Herbstbeginn

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 03.09.2010, 12:27

Herbstbeginn


Honigspuren verwischen
Blütenhäute aufsammeln

Septemberhaar flechten

Winterwurzeln einkochen.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 03.09.2010, 12:28

Hier eine - ganz kurze - Kostprobe, daran habe ich die letzten Tage gearbeitet.

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 03.09.2010, 15:42

Hallo Amanita,

nichts gegen Komprimierung, aber hier klingt mir einfach zu wenig. Und das wird durch die adjektivlose Uniformität der Sätze noch unterstützt. Deine Komposita erzeugen schöne (herbstliche) Bilder, gleichwohl mangelt es ihnen für mich an Raum zur Entfaltung. Könnte man da nicht ein bisschen lebendiger und wortreicher mit arbeiten? Oder steht hinter der Knapp- und Kargheit etwas, was sich mir nur nicht erschließt?

Tom

(p.s.: Eventül wäre die Kategorie 'Kurzlyrik' passender? Ich könnte das verschieben, wenn du möchtest.)
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 03.09.2010, 15:58

Ja, bitte, gern in Kurzlyrik. Ich kenne noch nicht alles hier und habe einfach mal losgelegt.

Eigentlich benutze ich sehr (!) gern Adjektive - wenn es um Volles und Pralles und um vielfältige Details geht. Das werde ich auch noch alles hier einstellen, und dann werden sich die Adjektiv-"Gegner" bestimmt laut zu Wort melden.

Hier aber soll kurz und knapp, wie eine Liste fürs Kofferpacken, der (Abschied vom) Sommer gleichsam abgehakt werden. Sich-Verabschieden kann eine Stimmung erzeugen, in der nur noch das Allernötigste gesagt wird. Das nachzu"bauen", war meine Absicht.

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 03.09.2010, 16:49

Schwupp! verschoben ...

Jetzt, wo es unter Kurzlyrik steht, hätte ich es wahrscheinlich gar nicht entdeckt, da das nicht so ganz meine Abteilung ist.

Ok, du hast das als Sommer-Abhak-Liste entwickelt. Ich nehme es dann mal als solches, auch wenn mir was fehlt. Immerhin ein guter Kontrast zu den üblichen üppigen Herbsttexten *räusper*

(Das Räuspern ist ein Insider; ich bin hier als Herbstlaubbesinggedichthasser bekannt :o)

Freu mich auf deine vollprallen Texte,

Tom.
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ferdi
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Beitragvon ferdi » 03.09.2010, 18:07

Hallo Amanita!

Willkommen im Forum :-)

Die Idee "den Sommer abzuhaken" finde ich gut, und ich mag auch Listen- und Aufzählunggedichte sehr. Trotzdem bleibt mir dieser Text fern, und ich glaube, das liegt an seiner Einförmigkeit. Nicht böse sein: er ist ein wenig langweilig. Nun könnte man ja sagen, das gehört zu einer Liste dazu; aber zum einen glaube ich das nicht (meine Einkaufslisten jedenfalls sind rhythmisch viel abwechslungsreicher ;-)), und selbst wenn, bleibt ja der Umstand, dass der Leser sich eben langweilt...

Hm. Ich fasse es mal so zusammen: Ja, aber nicht ganz genau so, meiner Meinung nach.

Ferdigruß :-)

@Tom: Der Tag, an dem die Lyriker ganz und gar vergessen haben werden, wie man ein gültiges Herbstgedicht schreibt, wird ein sehr trauriger sein :neutral: -F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.09.2010, 18:15

Hallo Amanita,

die Idee und deine Wortbilder gefallen mir sehr gut, allein an der Ausführung hapert es in meinen Augen ein bisschen, da es tatsächlich wie eine Aufzählung wirkt.
Vielleicht wäre es eine Idee, daraus ein Haiku zu formen. Was meinst du?

Saludos
Gabriella

Trixie

Beitragvon Trixie » 03.09.2010, 19:21

Hallo Amanita,

mir gefallen die Begriffe, die Aufzählung sehr gut, aber ich fände es schön, wenn da noch mehr miteinfließen würde, und wenn es nur ein ... hm, Schlussatz wäre, eine Art Erkenntnis, zum Beispiel einfach "Der Sommer ist nun abgehakt" mal platt gesagt. Ich will mehr als nur wohl klingende Worte hören, denn ich finde diese Worte wunderschön, aber sie sind eher wie ein Bild ohne Rahmen. Ich bin mir als Leser auch nicht ganz sicher, was es für eine Stimmung erzeugen soll. Da es irgendwie ein Lyrisches Ich gibt, welches eben die Spuren verwischt und so weiter, müsste da irgendwie mehr Info für mich sein, damit ich wirklich was damit anfangen kann. Zum Beispiel - was macht es mit dem LyrIch? Traurig, vorfreudig, sehnsüchtig, wehmütig - so sieht es einfach aus, als würde ich sagen "Staubsaugen, Fensterputzen, Knopf annähen, Post gucken.", wobei mir, wie gesagt, die Begrifflichkeiten super gut gefallen, ich würde mir wünschen, da mehr draus zu machen, mehr darüber zu lesen!

Liebe Grüße
Trixie

Quoth
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Beitragvon Quoth » 03.09.2010, 20:32

Hallo Amanita,

ich kommentiere den Text mal Zeile um Zeile:
Honigspuren verwischen
(die gibt es immer, wenn man Honig isst, und das tut man das ganze Jahr)
Blütenhäute aufsammeln
(hier kannst Du eigentlich nur Blütenblätter meinen, aber die fallen den ganzen Frühling und Sommer an, nicht erst im Herbst)
Septemberhaar flechten
(Was für Haar könntest Du da meinen? Die vielen Distelköpfe, die wie Baumwollpflanzen aussehen? Aber flechten kann man diese "Wolle" nicht.)
Winterwurzeln einkochen.
(Was für Wurzeln sind das? Eingekocht werden um diese Zeit Früchte, keine Wurzeln mit Ausnahme von Ingwer.)

Aber vielleicht meinst Du mit Honigspuren, Blütenhäuten, Septemberhaar und Winterwurzeln Bestandteile Deiner selbst? Das müsste einem alten Mann, der schwer von Begriff ist, dann etwas deutlicher gemacht werden!

Hallo, Thomas,
ich habe nichts gegen Herbstlaubbesinggedichte, aber ich finde, sie müssen im Frühling geschrieben werden!

Hallo, Ferdi,
ja, Herbstgedichte sind etwas Schönes, das schwer zu machen ist - zumal da so sehr viel schon trefflichst gesagt wurde! "Y" von Weller ist ja auch ein Herbstgedicht!

Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 03.09.2010, 21:15

Ich erläutere ungern ... aber Honig bzw. Blütennektar wird nun mal im Sommer gesammelt. Wenn die Blütezeit vorbei ist - nur noch Blütenhüllen rumliegen (es gibt auch den botanischen Begriff der Hüllblätter, das am Rande), gibts den Honig nur noch im Glas. Septemberhaar - nun ja, das "gibts" natürlich nicht, aber ich kann das Haar vielleicht flechten, weil ich es mir für den Winter (als "Pelz") länger wachsen lasse. Oder: Die Schönheit der Natur vergeht, ich besinne mich auf meine eigene. Oder: Ich habe alles geerntet, jetzt kann ich mich gelassenen Tätigkeiten wie dem Flechten widmen. Das Wort Winterwurzeln existiert auch eigentlich so nicht, aber egal; ich habe mir einen Kontrapunkt zu den sommerlichen Blüten gezimmert. Geerntet wird ja eher im Spätsommer, irgendwann im Herbst bleiben halt nur noch dröge Winterwurzeln, die jedenfalls im Dunkeln wachsen, während die Blüten auf Sonne und Licht hinweisen. Und das Einkochen ist genauso ein Hinweis auf den Winter wie die Dunkelheit (in der Erde), einkochen war mal so was wie Überlebenkönnen.

So, last not least: Ich habe versucht, den Verlauf des Herbstes im Gedicht aufzunehmen: innerhalb weniger Zeilen sollte es spürbar winterlicher werden, ohne Winter zu sein.

Mag sein, dass es nur eine verbale Spielerei in einem spätsommerlichen Garten war, in dem ich herumsaß und nix Besseres zu tun
hatte ...

Niko

Beitragvon Niko » 04.09.2010, 09:41

die ersten beiden zeilen finde ich einfach zauberhaft, amanita. danach aber wirkt es zu starr, die folgenden bilder lösen nichts aus in mir, und der aufzählende charakter schmälert die faszination der ersten beiden zeilen.
ich fänd es schön, wenn du ab zeile 3 erstmal formverändernd vorgingest. vielleicht wirkt das schon. (wobei, wie gesagt: unter "septemberhaar flechten" kann ich mir nix vorstellen. und "winterwurzeln einkochen" ist etwas, was mir zu profan wirkt, wohl, weil sich mir keine weitere bedeutungsebene auftut.

liebe grüße: niko


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