ausstattung nach CITES

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 02.11.2010, 21:47

ausstattung nach CITES


3 ganze schalen der riesenmuschel
3 gehäuse der fechterschnecke
3 regenstäbe
und 4 seepferdchen

darf jeder reisende mit sich führen
zum persönlichen gebrauch

denn welcher zollbeamte
wollte sich solchem gespann
in den weg stellen

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 04.11.2010, 20:54

Hallo, ihr Lieben,

da ist ja richtig was in Gang gekommen und Vieles von dem, was ihr geschrieben habt, möchte ich nochmal unterstreichen. Ich habe hier übrigens das Gefühl, dass die Frauen besser verstehen, was ich vermitteln wollte. Vielleicht auch Zufall. Jedenfalls:

Bei dem Wort "gespann" sehe ich vor dem inneren Auge eine Art Neptunkutsche, eine Riesenmuschel, von Seepferdchen gezogen, mit der der Reisende zum Zoll gerauscht kommt


Ganz genau! Danke, liebe Zefi! Es ist wirklich nicht nötig, die Tiere und Pflanzen des Text zu kennen, es reichen die Namen und etwas Fantasie.

Seepferdchen für den persönlichen Gebrauch hat wirklich was Poetisches, zumal in Kombination mit dem Wort Gespann! Oder die Fechterschnecke ... das klingt so, als könne man die - im persönlichen Gebrauch - notfalls zur Verteidigung einsetzen.


Ja, das fand ich nämlich auch, danke liebe Amanita! Und es ist, wie du sagst, ich wollte nicht CITES oder irgend etwas kritisieren. Ich wollte einfach diese verträumte Exotik der Mitbringsel heraufbeschwören. Und zeigen, dass das Amtsdeutsch hierfür keine Sprache hat. Da kennt man nur "zum persönlichen Gebrauch", aber man schreibt natürlich nicht in ein Gesetz "zum Träumen" oder "um den Zauber ferner Inseln zu Hause heraufzubeschwören". Dennoch lässt man die Reisenden solche Dinge einführen, man verbietet es nicht, sondern akzeptiert, dass auch solche immateriellen Werte wichtig sind. Das ist doch irgendwie auch schön, oder?

Wenn das Kürzel CITES im Titel für einige der Leser aber doch eine zu große Barriere darstellt, lieber ferdi, hätte ich nichts gegen eine Fußnote einzuwenden.

Lieber Pjotr, du schreibst:

Die Fußnote kann man ja auch poetisch oder sonstwie originell formulieren, muss also nicht notwendig die erlesene Gedichtatmosphäre zerstören.


Das ist ein guter Hinweis! Poetische, aber dennoch erläuternde Fußnoten, daran werde ich arbeiten. Falls ich es mal irgendwann zu einem Gedichtbändchen meiner mit Fachbegriffen aufgeladenen Texte bringe, werde ich vielleicht statt dessen einen Anhang anfügen, in dem der Leser nach Lust und Laune stöbern kann und dann eben, wie du sagst, lieber Quoth, sich freuen kann an der einen oder anderen neuen Erkenntnis. Dass z.B. Kakteen zu Regenstäben verarbeitet werden. Du schreibst:

Ich glaube, dass die Fachsprachen ein unglaublich ergiebiges Reservoir an unverbrauchter Lyriksprache anbieten


Das finde ich auch und darauf sind ja auch schon andere gekommen: Ann Cotten mit ihren Fremdwörterbuchsonetten, Ulf Stolterfoth mit seinen "fachsprachen"-Bänden.

Bei CITES ist tatsächlich für jedes geschützte Tier angegeben, was und wieviel davon man einführen darf. Anders geht es einfach nicht, sonst müsste man die Einfuhr halt ganz verbieten.

Herzlichen Dank für eure interessanten Rückmeldungen!
fenestra

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 04.11.2010, 22:28

P.S.: Man beachte die Zahl vier. Eine gerade Zahl. So bleiben beim Pärchenschließen keine Solisten übrig. Sehr freundlich gedacht.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 04.11.2010, 23:07

Man nennt das "vierspännig fahren". Wären drei Seepferdchen erlaubt, müsste der Tourist Troika fahren.

Hottehü!
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Beitragvon Pjotr » 05.11.2010, 00:38

Zefira hat geschrieben:Man nennt das "vierspännig fahren".

Du meinst jetzt im Verkehr?

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 05.11.2010, 00:43

Ich sprach (weiter oben) von einer Kutsche.

Aber nicht so ein Ding, wie Ben Hur es hatte, sondern so eine wie die Hochzeitskutsche aus "Pride and Prejudice".

Gutnacht
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Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 05.11.2010, 01:06

hallo fenestra und kommentatoren

das Gedicht gefällt mir sehr gut ... erste Reaktion .. ganz ohne eigentliches Verstehen spricht das Absurde der Ausstattung eines Reisenden an: Ausfuhr, Einfuhr, Mitbringsel, (natur) wissenschaftliches Augenzwinkern, die Schönheit der Fachsprache, das alles überzeugt und lädt zu Bereicherung der Kenntnisse ein.

Immer wieder stelle ich fest, wie sehr mich diese Texte anziehen, so fremd sie mir auch sind. Eine beruhigende Kühle, Feststellungs(tragödien) -das staunend, denunzierend (ohen Moralpredigt) vor den nackten Tatsachen stehen und die Weitergabe von Kenntnissen: schöne Lyrik

ich würde gerne sternchen vergeben, um so etwas vorbereiteter und durchdachter an die Wahlurne zu schreiten.

hier. sternchen maximal ....

liebe grüße

Renée

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 05.11.2010, 01:45

Zefira hat geschrieben:... Kutsche.

Bei der geraden Zahl dachte ich an das gute Herz der Gesetzgeber, die während des Gesetzgebens vielleicht gar nicht an eine Seepferdchen-Kutsche dachten, sondern an das soziale Leben in einem Seepferdchen-Gemeinschaftsaquarium.

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 05.11.2010, 21:02

das gute Herz der Gesetzgeber, die während des Gesetzgebens vielleicht gar nicht an eine Seepferdchen-Kutsche dachten, sondern an das soziale Leben in einem Seepferdchen-Gemeinschaftsaquarium


Leider kommen die meisten Seepferdchen als getrocknete Zierate über den Zoll. Aber in der Poesie (und besprengt mit virtuellem Wasser aus den Regenstäben) werden sie wieder lebendig. ;)

Liebe Renée,

danke für deine wunderbare Rezension und die *** ! Wieviele davon darf ich nach Deutschland einführen? ;)

Jetzt fehlt ein Smily mit Kutsche ...

Liebe Grüße
fenestra


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