Vorfühlung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 25.02.2014, 22:13

vorfühlung

die sonne steigt höher am himmel
junge frauen stecken die füße
in neue tierhaut und unter krächzen
spannen die elstern ihre winterspeckigen wänste
schwarzer frack und weißes hemd
nesträuber, stolzieren
in ihren feisten bankers uniformen

im gras recken krokusse
die geschlechtsteile in den himmel,
warten auf den restbestand
kaputter bienen, schmetterlinge,
hübsch geschminktes ungeziefer

ach, mir wird so bang von all dem wissen
kein licht, nur strom kann ins hirn. jede illusion
ist ferngesehen, in monotonen endlosschleifen
flicks vom ficken, nervenzucken
geträumtes zeugen blinder kinder


'und im Gras' - "und" gestrichen
Zuletzt geändert von RäuberKneißl am 01.03.2014, 11:21, insgesamt 2-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 15.03.2014, 01:03

hm..lisa? wahrscheinlich liegts an meinen assoziationen, für mich steckt da ziemlich viel "politisches" drin. ich lese hier keine langeweile, sondern frustration, zynismus. (was bedeutet "antihaft?")

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 15.03.2014, 08:30

Liebe nera,

sondern frustration, zynismus


ja klar, ich auch, das soll die Haltung sein! Aber im Ergebnis geht es eben im beschriebenen Sinne für mich nicht auf.

Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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nera
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Beitragvon nera » 16.03.2014, 00:03

ich habs ja schon geschrieben, ich las erstmal "vorfrühling" und bei mir kam dann sofort diese verknüpfung mit dem "arabischen frühling" und die überschrift verband sich damit auf seltsame art mit "vorfühlung". das berührt auf eigenartige weise meine eigenen ambivalenten gefühle und befürchtungen in viele mögliche richtungen, die sich ganz und gar nicht auf diesen arabischen teil der welt beschränken. dass diese frustration vielleciht etwas hölzern daher kommt, entspricht dabei auch meiner wahrnehmung bei mir selbst. so, als würde ich/man versuchen das unbehagen nicht ganz soweit hochkommen zu lassen oder nicht zu sehr reinzutauchen in den schmerz.....
deshalb darf oder muss der text für mich so sein???

RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 23.03.2014, 21:18

Hallo,
tschuldigung für die verzögerte Antwort auf berechtigte Fragen. Das Unbehagen lässt sich wahrscheinlich an Worten wie 'ach' und 'bang' festmachen, die eine anderen Ton anschlagen, um dann doch sofort wieder in die strong language - und einen anklagenden Gestus - zurückzufallen. Ich hatte für das 'bang' ungenau eine Goethe-Zeile (mit dem Maschinenwesen, aus Wilhelm Meisters Wanderjahren: Das überhandnehmende Maschinenwesen quält und ängstigt mich, es wälzt sich heran wie ein Gewitter, langsam, langsam; aber es hat seine Richtung genommen, es wird kommen und treffen) im Hinterkopf. Ein entkleidendes Wissen, Reduktion auf Art-Erhaltung, Fortpflanzung, Nützlinge, Schädlinge mit einem dazu passenden reduzierten Erkenntnisbegriff, der bei elektrischen Vorgängen im wesentlichen endet (Wahrnehmung/Empfindung als Korrelat zu einem hirnphysiologischen Erregungsmuster), das ist so das Setting maschinenhaften Vorstellens, das sich so ausgerichtet hat, dass es immer nur die eigenen Vorannahmen reproduziert.
Der Titel scheint mir jetzt, mit etwas Abstand leicht albern, Motiv war die
Eine politisch-konkrete Lesart Richtung Arabien hatte ich gar nicht vor Augen, Nera, kriege sie nicht so ganz rund am Text, die EU-Beschlüsse Richtung Gen-Technik, das Kneifen der GroKo spielte aber schon rein.


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