werden, um so zurück zu musizieren, finde ich auch interessant.

Wiederholt das "lyrische Ich" (...) etwa diese Worte, singt es sie zurück ? Das stelle ich mir im Alltagsleben etwas befremdlich vor, aber wenn es ein schöner Sopran ist, warum nicht-

Nein, nein. Das ist schon ein hübsches, kleines Gedicht. Es gefällt mir, dass die Redewendung "Worte fallen" ernst genommen wurde. Das ist immer gut !

Das Gedicht maccht mich ganz melancholisch O:) .

Also ist es schön.

Tulpengrüße, louisa

Gast

Beitragvon Gast » 08.05.2006, 18:54

Ja, das Bild gefällt mir sehr, liebe scarlett, besonders das "Ansaiten" finde ich außergewöhnlich erfinderisch und schön.
Der Anfang hakt, ein wenig, da hat Louisa recht, auch wenn sie keinen Änderungsvorschlag gemacht hat, der kommt jetzt von mir und ich denke der Sommeregen, der fällt muss geopfert werden ;-) weil allzu gewöhnlich...

Vielleicht so... kaum andere Worte aber anders gesetzt, ich hoffe du nimmst es mir nicht für übel:

Wie warmer Sternschnuppenregen
fallen mir deine Worte entgegen
in dunkler Sommernacht.


Lang verklungene Lieder
saiten sie mir an
und kehren tönend wieder
verwandelt als Gesang.

Liebe Grüße
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 08.05.2006, 18:56

PS erinnert mich ein wenig an mein: " Jasminnacht" :smile:

Louisa

Beitragvon Louisa » 08.05.2006, 19:05

Ja, das wäre noch besser. Gerda hat recht.

Es macht mich schon wieder melancholisch, ich sollte es nicht mehr lesen.

Schön, scarlett !

LG, louisa

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 08.05.2006, 19:30

Hallo scarlett,

dein Gedicht gefällt mir sehr gut. Nur eine Stelle lässt mich stocken. Ich weiß, dass du das Verb "ansaiten" mit Absicht so eingebaut hast. Aber vielleicht könntest du dir dafür eine andere Lösung ausdenken?

Lang verklungener Lieder
Saiten schlagen / rühren / zupfen / stimmen sie in mir an
tönend kehren sie dir wieder
verwandelt als Gesang.

Dies ist aber nur ein bescheidener Hinweis eines leidenschaflichen Amateur-Gitarristen.

Von der Symbolsprache her erinnert mich dein Gedicht an eines meiner Lieblingswerke von Nietzsche.

An der Brücke stand
Jüngst ich in brauner Nacht.
Fernher kam Gesang:
Goldener Tropfen quoll's
Über die zitternde Fläche weg.
Gondeln, Lichter, Musik -
Trunken schwamm's in die Dämmrung hinaus...

Meine Seele, ein Saitenspiel,
Sang sich, unsichtbar berührt,
Heimlich ein Gondellied dazu,
Zitternd vor bunter Seeligkeit.
- Hörte ihr jemand zu? ...

Grüße

Paul Ost

scarlett

Beitragvon scarlett » 09.05.2006, 09:16

... lieben Dank euch fürs Lesen und Kommentieren meines kleinen Gedichtes!

@ Louisa: die Worte des LyrDu, die dem LyrIch entgegenfallen, d. h. entgegengebracht werden, empfindet dieses als Aufblitzen, (deshalb Sternschnuppen), als etwas Besonders in dem sonst dunklen Einerlei ...
als etwas Angenehmes (warmer Regen) ... etwas was durch und durch geht...
Diese Worte bewirken etwas im LyrIch - sie bringen etwas zum Klingen, sie schlagen Saiten an, aus denen wiederum etwas entsteht - ein Lied, das bis dahin "lang verklungen" war, etwas das das LyrIch eben lang nicht mehr gehört hat - und dann kehren die so verwandelten Worte vom Ich zum Du zurück - es "singt" sozusagen zurück. Es gibt ja den Ausdruck "es singt in mir..." wenn man sich über etwas sehr freut...
Es ist dies ein sehr positives Gedicht, ein freudiges wenn man so will... wieso stimmt es dich so melancholisch, liebe Louisa???

@ Gerda: auch auf das Risiko hin, daß der Sommerregen etwas verbraucht sein mag, in diesem Zusammenhang mit Worten, die fallen, ist er zumindest nicht ganz alltäglich - ich finde, er paßt auch zur Aussage.
NIx für ungut auch dir, du weißt, daß ich deine Kommentare im allgemeinen schon sehr schätze, aber die Umwandlung der ersten Strophe nach deinem Beispiel macht sie - meiner Meinung nach - eigentlich kaputt. Es fließt nichts mehr, es klingt mir zu prosaisch denn lyrisch - sorry, aber diesmal ändere ich das nicht.
Was die Wortumstellung in der zweiten Strophe angebelangt, darüber denk ich allerdings noch nach - ist es selbsterklärend, daß die Worte zum Du zurückkehren - d h. braucht es das "dir" wirklich nicht? Was meinst du dazu? Da bin ich mir eben noch nicht ganz schlüssig...

@ Paul: danke auch dir für deinen Vorschlag - aber so wie du schon sagtest, das "Ansaiten" für "Anschlagen" hab ich mir gut überlegt und mit Absicht gesetzt, auch wenn es ja dieses Wort so nicht gibt.
Merci auch für das wunderbare Nietzsche - Gedicht... ich sollte den alten Herren mal wieder aus dem Bücherschrank holen :smile:

Liebe Grüße aus einem verregneten Süden

scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 09.05.2006, 09:36

Liebe scarlett, du musst dich nicht entschuldigen ;-)
Aber ich finde du solltest unabhängig von meinem Änderungsvorschlag noch einmal überlegen.
Du sprichst von Sprachfluss, aber genau den vermisse ich, bedingt durch 2 x "fallen" und die Nachstellung der 2 Adverbialen Bestimmungen zum Schluss der ersten Strophe, statt sie in den Satzbau einzugliedern
...
Ich sagte ja schon, dass ich das "dir" für verzichtbar halte...
Aber ich kürze ja ohnehin stark...
Vielleicht kommt dazu etwas von anderen "Bluesaloonern"...

Maiengrüße und einen schönen Tag
Gerda :smile:


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