Über die Liebe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klimperer

Beitragvon Klimperer » 28.02.2014, 09:41

Während der Mann
die Liebe in den Sternen sucht
findet die Frau die Liebe bei ihm selbst.
Ihm zuliebe richtet sie zum Himmel ihren Blick.
Er ist mit der Vergangenheit, mit der Zukunft beschäftigt,
sie mit ihm.
Ab und zu unterbricht er seine Spiele
und sagt zu ihr: "Ich liebe dich".
"Ich liebe dich auch"
sagt sie,
und sammelt im Nachhinein
die auf dem Boden liegenden
Spielsachen.


Neue Version, mit der Hilfe von Nera:


während ich
die liebe in den sternen suche
findet die geliebte sie in mir
mir zuliebe richtet sie zum himmel ihren blick.
ich bin mit der vergangenheit, mit der zukunft beschäftigt,
sie mit mir.
ab und zu unterbreche ich meine spiele
und sage zu ihr: "ich liebe dich".
"ich liebe dich auch"
sagt sie und sammelt im nachhinein
die auf dem boden liegenden spielsachen.
Zuletzt geändert von Klimperer am 10.04.2014, 11:43, insgesamt 2-mal geändert.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 07.04.2014, 20:12

Deine zwei cents sind mir Gold wert, liebe Zefira.

Manchmal glaube ich, die Erfahrungen, die ich gemacht haben, müssen auch alle Anderen gemacht haben, offensichtlich ist es dem nicht so.

Ein ganzes Leben habe ich gebraucht, um zu dieser Einschätzung zu kommen. Irgendwann, an der Seite einer Frau gehend, ist es mir plötzlich bewusst geworden.

LG

K.

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Beitragvon ZaunköniG » 08.04.2014, 10:32

Hallo Zefira,

Die Geschichten, die du, beschreibst, sind typische Nachkriegsgeschichten. Da waren die Frauen im 19. Jhd. schon mal viel weiter. Aber zwei Weltkriege später gab es schlicht zu wenige Männer. frau mußte sich richtig anstrengen um einen abzubekommen. Nicht daß die Männer das bewußt ausgenutzt hätten, aber die verbliebenen kamen oft traumatisiert aus Krieg und Gefangenschaft zurück und waren zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Nicht daß die Frauen eine leichte Zeit gehabt hätten, aber ein Mann mußte sich zumindest weniger Sorgen machen, alleine zu bleiben.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

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nera
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Beitragvon nera » 08.04.2014, 11:10

es gab vielleicht ein paar ausnahmefrauen im 19. jhd., zaunkönig, aber grundsätzlich wurde es und wird es teilweise immer noch von frauen erwartet, dass sie diese mutterrolle oder die rolle der spielzeugswegräumerin für ihren mann spielt. letztendlich kann das ja auch eine machtrolle sein. ob das immer mit liebe zu tun hat, wage ich zu bezweifeln.

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Beitragvon ZaunköniG » 08.04.2014, 18:34

Natürlich auch Macht: man versucht sich unentbehrlich zu machen.

Ich behaupte auch nicht, daß im 19.Jahrhundert alles gut war. Das war es ganz sicher nicht. Aber die Emanzipation hatte durch die Kriege einen Rückschlag erlitten. Die Adenauer-Ära war, was das Ehe- und Familienbild anging eine Zeit der Restauration.

Liebe Grüße
ZaunköniG
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nera
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Beitragvon nera » 08.04.2014, 20:15

auf jeden fall. aber klaus theweleit hat in seinen "männerpantasien" sehr gut beschrieben wie das frauenbild auch schon anfang des 20. jahrhunderts in zwei richtungen geprägt war. die böse, sexuellaktive, arbeitende, kommunistische (?) frau gegen die mütterlich sorgende,
keusche marienähnliche frau.

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Beitragvon Pjotr » 09.04.2014, 05:56

Interessante Theorie, Zaunkönig.

Aber vielleicht ist das nur eine zufällige Korrelation? Zum einen haben sich viele für die Frau-am-Herd-Romantik schon begeistert bevor all die Männer starben, spätestens ab 1933; diese rückwärts gerichtete Denkweise hat dann noch ein paar Jahrzehnte überlebt, nach dem Massensterben; oder wegen dessen, wenn die Theorie stimmt. Allerdings: Die gleiche Denkweise, und auch der gleiche Rassismus, war zu der Zeit beispielsweise auch in den USA modern, und die erlitten weniger Männerschwund.

Zudem, wenn man weiter zurückkurbelt in die amerikanischen 1800er Jahre, da gab es zeitweise, stellenweise, viele männliche Pioniere im Westen, die zu Siedler wurden, und Frauen suchten. Frauen waren rar. "Bauer sucht Frau". Und die Frauen kamen und kochten.

Lieber Klimperer, zu Dir möchte ich sagen: Du bist ein unverbesserlicher Pauschalist :-) Ob Geschlecht oder Nation (siehe frühere Debatten). Deine Filter sind viel zu grob, meiner Meinung nach.


Ahoy

P.

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Beitragvon Amanita » 09.04.2014, 07:49

Sorry, ich steige jetzt erst ein: NICHT ironisch??? Au Mann...

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Beitragvon ZaunköniG » 09.04.2014, 10:41

Hallo Pjotr,

Es geht hier nicht um die klassische Rollenverteilung, die amerikanischen Siedler lebten quasi wieder in einer vorindustriellen Zeit. Dort hatten auch die Männer genug zu tun und man hat, Rollenverteilung hin oder her, gemeinsam seinen Lebensunterhalt bestritten. Das war in der Landwirtschaft so, und auch im Handwerk Das ist auch oK, solange der Part des jeweils anderen anerkannt wird. Ich denke, das genau dies nicht mehr ausreichend passierte, als der Mann als Industriearbeiter das Geld nach hause brachte und die Hausfrau "umsonst" arbeitete.

Natürlich ist die Geschichte der Emanzipation keine geradlinige. Lange bevor die ersten Gesetze in Kraft traten wurden die Gesellschaften libertärer. Der Keim dazu wurde schon in der Französischen Revolution bzw. Aufklärung gelegt. Frauenrechte waren damals zwar noch nicht Topthema, aber das eine Ordnung "gottgegeben" sei, wurde schon damals angezweifelt. Einen krassen Rückschlag gab es Mitte des 19.Jahrhunderts , ausgelöst wohl durch das "Wunder von Lourdes" das genau diese Marienfrömmigkeit als Ideal beförderte, die Zefira beschreibt. Danach waren es immer gleichzeitige widerstreitende Kräfte. Vormärz und Biedermeier existierten gleichzeitig nebeneinander. Nach dem Untergang der europäischen Kaiserreiche gab es geradezu eine Explosion libertärer Projekte und Strömungen, aber speziell in Deutschland waren die Voraussetzungen extrem schlecht und mit der Wirtschaftskrise auch andernorts wieder abgewürgt. Die 68 setzten im Grunde dort an, wo Deutschland in zwanzigern schon einmal war, aber diesmal mit einer deutlich besseren wirtschaftlichen Basis, die Experimente erlaubt.

Aber wir kommen vom Thema ab.
Im Text steht nichts von Kochen oder anderen typischen Hausfrauen-Tätigkeiten. Es geht um Aufopferung für den Partner, die sich durchaus sehr unterschiedlich zeigen kann. Vielleicht ist sie auch die, die ihr Geld mit Überstunden bei Jawoll an der Kasse verdient um Seine Spielsucht zu finanzieren? Rollenverteilung meint hier nicht die Arbeitsteilung sondern eine mutmaßlich geschlechtsspezifische Haltung.
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Klimperer

Beitragvon Klimperer » 09.04.2014, 17:25

Hallo ZaunKönig!

Eben habe ich deine Antwort an Pjotr gelesen.

Bei vielen Kommentaren, wie eben bei deinem jetzt, lerne ich eine Menge, nicht nur sprachlich. Man sieht, dass du ein klares Bild hast und es gut vermitteln kannst. Ich danke dir.

Ich glaube auch, dass du genau weißt, dass ich mit meinem Gedicht nur eine offensichtliche Tendenz in der Art der Liebe zwischen den Geschlechtern anspreche. Die Frau neigt dazu, bei dem Partner zu bleiben. Der Mann sucht immer wieder was Neues. Ich würde sagen, der Mann liebt zentrifugal, die Frau zentripetal.

LG

Klimperer

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Beitragvon Zefira » 09.04.2014, 17:29

Die Frau neigt dazu, bei dem Partner zu bleiben. Der Mann sucht immer wieder was Neues.


Das mag - im Durchschnitt - stimmen (es gibt statistische Untersuchungen dazu), aber das besagt noch nichts über das Verhalten einer einzelnen Person (will sagen, es gilt nicht für alle), und es geht auch aus Deinem Gedicht nicht hervor.

Mir würde es - wie schon von anderen gesagt - auch besser gefallen, wenn es sich deutlich auf ein einzelnes Paar beziehen würde. Das zu verallgemeinern, steht dann ja jedem Leser frei.

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

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Beitragvon ZaunköniG » 09.04.2014, 18:34

Die Frau neigt dazu, bei dem Partner zu bleiben. Der Mann sucht immer wieder was Neues. Ich würde sagen, der Mann liebt zentrifugal, die Frau zentripetal.


Solange die Frau die Hauptlast bei der Kindererziehung trägt, hat sie beim Zerbrechen der Partnerschaft auch mehr zu verlieren. Aber das wäre ein eher pragmatischer Grund. Ansonsten kann man viele Studien lesen, wer eine Beziehung beendet, wer fremdgeht, zu Kuckuckskindern oder sexueller Aktivität.... Die Ergebnisse zeugen bestenfalls von Tendenzen, aber nie von fundamentalen Unterschieden. Oft widerspricht da auch eine Studie der nächsten. Das Bild vom Mann als Jäger und Sammler ist jedenfalls ein Klischee, das ich für mich abstreiten möchte.
Eher gehen Männer, zumindest Junggesellen, offener mit dem Thema um, während es von Frauen noch eher als Tabuthema verschwiegen wird. Aber auch dieses Muster löst sich allmählich auf.

Nun sprichst du selber nur noch von Tendenzen. Wenn du das auch so siehst, warum der Drang zur Verallgemeinerung im Gedicht?
Ich fände es auch aus künstlerischer Sicht reizvoller zu differenzieren als ein Klischee oder Allgemeinplatz zu bedienen. Dort erst tritt doch die Persönlichkeit der Figuren zu Tage.

Gruß
ZaunköniG
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pjesma

Beitragvon pjesma » 09.04.2014, 18:35

...ich kann auch nicht ganz gut mit kommentrarischem nachineinrelativisierung leben ;-)...das gedicht sagt was er sagt und historischen kontext sehe ich daraus nicht und möchte ihn auch nicht unbedingt suchen, vor allem wo soll ich den suchen, in brd, in europa, woanders, weiter und breiter???---gedicht, so wie er da steht, nimmt in anspruch eine universälle/ nicht vereinzelne/ wahrheit zu sein und das macht ihn mir unbekömmlich. suche ich in eigenem erfahrung und vorbild meiner vorgänger, dann sehe ich ein kulturkreiß in dem diese frauen aufopferungsrolle nur in der liebe für die kinder vorgesehen war, nicht für den man---in bezug auf männer, hatte man vorausgesetzt dass man mit gleichberechtigten erwachsenen menschen zu tun hat. zu unterschied von brd sind die 50-te und 60-te in meinem land mit anderem image der frau ausgekommen (bissl partisanenerbe, halt): eine arbeitende mutter, stark, wahlberechtigt und auf gemeinsamen prosperitet bedacht, trotz weiblichkeit. ich komm noch heute schwer klar damit dass man hier zu lande oft eine arbeitende mutter als rabenmutter einsieht. abgesehen davon, was wäre das für eine manipulative liebe in welcher ich mein partner als begrenztes wesen akzeptierte?
grüße, pjesma

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 09.04.2014, 18:53

Jeder kennt Giacomo Casanova ... Wer kennt die Frauen, die ihn liebten?

An welche Frau erinnerte er sich, in seinem Totenbett?

War es vielleicht nicht eher so, dass er das Gefühl hatte, grenzenlos geliebt worden zu sein?

Ein namenloses Gefühl.

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nera
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Beitragvon nera » 09.04.2014, 19:22

was willst du damit sagen, klimperer? vielleicht war er auch einfach nur sexomane und/ oder hatte immer das gefühl nie richtig geliebt worden zu sein?


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