Im Kreis

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 18.12.2010, 22:01

Im Kreis vorher: Endgültig


Längst hatten wir uns
den Abschied entgegengesungen
weißt du noch?
das letzte Lachen
legte sich wohlig
über den Winter

Langsam wollt' ich
mein reiches Leben
nach Hause tragen
stand in der Tür
wurde wieder und wieder
geladen zum letzten Mahl

aus Mutterkuchen und
Fruchtwasserschleim
Zuletzt geändert von Amanita am 19.12.2010, 16:40, insgesamt 1-mal geändert.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 19.12.2010, 11:50

Guten Tag,

mit dem Titel kann ich nichts anfangen. Ich finde ihn erklärend, aber er erklärt ja nicht wirklich was das Gedicht erzählt.

Und müsste es nicht heißen: dem Abschied entgegengesungen?
was ich im übrigen schön poetisch finde, sich dem Abschied entgegenzusingen
und dazu passend das letzte Lachen, das sich wohlig über den Winter legt
Ein schönes Bild. So eine Art melancholische Hinnahme des Endes, des Endgültigen.

In der zweiten Strophe verschwindet das Du, es redet nur noch das lyrische Ich, das ein reiches Leben nach Hause tragen wollte, auch das stimmig zu dem was in der ersten Strophe erzählt wurde, dort an der Tür passiert nun etwas, das mich erstaunt, was ich aber nicht wirklich entschlüsseln kann: es wird wieder und wieder geladen zum letzten Mahl, das dann auch noch aus Mutterkuchen und Fruchtwasserschleim besteht, also aus dem womit alles angefangen hat. Einladung an das was am Ende Gültigkeit hat? (um noch einmal die Überschrift aufzunehmen?).
Nein, das erschließt sich mir nicht. Das ist ein Bild, das mich abstösst (ich bitte das so neutral wie möglich zu lesen, abstösst vom bislang gelesenen, dem was ich zu verstehen vermutet hatte und von der Stimmung, die sich aufgebaut hat) und ratlos zurücklässt.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 19.12.2010, 11:59

Ja, so war es ja auch bezweckt. Es geht um was Abstoßendes - im vielfachen Sinne.

Der Titel wäre noch zu ändern.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.12.2010, 15:00

Hallo Amanita,

ich sehe hier einen deutlichen Bezug zu deinem Text "Helene", aber diesmal die Beschreibung eines Prozesses. Ich wage mal eine Interpretation: im ganzen Gedicht spricht das LI, eine Sterbende, die immer wieder kurz vor dem Tod stand. LI wollte endlich sein reiches Leben nach Hause tragen, also gehen, sterben, das "irdische Leben" endlich abstoßen, doch so kam es nicht. Das Sterben war ein langer Prozess. LI musste das Loslassen ständig auf's Neue verschieben, abstoßen.
Und aus den letzten beiden Zeilen könnte man von Wiedergeburt lesen. Das "letzte Mahl" war der Tod und gleichzeitig die Geburt des Neuen. Der Tod, der dann endlich ("endgültig") eintrat.
Wobei dieses "endgültig" nicht passt, wenn hier das Thema Wiedergeburt gemeint ist.
Soweit meine Lesart.

Saludos
Gabriella

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 19.12.2010, 15:40

Wie gesagt, den Titel könnte ich noch ändern.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.12.2010, 15:55

Der Titel könnte etwas von "Kreislauf" oder "immer wieder" enthalten, etwas in dieser Richtung vielleicht?

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 19.12.2010, 16:19

Im Kreis fände ich gerade gut.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.12.2010, 16:32

jep, ich auch.


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