eiszeit II

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 22.11.2007, 15:02

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, dass ihre Texte gelöscht werden. Dieser Bitte kommt die Administration nach.
Zuletzt geändert von Gast am 26.11.2007, 15:34, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 25.11.2007, 16:12

Lieber Zaunkönig,

ja, da ist was dran ... In dieser Weite und Konsequenz hatte nicht einmal ich zu Ende gedacht.
Umso schöner für mich, dass ich durch deine Rückmeldung nun entdecken kann, dass der Haiku noch offener ist, als ich dachte.
Vielen Dank.

Lieber moshe,

ich glaube der kleine Text bleibt zunächst so wie er ist.

Geschlafen habe ich gut ... danke.

Liebe Sonntagsgrüße
Gerda

aram
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Beitragvon aram » 26.11.2007, 03:16

liebe gerda,

spannender text!

mir ging es wie moshe - "kalt" las ich redundant zu "winterstill" - hatte bei der 'temperaturangabe' dadurch das gefühl von 'erhobenem zeigefinger' -

- was hieltest du von: 'winterstill die bank / unter zeitungen / erwachen' ?

welche funktion hat für dich das wort "kalt"?
lieferten ohne "kalt" die hinweise "winterstill" und "unter zeitungen" 'ortsangabe' genug? oder bräuchte es dann vielleicht auch einen anderen titel, z.b. "stadtpark"? und fehlte dann vielleicht auch ein hinweis auf die tageszeit? ist es möglicherweise so, dass der text deshalb verstanden wird, weil der leser 'vorher' erkennt, was damit kommentiert werden soll? - d.h. der text 'eigentlich' recht unscharf ist, sich das verständnis aber gerade am 'zeigefinger' festmacht?

fesselnder text, fesselnde fragen! - liebe grüße!

Gast

Beitragvon Gast » 26.11.2007, 15:29

Lieber aram,

danke für deine Rückmeldung und das "spannend".

Gut dass du das benennst, was für dich klingt, als ob es ein „erhobener Zeigefinger" sei. Ich hätte nicht gedacht, dass es so wirkt.

Es war nicht an die Adresse des Lesers gerichtet, allerdings ist es nicht nur beschreibend.
Mir fiel das durch deinen Hinweis auf, denn es hat im Haiku nichts zu suchen.
Nämlich die Vermutung der Verfasserin, die meint, es müsse kalt sein, nach einer Winternacht im Freien auf einer Bank zu erwachen, wenn man nur Zeitungen zum Zudecken hatte.

Auch verstehe ich nun (endlich) was moshe meint weil auch du es als redundant ansprichst.
Das "winterstill" beschreibt letztlich eben auch "winterkälte".

Inzwischen denke ich nicht nur über die Streichung des "kalt" nach, sondern darüber, ob ich nicht ein "morgens" einfüge, weil es mir um Situation nach einer im Freien verbrachten Nacht geht.

Lieber moshe,

heute bewegen sich die Worte besser in meinem Kopf, als am WE, u. a. aber auch, dank arams Kommentar.
Nun ändere ich doch ein klein wenig.

Liebe Grüße an euch zwei.
Gerda

Ich poste jetzt mal den neune Entwurf und bin für nochmalige Rückmeldung dankbar.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.11.2007, 16:09

Liebe Gerda,
ich finde die aufgrund moshes und arams Anmerkungen entstandene zweite Fassung löst sich durch die Streichung des "kaltes" genau die angesprochenen Probleme - meines Erachtens auch die von Max angeführten. ich finde die zweite Fassung so auf jeden Fall freier und damit wirkungsvoller.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 26.11.2007, 16:27

Danke, liebe Lisa,

gut, dass du mich noch einmal an Max erinnerst, ihn wollte ich ohnehin noch ansprechen.



Lieber Max,

wie findest du die geänderte Version, und

noch eine Frage, was meintest du mit fehlender Authentizität?
Darüber habe ich gegrübelt ... :confused:


Liebe Grüße an euch zwei
Gerda

Max

Beitragvon Max » 26.11.2007, 22:58

Lieber Zaunkönig,

wenn ich das hätte denken können, wäre mein Kommentar anders ausgefallen, das finde ich einen wirklich gelungenen Einwand.

Lieber Moshe,

ich weiß nicht, ob Du meinst, was Du sagst:

Insofern sind deine Erwartungen für mich hier verkehrt. Du suchst in dem Text und mit ihm etwas, was er garnicht will: Dir einen neuen Kick zu verschaffen im Sinne eines neuen Ereignisses.


aber über einen neuen Kick habe ich nicht geredet, den habe ich mir auch nicht gewünscht - wohl aber etwas, was in Perspektive, vermitteltem Inhalt oder Form neu wirkt. Ich denke, dass die Kombination aus Thema und Form neu ist, dass aber vielleicht das Haiku nicht die richtige Form für diesen Inhalt ist. Für mich entsteht nämlich nur dann eine emotionale oder intelektuelle Einsicht, wenn ich mich an die von mir assoziierten Bilder erinnere, das ist aber keine Leistung des Gedichts.

Liebe Gerda,

ich möchte eigentlich das Haiku gar nicht so scharf angehen, das hat es nicht verdient, da aber die nachfragen bohrender werden, muss ich wohl auch meine Kritik präzisieren.

Das "Aha"-Erlebnis ist für mich, etwas zu erfahren, fühlen oder denken, was ich zuvor noch nicht erfahren, gefühlt oder gedacht habe. Dass ich das bei Deinem Haiku nicht habe, liegt in meine Augen an dem, was ich fehlende Authezität genannt habe: Nämlich der Eindruck, dass Du dem Bild, das ja für ein Ereignis steht, nciht näher bist als ich ... dass Du es schlimm findest, wie ich, wenn Obdachlose nachts auf der Parkbank frieren und dass Du dieses Gefühl in ein gedicht verpackt hasst. Vielleicht äusche ich mich sehr, was Dich dabei betrifft, aber ein haiku kann eben nicht mehr tarnsportieren, daher mein Zweifel bezüglich der Form.

Liebe Grüße
Max

Gast

Beitragvon Gast » 27.11.2007, 05:55

Lieber Max,

ich weiß nicht ob du es richtig verstehst, wenn ich dir schreibe, dass ich den Eindruck habe, dass du deine Überlegeungen nicht auf den Text überträgst, sondern auf die Gründe, die mich zum Schreiben veranlasst haben könnten.
Insofern hat der Text bei dir keine Chance; das sehe ich ein, und muss es so auf sich beruhen lassen, da ich nicht meine Ausgangssituation für diesen Text verteidigen möchte.

Ich hoffe, es klingt glaubhaft für dich, wenn ich dir sage, das dieser Text nicht mein Gefühl im Fokus hat, sondern eine Situation schildern soll. Es mag sein, dass es nichts nützt, wenn ich dir erkläre, ich wollte weder mitleidige Zeilen schreiben noch Mitgefühl wecken, sondern meine Beobachtung mitteilen, die dem Leser die Möglichkeit freistellt, darüberhinaus in alle möglichen Richtungen zu überlegen.

Max - an moshe hat geschrieben:Ich denke, dass die Kombination aus Thema und Form neu ist, dass aber vielleicht das Haiku nicht die richtige Form für diesen Inhalt ist. Für mich entsteht nämlich nur dann eine emotionale oder intelektuelle Einsicht, wenn ich mich an die von mir assoziierten Bilder erinnere, das ist aber keine Leistung des Gedichts.


Ob das so neu ist wage ich zu bezweifeln, aber ich weiß es nicht.

Könntest du mir bitte erklären, warum es nicht Leistung eines Textes ist, wenn er den Leser veranlasst zu assoziieren, das verstehe ich nicht.
Oder meinst du, dass dieser Text dich nicht veranlasst, dir etwas neues vorzustellen?

Ich meine, dass jeder Text davon lebt, dass sich der Leser aus eigenem Erfahrungsschatz und aus seiner Phantasie bedient und darauf basierend interpretiert.

(Ein Mensch, der niemals die Wüste verlassen hat, also nur Oasen kennt, wird sich schwerlich das Meer vorstellen können, wenn er davon erzählt bekommt, ohne dass er jemals Bilder gesehen hat).

Was auch immer diese Zeilen veranlassen mögen, das Denken über die Beobachtung an einem winterkalten Morgen hinaus bleibt ganz und gar dem Leser überlassen, zumindest bin ich mir bei der neuen Version auch keiner unbewussten Lenkung der Leseart bewusst.

Liebe Grüße in einen nasskalten Herbstmogen
Gerda

Max

Beitragvon Max » 28.11.2007, 22:39

Lieber Max,

ich weiß nicht ob du es richtig verstehst, wenn ich dir schreibe, dass ich den Eindruck habe, dass du deine Überlegeungen nicht auf den Text überträgst, sondern auf die Gründe, die mich zum Schreiben veranlasst haben könnten.


Liebe Gerda,

nein, das stimmt, sofern man sein eigenes Denken kontrollieren kann, nicht. Auch, wenn ich Dich gar nicht kennte, sähe mein Kommentar nicht anders aus. Für meinen Kommentar muss ich die Autorin nicht kennen, sondern nur das Bild.

Ich habe ja auch geschrieben, dass ich das Gedicht nicht so gart kritisieren wollte, wenn ihr aber nachhakt, muss ich ja erklären und das fällt leider nicht imme rzum Vorteil des Gedichts aus.

Könntest du mir bitte erklären, warum es nicht Leistung eines Textes ist, wenn er den Leser veranlasst zu assoziieren, das verstehe ich nicht.
Oder meinst du, dass dieser Text dich nicht veranlasst, dir etwas neues vorzustellen?



Was ich meine, dass der Text nichts dafür kann, wenn ich mir etwas besonders Kreatives vorstelle ;-).

Um es mal ganz krass zu beschreiben (und bitte, das ist ein Beispiel, um die Tendenz dessen, was ich sagen möchte zu beschreiben, es sagt nicht, Dein Gedicht ist genauso etc.): Wenn Du ein Gedicht schreibst, das einfach nur aus dem Wort "tot" besteht, so kann ich mir dabei unheimlich viel vorstellen, aber dass das Gedicht das bewirkt hat, macht es noch nicht zu einem großartigen Stück Lyrik ...

Liebe Grüße
Max

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 28.11.2007, 23:11

Liebe Gerda,

ich habe jetzt keine Kommentare gelesen, mal ein Eindruck, den ich beim Vergleich der beiden Fassungen gewonnen habe:
Die erste war, wie man das so nennt, "aufrüttelnd", machte auf eine spezielle Situation aufmerksam, aber ausschließlich aus Beobachtersicht. Die zweite transportiert jetzt eine weit größere Freiheit in der Perspektive; man hat den Eindruck, dass es sich bei der Position des Erwachenden um eine neutrale, eine freiwillig gewählte handeln könnte; jedenfalls nicht eine so krasse Notsituation, wie sie die erste Fassung nahe legt.
Das nimmt das belehrende Element aus dem Gedicht und schafft genau die Neutralität, die ich in dem bekannten Zusammenhang "Penner auf der kalten Parkbank" als etwas Neues empfinde: Annäherung, Einladung zur Empathie statt Charité.
Ich finde das sehr stark, eben weil es nicht in der ebenso bekannten Situation "wir hier - die da" verharrt, sondern den Blick auf das Gemeinsame, aber unterschiedlich Empfundene lenkt: die Morgenkälte, das Himmelsgewölbe.
Man kann viel lernen aus der Gegenüberstellung dieser beiden Fassungen.

Kamingruß
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Gast

Beitragvon Gast » 01.12.2007, 18:23

Liebe Zefira,

das lese ich erst heute.

herzlichen Dank für deinen wohlwollenden Kommentar.
Wenn der kleine Text, das mit sich bringt, was du in ihm siehst, dann freut es mich sehr.

Liebe Grüße und eine schönes Wochenende

Gerda


Lieber Max,

ich weiß nicht so genau, was ich jetzt dazu noch sagen soll. Du sprichst wohl Dinge an, die ganz allgemein auf einer unterschiedlichen Rezeption von Texten beruhen.

Mit mir kann ein Text sehr viel anstellen und ich würde ihm die Leistung dessen auch zuschreiben.
Genau wie bei einem Gemälde.

Ich danke dir für die Auseiandersetzung, die mir die Schwäche der ersten Version gezeigt hat.


Liebe Grüße und ein schönes Wochenende

Gerda


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