im See - vorher "im Fluss"

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 01.05.2007, 07:39

im See


als ich in den Wassern
meiner Zeit watete
und keinen Halt fand
und keine Grenze
da blieb ich stehen
und ließ den Regen auf meine müden Lider fallen

es waren Tropfen unzählbar viele
erst hörte ich ... dann fühlte ich ... dann dachte ich
was wäre
wenn der Einzelne mir etwas sagen wollte
und ich ihn nicht wahrnahm
weil ich nass war
nass von Berührungen

da zog von Ferne neue Luft über den See
kühl wie bei Sonnenaufgang in den Bergen
es fiel leichter … leiser … Sternenschnee
ich öffnete Augen und das Herz
sah ein Schweben
Sinn lag mir auf der Zunge
verging





3. Version "im Fluss" ohne Marmorberge

ein See aus Nähe sammelte sich in meinen Händen
und seine Wärme wellte rufend hinein
bis sie tauten - die vereisten Schleusen meiner Wirklichkeit

langsam strömte die Ruhe in die Zeit

und ich sah

...


2. Version:


Laasa Marmorberge kühlten mich so lange mit ihrem Glitzern
und verstellten mir den Blick
nun versanken sie mit einem Flüstern
und färbten die Wasser
klar

langsam strömte die Ruhe in die Zeit

und ich sah

...



1. Version

ein Schauer überkam mich
und es war nicht das kalte Wasser
nicht das von oben
nicht das von unten
es floss aus mir
und ich wurde Eins

langsam strömte die Ruhe in die Zeit

und ich sah

...


Es wurde jeweils nur die 3. Strophe verändert. Bei der neuen Fassung der Titel von "im Fluss" zu "im See".
Zuletzt geändert von Ylvi am 10.09.2007, 11:18, insgesamt 6-mal geändert.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 05.05.2007, 19:39

Liebe smile,

ich verstehe. Ich wusste nicht, dass es um das Auf und Ab geht an dieser Stelle.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Peter

Beitragvon Peter » 07.05.2007, 15:14

Liebe Smile,

deine "Laasa Marmorberge" haben mich ein bisschen erschrocken. Jetzt will die letzte Strophe noch viel mehr. Was mir selbst halt vorschwebte war, dass die dritte Strophe aus den vorhergehenden entsteht, ohne Behauptung, ohne Bruch. Aber vielleicht solltest du das Gedicht ruhen lassen. Du wirst es bestimmt einmal wiederlesen, und dann wird die letzte Strophe von ganz allein entstehen. Denn die ersten zwei haben eine besondere Kraft. [Heute spreche ich die ganz Zeit von einer Kraft.]

Liebe Grüße,
Peter

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 07.05.2007, 15:32

Hallo Peter,

wieso erschrecken sie dich?
Jetzt will die letzte Strophe noch viel mehr.

Nein, die letzte Strophe will inhaltlich das Gleiche wie vorher, nur habe ich für mich ein Bild dafür gefunden, das ich sogar sehen kann. (Hast du schon mal Laasa Marmor in der Sonne gesehen?)
Die Gedanken und der Verstand sind ein Bruch zu den ersten Strophen, aber sie sind Bestandteil des LI. Es ist eine Momentaufnahme, in der ein "Sehen" möglich wird. Aber die Berge werden auch wieder auftauchen.
Du wirst es bestimmt einmal wiederlesen, und dann wird die letzte Strophe von ganz allein entstehen.

Ja, vielleicht eine ganz andere.

liebe Grüße smile

Peter

Beitragvon Peter » 07.05.2007, 15:48

Hast du schon mal Laasa Marmor in der Sonne gesehen?


Leider nicht.

In den ersten zwei Strophen bleibst du so nah beim Menschen, es entsteht eine Nähe, indem du von Berührungen, Tropfen, müden Lidern sprichst. Ich, als Leser, erwarte dann den Übergang... nach innen vielleicht, plötzlich aber sprichst du von Bergen...

Da bin ich erschrocken.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 07.05.2007, 16:55

Die Berge sind ein Teil des LI. Der harte, kalte aber auch der, der verführerisch glitzert. Es ist kein weicher Übergang sondern ein Kontrast. Den empfinde ich aber auch zwischen Verstand und Gefühl. (Huch, jetzt bin ich bei Jane Austen. ;-) )

Max

Beitragvon Max » 09.05.2007, 22:26

Liebe Smile,

da ich sehr spät komme, musss ich zugeben, dass die meisten der Vorgängerkommentare nur gestreift habe, andere gar nicht gelesen.

Mir gefällt dieses Gedicht recht gut - wie das Wasser in Form von Tropfen vor den haltlosen Wassern der Zeit zuflucht und Ruhe bietet.

Zwei Dinge verstehe ich allerdings nicht bzw. sie vollen mir nicht so recht einen Sinn ergeben.

Zum einen: Wieso tauchen in Strophe 3



Laasa Marmorberge kühlten mich so lange mit ihrem Glitzern
und verstellten mir den Blick
nun versanken sie mit einem Flüstern


plötzlich die Marmorberge auf. Nicht nur, dass sie in Version 1 nicht da waren, sie heben das Gedicht für drei Zeilen aus dem Grundthema hinaus und finden nicht so recht wieder dorthin zurück, so dass der Anschluss für mich nicht funktioniert.

Zum zweiten schreibst Du

da blieb ich stehen
und ließ den Regen auf meine müden Lider fallen



Das kann ich mir bildlich nur vorstellen, wenn das lyr. Ich den Kopf tief in den Nacken legt - meine Phantasie lässt dem lyr. Ich allerdings stattdessen immer boshaft die Lider hervorstehen ...

Liebe Grüße
max

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.05.2007, 07:47

Hallo Max,

es gab noch eine Zwischenversion.
Version 1 war der Gedanke
Version 2 die Erklärung
da öffneten sich die Wolken
meiner Vernunft
und mein Denken floss
hinein in alle Wasser
und ich wurde eins

in Version 3 habe ich ein Bild dafür gefunden:
die versinkenden Marmorberge
sie stehen für die Vernunft, das logische Denken, die Erklärungen...
obwohl man vielleicht davon ausgeht, dass man die Zeit und die Welt klarer sieht, wenn man vernünftig und logisch die Welt erklärt und erfasst, ist dies hier umgekehrt. Erst durch das loslassen/ untergehen/ still werden, wird ein Moment des "Sehen/ Erkennen" möglich.

Zum Regen: da musste ich schmunzeln, stell dir lieber ein LIch mit schönen Augen vor, dass den Kopf in den Nacken legt. :auge0023:
Hast du das noch nie gemacht, wenn es regnet?

liebe Grüße und danke für deinen Komm.
Hat mich gefreut, dass es dir ein wenig gefällt.

smile

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 10.05.2007, 10:47

Liebe smile,

schon dreimal wollte ich etwas hierzu geschireben haben!!

weißt du, was ich toll finde? Ich erkenne an diesem Text den Austausch zwischen dir und Peter, frag mich keine Einzelheiten, mein Eindruck würde keiner Diskussion standhalten, aber da ist was (zum Beispiel der Schluss).

ich finde diesen text von dir gelungen - er knüpft von der Stimmung an "im März" an und der hat mir ja so gut gefallen. Den Auftakt mag ich sehr "die erste Strophe", auch sprachlich.

Es gibt nur zwei Irritationen: Einmal die Zeile: "erst hörte ich ... dann fühlte ich ... dann dachte ich" - ich muss an diese Affenposter denken (nichts hören, nicht sehen, nichts sprechen) und irgendwie finde ich das auch zu philosophisch konkret. Wenn ich es mir ausssuchen dürfte, könnte ich eben darum gut auf diese Passage verzichten, weil der Rest des Textes doch darum kämpft genau dieses auszusagen. Ich weiß, du möchtest mit "ich sah" am Ende noch einmal daran anknüpfen, darum wird es für dich genau richtig sein, aber ich wollte es doch anmerken. Und das wäre dann so (das erste Als groß?)


Als ich in den Wassern
meiner Zeit watete
und keinen Halt fand
und keine Grenze
da blieb ich stehen
und ließ den Regen auf meine müden Lider fallen
es waren Tropfen unzählbar viele

was wäre
wenn der Einzelne mir etwas sagen wollte
und ich ihn nicht wahrnahm
weil ich nass war
nass von Berührungen

Meiner Meinung ist das "sah" am Ende so trotzdem in voller Blüte....

Das zweite ist die Marmorstelle: irgednwie komme ich über die nicht drüber - "die Laasa Marmorberge kühlten mich so lange mit ihrem Glitzern", mir ist das viel zu viel an der Stelle und ich finde auch, dass es das vernunftbild nicht ganz so gut fasst. ich finde deinen zweiten Vorschlag auf Peters Kommentar, dem auch Elsa glaube ich zustimmte, am besten. Wobei ich Peter zustimme, dass auch ich die Vernunft nicht so klar benennen würde - dein text hat das nicht nötig. Klar, vielleicht wird es dann passieren, dass niemand bei einer Interpreation sagen wird: vrnunft etc...aber die Stimmung, der Grund und die Bewegung ist doch voll aufgefangen mit deinen Worten...für mich jedenfalls - dein gedicht macht einen Unterschied, eine Abwendung vom gedanken, eine Hinwendung zum Fühlen. Darum bitte die Marmordinger wieder raus...wenn ich wählen dürfte...

Ansonsten finde ich es gelungen, wie der Text von der "Welt" in sehr grundsätzliche Konstanten erzählt, ohne weise zu spucken.

Sehr gern gelesen...

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.05.2007, 11:57

Hallo Lisa,

vielen Dank für deinen Komm.!
weißt du, was ich toll finde? Ich erkenne an diesem Text den Austausch zwischen dir und Peter

Ja, das finde ich auch sehr schön, dass das möglich ist.

Über deine Anmerkungen zu der "hören, fühlen, denken" Zeile und den Marmorbergen muss ich erst noch nachdenken. Ich habe das Gefühl, ihr lest die Marmorberge anders, als ich und seht vielleicht auch ein anderes Bild.
Vielleicht gelingt mir eine Aufnahme für die Hörbar, in der sich die Marmorberge aus meiner Sicht einfügen und euch näher bringen.

liebe Grüße smile

Max

Beitragvon Max » 10.05.2007, 21:13

Liebe Smile,

danke für die Erklärung zu den Marmorbeergen. So fügen sie sich besser in meine Vrostellung.

Nun, das mit dem Kopf-in-den-Nacken-legen dachte ich mir ja schon (und ja, ich habe es auch schon gemacht, allerdings regnet es hier schon seit 4 Tagen und da bekommt man dann allmälich Genickstarre) und vielleicht war es einfach ein wenig Boshaftigkeit, dass ich mir vorstellte, das lyr. Ich hätte so lange Lider, dass es beinahe darüber fällt.

Liebe Grüße
max

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 11.05.2007, 19:00

Hallo,
ich habe "im Fluss" nun gesprochen und sobald Trixie es einstellt, könnt ihr meine Laasa Marmorberge hören. Ich bin gespannt, ob sie euch dann immer noch erschrecken.

liebe Grüße smile

Max

Beitragvon Max » 11.05.2007, 21:58

Liebe Smile,

ich bin gespannt.

Liebe Grüße
max

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 11.05.2007, 22:03

Hallo Max,
ist schon drin, im geschützten Bereich der Hörbar.
liebe Grüße smile

Niko

Beitragvon Niko » 20.05.2007, 09:25

hallo smile!
ein sehr gehaltvolles gedicht, wie ich finde. mir persönlich geht es so, dass die erstversion für mich gültigkeit hat. die zweite ist nicht mehr echt. das spüre ich beim lesen. es wirkt verbastelt. version eins hat bei mir deutlich vorrang. und das "wiege ich in meinem herzen". da nehme ich sehr viel draus mit.
danke für diesen (ur)text!
lieben gruß: Niko


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