auch das noch im kreis

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 12.02.2013, 23:02

auch das noch im kreis


solange ich gehe
ist es gut

deine pfade winden sich
wie der trockene leib einer blind-
schleiche
ich
unvermutet
kreuzen holzwege
wirfst du kiefernstämme
riesenmikados
bei jedem sturm
die richtung wechselnd
irre
ich
dachte dieses gedicht immer wieder
zeit es aufzuschreiben

ums gehen geht es
umgehen

aus den augenwinkeln runde tische
verhuschte wesen decken auf kupfernem
nadelfilz kelche
laiblinge keulenförmiges
besteck ?

umwege gehen
damit umgehen
dass wege kurven erzwingen

natodraht
grüne bickbeerenäste
versperren jede abkürzung
buchenspieße staken in
nadelkissen aus harschschnee-
wehen
stämme ächzen
der graupelsturm
fährt aus den schneisen


auf der lichtung die fichte
mit abgeplatzten glaskugeln
und zerfetztem
meisenknödelnetz
findet auch nicht mehr
aus dem januswald



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Zuletzt geändert von fenestra am 20.02.2013, 21:30, insgesamt 4-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 18.02.2013, 09:02

Danke, carl. Und, ahhh, jetzt sehe ich auch die Schnee-wehen. :) Deine Änderungen finde ich gut gesetzt, Fenestra.
Nur das schlaffe Netz fand ich jetzt wiederum sehr schön und bildhaft, auch für ein Gefühl, dass einen auf so einem Weg sicher auch irgendwann überkommt.
Titel und Ende würde ich auch auf jeden Fall so lassen.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 18.02.2013, 20:03

Ja, ich finde auch, dass es gewonnen hat, zwar auch an Ernst, aber das schadet in meinen Augen nicht.
Mein Symmetrie-Bedürfnis würde das (etwas den Leser aufs Pferd setzende) "darin" in Z6 opfern zugunsten der Beziehung schleiche / ich zum späteren irre / ich.
Grüße
Franz

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 20.02.2013, 21:29

das schlaffe Netz fand ich jetzt wiederum sehr schön und bildhaft


Anscheinend erweckt die Kombination von schlaff & baumelnd nicht bei jedem ein schönes Bild. ;)

zerfetztes netz ist klanglich reizvoll durch den Binnenreim, daher bin ich eigentlich ganz zufrieden mit der Änderung.

Ach ja, und deine Bitte nach Vertonung habe ich natürlich noch im Ohr bzw. im Auge. Mal schauen, wann ich das Mikro wieder aufbaue.

Mein Symmetrie-Bedürfnis würde das (etwas den Leser aufs Pferd setzende) "darin" in Z6 opfern zugunsten der Beziehung schleiche / ich zum späteren irre / ich.


Das "darin" klingt jetzt wirklich etwas seltsam. Ursprünglich sollte das - bei vollständiger blindschleiche - einen Anschluss an die Pfade bringen, aber man schleicht natürlich nicht in, sondern auf Pfaden.

Ich werde mich von dem Wörtchen trennen.

Danke fürs genaue Hinschauen und viele Grüße
fenestra


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