o.T. (wie verrückt) aus dem LyDia

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.07.2011, 11:45




wie ein amulett trägt sie
den kleinen blauen fleck
unter ihrer kleidung (aus wolken)
versteckt ein traummal
sagte er du hast dich weit
in den stein gelehnt
und strich
beim auseinandergehen (gedanken
über die anziehungskraft
der erde) so sonnig darüber
als hätten sie
eben erst den anfang
ihrer himmel entdeckt

da steht sie nun summend
mit mondschatten unter den augen
vor dem regal mit den zwanzig sorten marmelade
ein früchtehorizont denkt sie, erweitert den traum
um den duft der waldhimbeeren und drückt
die gitter des einkaufswagens an ihre hüfte
um ihn zu spüren, sich zu wecken
in ihrem kleinen blauen fleck
geht das lächeln auf
(wie verrückt)


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 21.07.2011, 11:16

Lieber Tom, liebe Flora,

Ich glaube Tom hat auf eine gewisse Art Recht. Alle Texte verfangen sich im Kontext und wirken dadurch anders: mal aufregender, schöner, klüger als sie i Wirklichkeit sind, weil die vibrierende Oberfläche, auf der sich ein Text befindet ausstrahlt und dem Text eine Wirkung verleiht, die er unter anderen Umständen nicht hätte, und umgekehrt.

Deshalb scheinen mir absolute Urteile über Wert und Unwert, über Durchschaubarkeit und Undurchschaubarkeit sehr relativ.

Wir sehen das hier auf einer relativen Beziehungsdichte. Diese Dichte vermag sowohl Texte aufzulösen und wirkungslos zu machen, wie umgekehrt. Viele Texte, die von Karl Kraus auf kluge Art nieder gemacht wurden, finden sich in den Listen bester Literatur wieder und was Sainte Beuve an kluger Energie aufgebracht hat, um Proust ans Zeug zu flicken, hat letzterem endgültig nicht geschadet.

Nun sind wir weder Karl Kraus noch Saine Beuve noch Proust -- aber wir funktionieren als wertende Gruppe ähnlich .


"Aber wenn ich das aufgreife, würde ich sagen, weder Hülsen, Burg- noch Scheißtexte eignen sich für Wahrsagerei oder ein psychologisches Profil des Autors und egal, wie nackig du dich machst (will ich nicht wissen), kann (und will) ich trotzdem nicht in dich reinschauen. "Durchschaubarkeit" halte ich für eine weit verbreitete Illusion, der man gerne und meist recht selbstgefällig aufsitzt, die aber meist mehr über den "Schauenden" verrät, als über den "Beschauten". :o))
Ich denke dieser Ansatz an Texte heranzugehen ist nicht sehr belastbar. Und ich vermute, dass sogar Sam da ausnahmsweise nicht weit von meiner Meinung entfernt ist und es dir bei ihm, oder auch Lisa, oder sämtlichen Krimi-/Thrillerautoren ... schwer fallen wird, diese Sicht konsequent durchzuhalten.



Und zum Schluss: ich bin mit Flora einverstande: eine Durchschaubarkeit gibt es nicht

lg
Renée

Oldy

Beitragvon Oldy » 21.07.2011, 11:26

Ich hoffe du täuschst dich

Tut er nicht und wenn du dir unter dieser Prämisse mal die Fäden anschaust, wirst du das sehr schnell feststellen.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte, das hier oft nur auf Kommentare bestimmter User überhaupt reagiert wird. Wenn dann doch mal reagiert wird, so ist die Antwort eine Knappe, während der genehme Kommentator mit einer langen Analyse "belohnt" wird.
Das war hier früher anders.

Diese Diskussion ist sicher interessant, hat aber eigentlich in diesem Faden nichts zu suchen. Vielleicht sollte man das abtrennen.

lg
Uwe

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 21.07.2011, 11:36

Hallo!

Oldy, sagt das wirklich der Mann, der mit markigen Worten verkündet hat, bei seinen eigenen Texten die Kommentare gewisser User nicht mehr zu beachten?! Bemerkenswert :-)

Ansonsten treibt Toms Einstellung einfach eine Sache bis zum Äußersten - mit allen Vor- und (für mich überwiegenden) Nachteilen... Muss es auch geben!

Renee, inwieweit sich "Texte im Kontext verfangen", ist möglicherweise auch eine Frage ihres Werts. Wie sagt Schiller so schön:

Mir deucht das sicherste empirische Kriterium von der wahren poetischen Güte eines Produkts dieses zu sein, dass es die Stimmung, worin es gefällt, nicht erst abwartet, sondern hervorbringt, also in jeder Gemütslage gefällt.

Ferdigruß!

PS Ach ja, zur Durchschaubarkeit: Klar gibt es die nicht, aber die moderne Literatur hat halt den Glauben daran, es werde sie geben, wenn sie sie in ihren Texten nur oft genug als gegeben hinstellt, noch nicht wirklich aufgegeben ;-) -F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Oldy

Beitragvon Oldy » 21.07.2011, 11:58

Oldy, sagt das wirklich der Mann, der mit markigen Worten verkündet hat, bei seinen eigenen Texten die Kommentare gewisser User nicht mehr zu beachten?

Nur deine, Ferdi. Nur deine. :a045:
Schön bei den Tatsachen bleiben, auch wenn es dir wie so oft schwerfällt.
Aber schön, dass wir drüber gesprochen haben (oder auch nicht).

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 21.07.2011, 12:02

Hallo Oldy!

Nein nein nein - da geht es ums Prinzip. Hast du dich einmal so entschieden, wirst du dich wieder so entscheiden, solange dir das, was der Kommentierende schreibt, nur in ausreichendem Maße nicht in den Kram passt. Da machen wir uns dann besser nichts vor :-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Oldy

Beitragvon Oldy » 21.07.2011, 12:11

ferdi hat geschrieben:Hallo Oldy!

Nein nein nein - da geht es ums Prinzip. Hast du dich einmal so entschieden, wirst du dich wieder so entscheiden, solange dir das, was der Kommentierende schreibt, nur in ausreichendem Maße nicht in den Kram passt. Da machen wir uns dann besser nichts vor :-)

Ferdigruß!


Aber sicher, Charly Braun. Und den großen Kürbis gibt es wirklich. Määäh. :schaf:
Langeweile? keine Hobbys? Handbuch der Verslehre verlegt?
Lass es doch einfach gut sein.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 21.07.2011, 12:23

Hallo Oldy!

Ich habe eine Meinung und äußere sie, dass du sie nicht hören willst, ist dein Problem (und Schaden): Was ich in meinem letzten Beitrag schrieb, ist dadurch nicht weniger wahr... Charlie Brown (nicht: Charly Braun), von mir sehr verehrt, hat übrigens dem großen Kürbis immer ablehnend gegenüber gestanden - der an ihn geglaubt hat, war Linus van Pelt. Du erinnerst dich? Wenn nicht, schlag in der wunderbaren Peanuts-Gesamtausgabe nach, die nicht auffinden zu können allerdings ein wirklicher Verlust wäre :-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Sam

Beitragvon Sam » 21.07.2011, 16:42

Flora hat geschrieben:Und ich vermute, dass sogar Sam da ausnahmsweise nicht weit von meiner Meinung entfernt ist


Stimmt! :mrgreen:

Ist eigentlich ein interessantes Thema, leider wird die eigentliche Textdiskussion dadurch ziemlich vernebelt.

Gruß

Sam

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 22.07.2011, 09:45

@Flora:

ich lese gar keine Krimis oder Thriller ... in der Fiktion kann jeder dicke Backen machen ... oder sich dahinter verstecken ...

Fassen wir zusammen: Wir lesen und schreiben unterschiedlich und aus unterschiedlichen Beweggründen.

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Sam

Beitragvon Sam » 22.07.2011, 11:10

Thomas Milser hat geschrieben:in der Fiktion kann jeder dicke Backen machen


Das ist doch das Schöne an der Fiktion: man kann dicke Backen machen, obwohl man in Wirklichkeit ziemlich hohlwangig ist.

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 22.07.2011, 12:43

Mit anderen Worten:

Wenn die Sonne der Wahrheit tief genug steht, werfen auch Zwerge lange Schatten ...
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Sam

Beitragvon Sam » 22.07.2011, 14:47

Mich als Zwerg interessiert mein eigener Schatten viel weniger, als der, den andere, erfundene Personen werfen, sei die Sonne der Wahrheit nun hoch oder tief. Über diesen kann man zur Not auch springen, was einem bei dem eigenen bekanntlich ja schlecht möglich ist.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 22.07.2011, 15:02

Thomas Milser hat geschrieben:
Ich bin überzeugt davon, dass hier im Forum ganz stark nach Autoren gelesen und auch gewertet wird. Ich jedenfalls tue das.



Wenn das so ist ... dann kriegen wohl nur bestimmte/ eben diese Autoren einen Fuß an den Boden, und die anderen können sich einsalzen lassen? Das fände ich sehr, sehr schade. Ich selbst lese die Texte unterschiedlichster Leute hier (gerade auch die, die ich "sonst seltener" lese, interessieren mich). Auch aus den Kommentaren zu diesen Texten lerne ich einiges. Will sagen: für mich trifft die oben genannte Aussage - so ich sie denn richtig verstanden habe - nicht zu.
Zuletzt geändert von Amanita am 22.07.2011, 18:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 22.07.2011, 15:04

Sorry, da war ich an eine falsche Taste gekommen und habe mich daraufhin selbst zitiert. Wollte nur ein vergessenes Wort anfügen. Ich nehme an, einer der Moderatoren wird es bald löschen
Zuletzt geändert von Amanita am 22.07.2011, 18:31, insgesamt 1-mal geändert.


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