Reimzwang

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Quoth
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Beitragvon Quoth » 22.09.2010, 21:15

Reimzwang

Dem Nerz, vom Tierschutz just befreit,
tat ein beklommner Dichter leid,
der auf das Wörtchen Herz musst' reimen
und nicht klischeehaft wollte schleimen.

„O zaudre nicht und raffe dich,
geplagter Dichter, auf, nimm mich!
Durch mich entgehst du ohne Mühe
der kritischen Verdammungsbrühe!“

Dem Dichter aber, ohne Scherz,
gefiel er nicht, der schlanke Nerz,
er sagte ihm nicht einmal Dank,
da er, der Nerz, verzweifelt stank.

So wählte er in wilder Flucht,
zwar widerwillig, doch mit Wucht,
als Reim auf das geplagte Herz
den von Geruch ganz freien Schmerz.

Letzte Strophe auf Wunsch Leonies u.a. angefügt.
Die hinzugefügte Strophe wieder gelöscht - nicht das Gelbe vom Ei!
Zuletzt geändert von Quoth am 26.09.2010, 11:23, insgesamt 2-mal geändert.
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 23.09.2010, 08:56

Armer Nerz!

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Eule
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Beitragvon Eule » 23.09.2010, 09:19

... das greift ans Herz ... aber ganz ernsthaft, roth durch den busch gejandelt und das äußerst eloquent und sehr amüsant. Hat mir gut gefallen !
Ein Klang zum Sprachspiel.

Quoth
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Beitragvon Quoth » 23.09.2010, 20:25

Hallo, Arne,
vielen Dank! Hat es denn überhaupt irgendeinen Sinn, eine Aussage? Oder wird da nur Roth durch den Busch gejandelt? Mir kam es irgendwie leer vor - und doch in sich konsistent. Was denn nun?
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

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leonie
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Beitragvon leonie » 23.09.2010, 23:10

Hallo Quoth,

mir gefällt das auch, ich habe gerade überlegt, ob man nicht zur Krönung des Ganzen die Kritiker noch über den Dichter herfallen lassen könnte und dann eine (evtl. absurde) Moral anhängen könnte. Um das Ganze noch auf die Spitze zu treiben. Ist aber sicherlich Geschmackssache.

Liebe Grüße

leonie

Quoth
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Beitragvon Quoth » 24.09.2010, 11:04

Meinst Du, Leonie, das würde besser? Zum Beispiel so:

Natürlich übergossen ihn
die Kritiker mit Häme-Brüh’n,
bis er beschloss, beim nächsten Mal
zu ignorier’n der Nase Qual.

oder:

bis er beschloss: "Mein nächstes Herz
wählt Nase rümpfend doch den Nerz!"

Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

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leonie
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Beitragvon leonie » 24.09.2010, 11:21

Mir gefiele es dann fast noch besser. :-)

Schöne Grüße

leonie

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 24.09.2010, 11:29

Jau - die zweite Version des Schlusses wär's für mich! Unbedingt!

Niko

Beitragvon Niko » 24.09.2010, 23:41

gefällt mir total, quoth. und eine mischung aus den beiden alternativ-enden wäre es für mich.

zusätzlich dank ich dir, denn du hast mich wieder zum reimen gekriegt. hab ich schon länger nicht mehr. und irgendwie macht´s spass. ich häng den nonsens mal einfach hier drunter!

liebe grüße: Niko


das herz hat keinen schmerz verdient
die liebe keine hiebe
auf "dir" passt selten nur das "mir"
dann eher auf "liebe" "trübe"

doch käm dem schmerz das herz zu pass
und blieb statt hiebe liebe,
dann passt das "mir" so gut zu dir
dass ich im liede glühte

Quoth
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Beitragvon Quoth » 25.09.2010, 09:07

Lieber Niko, darf ich Dir das ein wenig glätten?


das herz hat keinen schmerz verdient
die liebe keine hiebe
auf "dich" passt selten nur das "mich"
auf "liebe" eher "trübe"

doch käm dem schmerz das herz zupass
und bliebe sie, die liebe,
dann passt das "mir" so gut zu dir
dass ich liebeslieder schriebe
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Niko

Beitragvon Niko » 25.09.2010, 17:13

gut geglättet, bis auf die letzte zeile, die holpert jetzt. zwei unbetonte silben vor der betonten. oder?

liebe grüße tenorwärts: niko

Quoth
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Beitragvon Quoth » 25.09.2010, 18:42

Hallo, Niko,
es ist das Holpern und Stolpern des allzu eifrig zum Liebesliederschreiben Beflissenen.
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Niko

Beitragvon Niko » 25.09.2010, 19:55

da es in der liebe hie und da und mitunter ebenso zu holprigkeiten kommt, ist diese vorgehensweise als stilmittel verkaufbar und gibt dem vermeindlich oberflächlich angelegten ganzen eine tiefere ebene. somit also ein fürderhin guter ansatz zu tiefgreifender sphärischer lyrik!

mit einem esotherischen "horrido!" - niko

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 25.09.2010, 20:56

Lieber Quoth,

im Gegensatz zu meinem Schlusslichtsalmler, der vom Dichter instrumentalisiert werden sollte, bietet der Nerz von selbst seine Dienste an - ein braves Tierchen! Dass sein Angebot abgewiesen wurde, hat mich erst verdrossen, aber dann begriff ich: Er musste es ablehnen, damit du den geruchlosen Herz-Schmerz-Reim noch einmal vorführen konntest! Mich stören in dem feinen Gedicht eigentlich nur die Zeilen 3 und 4 der ersten Strophe, die ich grammatikalisch etwas zu verbogen finde.

Übrigens wurde inzwischen auch der Europäische Nerz wieder ausgewildert - es gibt also auch jenseits von militanten Tierschutzaktionen wieder Reimaspiranten auf ... na, sagen wir: Scherz

lg
fenestra


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