gespräch, ungeführt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 10.10.2010, 02:59




gespräch, ungeführt


wir tauschen fürworte
die besitzanzeigenden
und auch die unbestimmten
bis hin zu den persönlichen

wechselseitig fragend und
hinweisend bezüglich
sprechen wir uns
in die wortlosigkeit
erschüttert über soviel möglichkeiten
ohne macht
verjagen wir uns
uneinsichtig
in die aussichtslosigkeit

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 15.10.2010, 09:17

Hallo Niko!

Dieser Text ist mir zu leer. Wahrscheinlich hast du absichtlich so viele Grammatiksilben drin, aber mir geht dadurch jede Möglichkeit verloren, mich irgendwo festzuhalten. Aussichtslosigkeit, bezüglich... Hm. Das ist eher was für andere Salonisten :-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 15.10.2010, 12:30

entgegen dem eindruck meines vorkommentators ist mir dieses gedicht zu voll.
oder vielleicht liegt es daran, dass es auf eine art und weise komponiert ist, dass ich versuche zu verstehen (was sonst nicht meine erste reaktion auf ein gedicht ist) und mit dem verstehen stosse ich schon im titel auf schwierigkeiten, gespräch, ungeführt steht da. aber dann geht es los mit dem tauschen der fürworte, also hat ein gespräch stattgefunden, findet ein gespräch statt, dann meint der titel vielleicht das dieses gespräch ohne führung stattfindet, so vor sich hinläuft, ohne dass jemand die fäden zieht, eine richtung vorgibt. eine these, die man ja mit den letzten zeilen der zweiten strophe untermauern könnte, "sprechen wir uns/ in die wortlosigkeit" allerdings: wie macht man das? sich in die wortlosigkeit sprechen? so viel reden, so viele belanglose worte tauschen, dass kein einziges mehr den anderen erreicht, dass man vielmehr diesen zustand erreicht, in dem man glaubt, worte sind am allerwenigsten geeignet miteinander zu kommunizieren? ja, das wäre eine möglichkeit.
eine von "soviel möglichkeiten" über die das lyrische ich "erschüttert" ist
aber spätestens dort bin ich am ende mit meiner interpretation, mit meinem versuch etwas zu verstehen:
Niko hat geschrieben:ohne macht
verjagen wir uns
uneinsichtig
in die aussichtslosigkeit


aber bitte nicht falsch verstehen, ich verlange hier keine erklärungen :blink1:
sondern wollte nur erzählen, wie es mir beim lesen ergangen ist.

xanthi

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 15.10.2010, 13:54

Zu leer, zu voll ... für mich ist der Text etwas zu "konstruiert" (bis auf den letzten Teil), obwohl ich diese "staksende" Sprache auch wieder sehr treffend finde. Jemand, der sich ein Gespräch vornimmt - egal, ob er es dann führt oder nicht - gerät leicht in eine Sprache, die gar nicht seine ist (ein Beispiel: eine Freundin von mir hat ihren Anrufbeantwortertext im Passiv formuliert, ist zwar jetzt kein Gespräch im engeren Sinne, aber sie war offenbar nicht fähig, einfach-nur-normal zu reden.) Je schwieriger ein Thema ist - und hier, im Gedicht, scheint es das ja zu sein - desto mehr wächst die Gefahr, sich da einen Text "rauszuschrauben". Und daher finde ich den Denkansatz im Gedicht schon spannend ... nur in der ersten Strophe etwas arg übertrieben (sage ich, vielleicht geht es den nächsten Lesern ja wieder ganz anders?).

Ach ja, ich finde den Begriff "Wortlosigkeit" nach all den grammatischen Streifzügen nicht so ganz passend - obwohl mir die Wendung "sprechen wir uns in die Wortlosigkeit" isoliert gefällt.

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.10.2010, 21:40

huhu!

Ich teile die leichte Ratlosigkeit meiner Vorredner. Ich glaube, dass du, Niko, hier sehr viele Wortspiele miteinander verknüpft hast ohne dabei immer so darauf zu achten ob sie deiner inhaltlichen Intention auch gerecht werden. Das tun sie meines Erachtens nicht immer.

Das fängt beim Titel an:

"gespräch, ungeführt"

Gut. Das man ein Gespräch führen kann, dass einem nicht ergiebig oder sinnlos vorkommt ändert meiner Ansicht nach nichts daran, das man es geführt hat. Noch drastischer könnte man denken, wenn man diesen tollen Dauer-Zitat-Satz von Watzlawik auskramt "Man kann nicht nicht kommunizieren" - dass selbst ein wortloses Gespräch ein geführtes Gespräch sein kann - durch Körpersprache zum Beispiel.

Deshalb stoße ich mich auch an deinem Titel. Wieso nicht:

"gespräch, unausgesprochen" ???

Denn Unausgesprochenes oder Unverständliches behandelst du ja schon in deinem Text, so scheint es mir.


"wir tauschen fürworte
Eine Reihe
die besitzanzeigenden
und auch die unbestimmten
bis hin zu den persönlichen"

Oh, das finde ich gewagt. Das ist wieder so etwas - Für einen Hobby-Germanisten ist das vielleicht sogar noch ganz amüsant - aber mir gibt das sehr wenig... Da muss ich mich Ferdi etwas anschließen. Denn ich möchte anzweifeln, dass diese Klassifizierung, die du hier vorgenommen hast von wegen: Wir steigern uns in unserem Gespräch von den besitzanzeigenden und unbestimmten zu den "persönlichen" Fürwörtern - als gäbe es da eine Rangordnung (ob sie nun im Gespräch selbst spannend sein mag oder nicht) wirklich besteht. Ich denke es kommt auch sehr darauf an, was die Leute sagen- Ich kann mit einem Satz, der mit einem unbestimmten Pronomen beginnt: "Alle hier sind blöd." kann mehr aussagen als einer mit persönlichem Pronomen-Beginn: "Ich habe Hunger."

Oder?

Aber du möchtest ja wahrscheinlich ohnehin -ähnlich wie in Kästerns sachlicher Romanze- bloß aussagen, dass dieses Gespräch, egal welche Pronomen es auch beinhaltet genauso spannend ist wie die hohle Grammatik einer Sprache ohne jeglichen Inhalt.

Dafür finde ich es dann wieder zu kompliziert gedacht. Wie gesagt: Hobby-Germanisten würde das noch berühren, evtl - mich nicht.

"wechselseitig fragend und
hinweisend bezüglich"

Wieso hier das "bezüglich" ? "Bezüglich" zu was???

"sprechen wir uns
in die wortlosigkeit"

Das gefällt mir sehr gut!

"erschüttert über soviel möglichkeiten
ohne macht"

Das finde ich nun wieder viel zu allgemein und weit weg vom Thema Sprache. Vielleicht meinst du Sprachmöglichkeiten und Macht zur Sprache - aber das lese ich nicht heraus.

"verjagen wir uns
uneinsichtig
in die aussichtslosigkeit"

Damit könnte ich mich vielleicht noch anfreunden. Wobei mir auch das viel zu abstrakt ist.

Da ist mir die sachliche Romanze immer noch lieber.... mir fehlt hier auch ein bisschen die (Bild-) und die einfache Sprache, Niko :) !

Ist aber nur mein Geschmack...

Schönen Abend,
l


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