Die Zeit ist ein Zählsystem

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 17.07.2008, 10:24

3. Version

Neben uns

Neben uns saß dieses Paar.
Eine Frau mit langen roten Haaren.
Ein Mann, der versuchte ihre Hand zu halten.

Wir schwiegen.
Ich hörte wie sie vielleicht sagte
Sie brachte es in Sätzen unter, die ich nicht einmal denken konnte.

Niemand zählte unsere Blicke
oder das Wechselgeld.

Nebenan legte die Frau dem Mann ihre roten Haare um die Schultern
Er schloss die Augen.
Und ich dachte
Vielleicht.



2. Version:

Was zählt

Gestern hat mir einer erzählt
wie er seinen Mörder traf
und dabei die Sekunden hinter meinem Rücken zählte

Vor dem Fenster flog die Zukunft vorbei
nicht zu fassen für eine wie mich



Die Zeit ist ein Zählsystem

Wenn wir schweigen,
hallt das Geräusch des vorrückenden Zeigers in meinem Kopf wider.
Du siehst nicht mich an,
sondern den kupfernen Stab,
hinter meinem Rücken.

Wenn ich auf eine Zukunft mit dir bestehe,
sagst du,
werde ich meine Vergangenheit verlieren.
Meine Vergangenheit ist ein Satz aus zehn Worten:
Sie kam immer zu früh, weil niemand auf sie wartete.

Die Zeit ist ein Zählsystem,
sagst du,
wenn wir uns weigern weiter zu zählen, bleibt sie stehen.
Du glaubst
an die Macht deiner Worte.
Ich suche
nach Möglichkeiten.

Im Grunde träumen wir das Gleiche,
nur von verschiedenen Seiten.
Zuletzt geändert von Xanthippe am 27.07.2008, 10:42, insgesamt 6-mal geändert.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 21.07.2008, 12:59

Lieber max,

würde ich prinzipiell gerne machen, aber dann klingt es nicht mehr. ich überlege mal, ob mir der klang wichtiger ist, oder dein verständnis :rolleyes:

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 21.07.2008, 13:51

aber so geht es vielleicht
nur der titel passt noch nicht so richtig...

Max

Beitragvon Max » 21.07.2008, 14:21

Ja, Xanthi,
so dachte ich es auch!.

Liebe grüße
Max

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 21.07.2008, 14:25

prima! :banana_1:

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 26.07.2008, 13:36

also seht mal, jetzt gibt es noch eine version, die ist noch nicht ganz perfekt, aber schon viel aussagenärmer, oder?

Max

Beitragvon Max » 26.07.2008, 13:49

Liebe Xanthi,

mit Version 3 kann ich mich sehr gut anfreunden, weil sie nicht wertet, sondrn nuzr beobachtet und das auf eine sehr spezielle Weise.

Einzig hätte ich nie gedacht, dass die Versionen 1, 2 und 3 wirklich Varianten desselben Gedichts sind ...

Liebe Grüße
Max

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 26.07.2008, 14:25

Hallo Max,

du fleissiger Kommentierer meiner Folgeversionen ;-)
ja, ich finde das auch ungeheuer spannend, was aus dem Gedicht noch geworden ist, durch die Diskussion hier und durch Nachdenken
Ist eine feine Atmosphäre hier

schönen Samstag
xanthi

Maija

Beitragvon Maija » 26.07.2008, 15:27

Liebe Xanthippe,

Du beisst dich tapfer durch und jetzt gefällt es mir sehr gut! Bin begeistert üder diese Wandlungen. ;-)

Lieben Gruß, Maija

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noel
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Beitragvon noel » 26.07.2008, 17:59

ich empFinde jedes der 3 versionen
als eigenständiges gedicht
2 ist mehr spotlight
aber mit charme
1 ist aus der beobachtenden sicht
etwas leichtfließender

3 hingegen ist in der direkten form
sehr angreifend & nah

chapeau
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.07.2008, 20:44

Liebe Xanthippe,

ich komme hier gerade kurz vorbei, ohne die Kommentargeschichte zu kennen, aber die Texte sind so verschieden und doch so gleich - ist fast, als wäre es eine Reihe, das gefällt mir :-)

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 26.07.2008, 21:09

Liebe Lisa,

das ist vielleicht eine Idee

"Die Zeit ist ein Zählsystem" als Überschrift für einen Gedichtzyklus, damit könnte ich mich anfreunden.
Dann bräuchte noch der erste Text eine Überschrift, aber "Glaube" oder ähnliches wäre doch eine Möglichkeit - ich beginne den Zyklus sehr zu mögen.

Liebe Grüße
Max

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 26.07.2008, 21:15

Oh, ihr seid toll :-)
liebe maija: na ja tapfer, ich weiß nicht, vielleicht hartnäckig, oder vielleicht ist es auch nur agota kristoffs verdienst, weil ihr satz immer noch über dem schreibtisch hängt
liebe noel: ich freue mich besonders, dass dir auch die ursprungsversion gefällt, ohne die die anderen ja nicht möglich gewesen wären
liebe lisa: ja, du hast recht, irgendwie ist das eine reihe
lieber max: ich beginne den zyklus auch sehr zu mögen
und euch und den sommer und überhaupt
danke :banana_1: :baloon:


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