Etüde

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 10.08.2008, 12:08

Version III:

Drei Sommer

[align=right]Verdienste erwarb ich mir keine,
aber das waren die wunderbaren Jahre.
(Truman Capote, „Die Grasharfe")
[/align]


I.

Du schenkst dem Haus eine Bank
und der Bank deine Farbe

Bei jedem Pinselstrich
quatscht das satte Blau


II.

An heißen Tagen
fliehen wir in den Schatten des Blauregens

Dort haben wir ein Gespräch und zwei Meinungen
bis der Abend lau wird


III.

Du fängst eine taumelnde Feder
Mein Blick verwirrt sich in der Glyzinie

Ein Regen
hat die Farbe aus den Blüten gewaschen


Version II:

Etüde

[align=right]Verdienste erwarb ich mir keine,
aber das waren die wunderbaren Jahre.
(Truman Capote, „Die Grasharfe")[/align]



I.

Du schenkst dem Haus eine Bank
und der Bank deine Farbe

Bei jedem Pinselstrich
schmatzt das satte Blau


II.

Im Sommer
dem heißesten seit Aufzeichnungsbeginn
fliehen wir in den Schatten des Blauregens

Dort sitzen wir
haben ein Gespräch und zwei Meinungen
bis der Abend lau wird


III.

Du fängst eine taumelnde Feder

Ich schaue zu Boden
Vom Fuß der Bank
blättert die Farbe


Version I:

Etüde - drei Fingerübungen

[align=right]Verdienste erwarb ich mir keine,
aber das waren die wunderbaren Jahre.
(Truman Capote, „Die Grasharfe")[/align]



I.

Du schenkst dem Haus eine Bank
und der Bank deine Farbe

Bei jedem Pinselstrich
quatscht das satte Blau


II.

Im Sommer
dem heißesten seit Aufzeichnungsbeginn
fliehen wir in den Schatten des Blauregens

Dort sitzen wir
haben ein Gespräch und zwei Meinungen
bis der Abend lau wird


III.

Du fängst eine taumelnde Feder

Ich schaue zu Boden
Vom Fuß der Bank
blättert die Farbe


Veränderungen basieren auf Vorschlägen von Ferdi, Smile und Elsa - lieben Dank
Zuletzt geändert von Max am 15.08.2008, 20:42, insgesamt 4-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 14.08.2008, 18:45

Bilbo, bitte zeige mir halt die vielen Füllwörter.

Liebe Grüße,
Max

Max

Beitragvon Max » 14.08.2008, 18:47

Liebe Elsa,

quatschen ist hier regional zumindest schon ganz gut für das geräusch, was ich meine .. dass es noch eine andere Konnotation hat, ist nicht zu ändern :-(.

Einen Versuch werde ich noch wagen .. aber ich überlege noch.

Liebe Grüße
Max

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 14.08.2008, 18:54

Lieber Bilbo,

ich rätsle auch gerade über die Füllworte, dich ich nicht finden kann.
Füllworte sind "eigentlich, dann, denn, weil, sich, schon, auch, doch, noch" *such* :lupe:

Lieben Gruß
ELsa
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Max

Beitragvon Max » 15.08.2008, 20:43

Nun habe ich noch einen dritten versuch gestartet ...


Liebe Grüße
Max

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.08.2008, 21:52

Hallo Max,

das ist für mich ein ganz anderer Tonfall, die lakonische Trockenheit fehlt mir. Die Glyzinie ist mir ein unangenehmes Wort im Mund, sie klingt falsch (als würde sie auf ihre Giftigkeit verweisen und auf das Klammern, Würgen) und so botanisch-lateinisch-schlau. Außerdem nimmt es dem Blauregen seine Poetische Seite.

Das „farblos werden“ finde ich im Vergleich zum Abblättern viel zu farblos. ;-)
Albert hat geschrieben: Teil III gefällt mir leider am wenigsten, da das Abblättern der Farbe natürlich eine sehr offensichtliche Konsequenz der Entwicklung ist; hier stöhnt man schon etwas auf.

Ich habe nicht gestöhnt. Ich finde gerade dieses Benennen, das Hinschauen und auch Aussprechen und nicht drumherumdichten angenehm ehrlich, ohne aufdringlich zu sein, es ist keine Wertung, Anschuldigung darin, nur eine Feststellung, ein Erkennen.

Ach so, und der Titel...Etüde hat für mich viel mehr Klang, Assoziationsraum geöffnet, da sehe ich Einen am Klavier sitzen, ich höre etwas, es entsteht eine Stimmung, die mich dann mitnimmt in die Sommer, und deren Nachklang ich dann noch höre, wenn die Farbe längst abgeblättert ist. „drei Sommer“ das ist so abschließend, dass das, was geschah unter diesem Eindruck unwichtig wird.

Jede neue Version hätte es allerdings bei mir ziemlich schwer gehabt, also entschuldige mein beharren ;-), es erinnert mich hieran: Diese paar Tage

liebe Grüße smile

Max

Beitragvon Max » 15.08.2008, 22:38

Liebe Smile,

das ist sehr interessant für mich.
Für mich habe ich am Tonfall wenig geändert. Ich habe versucht nur Nuancen zu ändern.
Es ist richtig, dass "Etüde" natürlich einen anderen Klang hat als "Drei Sommer" - aber beides finde ich als Titel nicht schlecht.

Tatsächlich scheint mir die "Glyzinienzeile" noch verhandelbar. Vielleicht kann sie ganz weg. Die beiden Schlusszeilen finde ich vom Gefühl her vergleichbar.

Es ist schön, dass Dich das ganze an "Diese paar Tage" erinnert, denn das Gedicht mag ich immer noch.
Ich lerne an diesem Gedicht hier, ähnlich wie an "Zuflucht" dass ich vielleicht mit dem Einstellen der Gedichte warten muss, bis ich selbst mehr Sicherheit habe. Ich verliere ein wenig das Gefühö für den Text, ob der (verständlichen) Wünsche.

Liebe Grüße
Max

Max

Beitragvon Max » 15.08.2008, 22:48

PS: Das war natürlich keine Kritik an den vvielen Kommentaren, von denen ich ja profitiere, sondern nur an mir, der ich aus lauter Verwirrung manchmal versuche, es allen Kommentierenden recht zu machen, was nie geht :-)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.08.2008, 23:36

Hi Max,

mir gefällt die erste Version immer noch am Besten. In der neuen Fassung ist der Ton für mich irgendwie sachlicher geworden. Diese Stimmung, die Fassung I bei mir erzeugte, ist verschwunden, keine Ahnung, woran das jetzt konkret liegt. Ich stelle es einfach fest, wenn ich es laut lese.
Saludos
Mucki

Max

Beitragvon Max » 15.08.2008, 23:44

Liebe Mucki,

herzlichen Dank für die Rückmeldung. Ich sammel jetzt ersteinmal, bevor ich hektisch weitere Versionen einstelle ... ;-). Es ist seltsam, dass tatsächlich alle Leser sich auf Version I zu bewegen, während ich mich weg bewege ;-) ...

Liebe Grüße
Max

DonKju

Beitragvon DonKju » 16.08.2008, 10:16

Hi Max,

nun gibt's also Version III und auch wenn mir persönlich die eine oder andere Passage vielleicht nicht so behagt, hat der Text insgesamt gewonnen.

Eine kleine Frage hätt' ich aber noch: Ist da "Ein" für Dich sehr wichtig ? Mir würde nämlich :

Regen
hat die Farbe aus den Blüten gewaschen

eigentlich reichen, oder muss es "ein" ganz bestimmter Regen sein ?

Mit einem Samstagsmorgengruß von Bilbo

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 16.08.2008, 10:30

Hello Mex.

Hatte dich glatt übersehen ... :o))

Hab deswegen auch die dritte Version zuerst gelesen. Danach verblassen (wie passend) die ersten beiden deutlich. Alleine schon des (neuen) Titels wegen, der einen wunderbaren Bogen über die Kapitel spannt.

Ganze Jahreszeiten in vier Zeilen einzufangen, das ist schon was. Und die Geschehnisse/Veränderungen derweil.
Zuerst störte mich die Wiederholung des 'Blau'. Bis ich den roten (haha) Faden dahinter entdeckte:
Blaue Farbe - Blauregen - nur noch Regen

Gibt es eigentlich irgendwas im Leben, was nicht irgendwann verblasst? Ich hoffe: nein. Sonst bliebe ja immer alles beim alten, und man hätte gar keinen Platz für neues Leid.

Feiner Text, schön gereift.

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Max

Beitragvon Max » 16.08.2008, 11:43

Lieber Bilbo,

danke für Deinen Kommentar. Ich denke, das "ein" muss für mich bleiben, weil zwar von unbenannten, aber bestimmten Dingen erzählt wird (deshalb verwende ich einen unbestimmten Artikel, daraus soll jemand schlau werden ;-) ).

Lieber Tom,

merci. Danke für das sorgfältige Lesen. Mit einem Tag Abstand beginnt mir Version III auch zu gefallen.
Du meinst man sollte Platz für neues Leid schaffen? Prima Idee: vielleicht kann man ja altes bei Ebay verkaufen.

Liebe Grüße
Max

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 16.08.2008, 12:54

Oder halt verblassen lassen. Bzw. vergrauen. Bzw. versilbern. Wie Lärchenholz. Das bildet dabei eine Schutzschicht.

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.08.2008, 13:14

Hallo Max,

Es ist schön, dass Dich das ganze an "Diese paar Tage" erinnert, denn das Gedicht mag ich immer noch.

Ich auch, immer noch Version A. ;-)
Es ist seltsam, dass tatsächlich alle Leser sich auf Version I zu bewegen, während ich mich weg bewege ...


Ich habe den Eindruck deine ersten Versionen sind oft Stimmungsbilder, sie verstellen sich nicht, sind unmittelbar. Die Überarbeitungen haben dann etwas Durchdachtes oder Härteres, Analytischeres, als hätte der Autor sie sozusagen von sich selbst bereinigt oder in eine Entfernung gestellt. Das wird vermutlich hauptsächlich durch den Vergleich der Versionen sichtbar. Als wäre es eine Kontrasterhöhung, Schärfung, Betonung, die aber erkennbar ist und dadurch eine zweite Ebene ins Spiel bringt, weil es das Bildhafte ins Bewusstsein hebt.

Was mir konkret auf den Text bezogen noch auffiel, ist dass es etwas ganz anderes ist, ein anderes Gefühl für LIch, ob der Blick sich ver(w)irrt, oder zu Boden geht. LDu (Sie) schaut nach oben, einer Feder nach, LIch (Er) nach unten, geerdet. Nun versucht er ihrem Blick zu folgen und verirrt sich dabei.

liebe Grüße smile


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