aber wozu

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 08.10.2010, 21:26


aber wozu


der wind weht kälter
wo der schatten ist
das ist messbar
wenn es um´s wetter geht
legen wir uns nicht fest
(es kommt ohnehin wie es kommt)

was wir aber wissen
die traubenlese ist vorbei
und der wein gärt schon
in fässer gesteckt
und in den schatten gestellt

und wir brunnentief
noch unter den kellern
steinvergessen
und reif

aber wozu
Zuletzt geändert von Niko am 09.10.2010, 10:54, insgesamt 1-mal geändert.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 08.10.2010, 22:30

Niko, bitte hilf mir: Ich verstehe den Text nicht. Aber wozu ist zweimal zu lesen ... also eine (warum auch immer) verzweifelte existenzielle Anfrage, mit der ich aber diesen Alltags-Pragmatismus "es kommt ohnehin wie es kommt" überhaupt nicht zusammenkriege. Genausowenig die Kombination "steinvergessen und reif", und wer ist da gemeint - we sind wir?

Und als P. S. frage ich mal, ob Du "gären" absichtlich mit "h" geschrieben hast.

Ich tappe, s. o., noch völlig im Dunkeln ... was auch an meiner Müdigkeit liegen mag.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.10.2010, 23:52

Hi Niko,

habe mit deinen Zeilen auch Verständnisschwierigkeiten, vor allem suche ich den Bezug zur Liebeslyrik.

Saludos
Gabriella

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 09.10.2010, 08:20

Ja, stimmt: Die Kategorie hatte mich als erstes irritiert (bzw. mein Lesen beeinflusst).

Ich bin gespannt auf Deine Erläuterungen! - Amanita

Niko

Beitragvon Niko » 09.10.2010, 11:11

hallo ihr beiden!
danke für eure schnelle reaktion.

zunächst einmal möcht ich sagen, dass die rubrik von mir bewusst gewählt wurde. liebeslyrik ist für mich zunächst mal sehr weitreichend. es beinhaltet nicht nur die rosa-brille-verliebtsein- lyrik und die tiefe liebe-lyrik, sondern eben auch alles, was negativ in pukto liebe zu buche schlägt. liebe muss nicht nur zwischen einem partner und einer partnerin sein, sie kann auch viel weiter gehen. kurz: alles was mit einer liebevollen beziehung - zu wem auch immer - und gefühl zu tun hat, fällt bei mir unter liebeslyrik. in allen schattierungen.

hier aber geht es konkret über eine liebesbeziehung. über das, was sie mit sich selbst macht und über das, was mit ihr gemacht wird. - mehr möcht ich eigentlich im moment niocht darüber aussagen, weil ich gerne erfahren würde, wie andere leser das gedicht auffassen. aber ich werde ganz sicher entschlüsseln, so es noch nötig sein sollte.

zu "zweimal ´aber wozu´, amanita:
das erste "aber wozu" ist der titel, der sich im schluss wiederfindet. verzweifelt existentiell ist es nicht nur. wenn man das "aber wozu" nur auf das "reif" bezieht, dann bekommt es auch einen anderen stellenwert. um das klarer zu machen, habe ich "reif" nochmal vom "steinvergessen" abgekoppelt.
dem gären habe ich das "h" jetzt genommen. das war nur ein verschreiber.

ich bin gespannt, ob doch noch deutlich wird, was das gedicht sagen will.......

liebe grüße erstmal: niko

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 09.10.2010, 11:39

Ich habe das Gefühl, es geht ums Älterwerden - und um das Gefühl, umsonst gereift zu sein, im Abseits zu stehen, obwohl man viel zu geben hätte ... Mir gefällt es.
Niko, warum schreibst Du, der Wein sei in Fässer "gesteckt" worden? Flüssigkeit kann man doch nicht irgendwo "hinstecken"?

Gruß von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Niko

Beitragvon Niko » 09.10.2010, 12:09

danke zefi!
das geht schon ziemlich in die meinige richtung. "gesteckt" - natürlich wäre passender eingelagert oder gefüllt. irgendsoetwas. aber ich wollte hier auch einen negativen aspekt mit reinbringen. statt gären hätte ich auch "reifen" nehmen können. beim gären aber kommt auch eine negative komponente hinzu. ebenso auch bei "in den schatten gestellt" was wieder die erste zeile der ersten strofe aufgreift. - hier geht es um die erkenntnisse und erfahrungen, die man einlagert und die in einem gären. im hintersten hinterstübchen. und man weiß nie so recht, wie sich das gären letztendlich auswirkt. es kann zu einem guten wein werden oder zu einem widerlich vergorenen gesöff, das ungenießbar wird.......

liebe grüße: niko

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 09.10.2010, 14:13

Niko, wie das zweimalige Aber wozu formal zustande kam, war mir schon klar - inhaltlich bin ich leider nur ein bisschen weiter. "Steinvergessen" und reif ist mir aber plausibel geworden, danke.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 09.10.2010, 17:41

ich finde das sehr seltsam, diese forderung an den verfasser seinen text zu erläutern, kaum dass er dort steht. was ist das hier; eine stunde im deutschleistungskurs?

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.10.2010, 17:50

Hallo Xanthi,

nirgends wird hier Niko dazu aufgefordert, seinen Text zu erläutern. Ich, als Leser, habe ihm lediglich mitgeteilt, dass ich den Text nicht verstehe. That's it. Auch dies ist ein Feedback an den Autor. Und es liegt am Autor, ob er seinen Text erläutern möchte oder nicht, hm?
Ich fände es z.B. doof, wenn ich, als Autor, einen Text einstelle und keine Kommentare bekomme, weil der Text nicht verstanden wird. Da wäre es mir, als Autor, lieber, ein Feedback zu bekommen, dass der Text nicht verstanden wird (ist ja vielleicht auch nicht ganz uninteressant für den Autor) als kein Feedback zu bekommen.

Saludos
Gabriella

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 09.10.2010, 17:57

Lieber Niko,

Ich lese da eine Geschichte über erkaltete Liebe (worauf man genausowenig Einfluss hat, wie aufs Wetter), ich lese, dass mans hinnehmen muss. Was ja auch stimmt.
In der 2. Str. wird das Gefühl vertieft durch die Erkenntnis dieser traurigen Situation der Beziehung.
Die Süße der Trauben, die einst war, gibt es nicht mehr. In Fässer gesteckt <- brutal! gärt der Saft, man könnte auch sagen, verfault, was einst im Licht geglänzt hat: Die Liebe. Und damit rutscht das Paar von einst noch tiefer, das Ende ist Versteinerung.

Ich halte das "aber wozu" für eine müßige Frage in diesem Kontext, zumindest verstehe ich den Bezug nicht. Ich denke da eher an etwas Unveränderbares, das keiner Frage mehr bedarf, denn sonst müsste man sich ja fragen: Wozu sich überhaupt verlieben, wenn es eh den Bach runtergeht nach einer Zeit?

Also damit kann ich nichts anfangen, mit dem Text aber umso mehr!

Liebe Grüße
ELsa
Schreiben ist atmen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 09.10.2010, 18:01

Liebe Xanthi,

ich stimme Gabriella zu. Zudem ist das hier ja ein Forum, dem es um Textarbeit geht - das Verhältnis zum Text der Leser ist also schon ein wenig ein anderes, als wenn man einen Gedichtband ersteht, ein Gedicht nicht versteht und dann den Autor anruft und ihn um Erläuterung bittet. Ich finde in diesem Forum sollten manche Fragen bzw. es waren ja eher Hinweise schon erlaubt sein (für alles andere gibt es ja den Publicus). Natürlich mit Wahrung der Würde des Textes, weil es sonst eh Fragen wären, die ins Leere gingen.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Beitragvon Xanthippe » 10.10.2010, 10:48

Ja natürlich geht es um Textarbeit. hoffe ich doch! Und zu schreiben, dass sich mir als Leser dieses Gedicht verschliesst finde ich auch absolut legitim. Das ist eine wertvolle Rückmeldung. Ich mache das auch nicht einmal so sehr an einzelnen Sätzen wie Lieber Autor bitte hilf mir fest, sondern an so einem allgemeinen Gefühl, das ich mir manchmal beim Lesen habe, so einem Gefühl, als ginge es um Lösungen, als wären Gedichte Rätsel und wir als Kommentatoren suchen Lösungen. Das ist nicht mein Verständnis von Textarbeit. Da hat sich so ein leises Unbehagen eingeschlichen bei mir, aber es war sicher nicht fair, dass in diesem Faden anzusprechen, wo es ja um Nikos Gedicht gehen soll.

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 10.10.2010, 11:07

Hallo Nico,

Ich hatte keine Probleme, den Text als Liebes- bzw. Beziehungsgedicht zu lesen. (Wäre das auch so ohne die Rubriküberschrift)
Nur eine Kleinigkeit:
Der Wein gärt nicht. Das ist etwa so als wollte man Heu mähen.

Die Schlußzeile ist eigentlich überflüssig.
Die Sinnlosigkeit des Ganzen, zumindest des Weitermachen drückt sich in den vorigen Zeilen viel stärker aus.

Ein schönes Sprachspiel zur Weinmetapher wäre auch "verkorkst"?

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck


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