Am Heustadlwasser

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 12.02.2011, 09:10

Am Heustadlwasser

aus schroffem Braun brechen
Schneerosen ins Sonnenlicht
blass lehn ich an der Weide

und überm Uferpfad erklingt
das Lachen meiner toten Schwester

von ihrem Blond umweht
der alte Riese unsrer Kindheit
der geliebter Spielplatz war



danke an Flora!

1. Version
aus schroffem Braun bricht Frühling
Schneerosen beben im Sonnenlicht
blass lehn ich an der Weide

und überm Uferpfad erklingt plötzlich
das Lachen meiner toten Schwester

von ihrem Blond umweht ein Duft
den alten Riesen unsrer Kindheit
der geliebter Spielplatz war
Zuletzt geändert von Elsa am 16.02.2011, 20:15, insgesamt 1-mal geändert.
Schreiben ist atmen

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leonie
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Beitragvon leonie » 12.02.2011, 12:21

Liebe Elsa,

das finde ich einen ganz feinen, wehmütigen Elsa-Text.

Ich habe nur eine Sache, die mich ein wenig irritiert: das "blass" (woher weiß das lyrIch, dass es blass ist?). Eine Idee dazu wäre , in der folgenden Zeile das "und" und das "plötzlich" zu streichen (dann wäre sie nämlich eine Begründung für das Blasswerden) oder das klingt in die Vergangenheitsform zu setzen (was ich persönlich nicht so schön fände).

Dadurch würde allerdings die "gefühlsmäßige" Offenheit etwas zur Wehmut hin verstärkt. Ob das in Deiner Intention ist?

Ich habe den Text sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße an Dich!

leonie

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 12.02.2011, 17:40

Liebe leo,

Oh danke schön! Zum Blass, da dachte ich ans blasse Sonnenlicht einerseits, an die Winterblässe des LIs andererseits. Insofern weiß man schon, dass man blass ist, oder geht das nicht?

Ich könnte auch bleich nehmen, aber das ist dann wahrscheinlich zu extrem?

Liebe Grüße
ELsa
Schreiben ist atmen

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 12.02.2011, 17:50

Hallo Elsa!

Die Frage ist ja: "Blass" als langfristige Eigenschaft (=Winterblässe, da weiß man abends, dass der morgendliche Blick in den Spiegel noch gilt) oder "blass" als kurzfistige Eigenschaft (durch Übelkeit, Schrecken... das weiß man eben meist nicht selbst).

Mich stört es aber nicht.

Das "Plötzlich" dagegen könnte ohne weiteres fehlen. Gefährliches Wort, das, aussprachemäßig wie inhaltlich ;-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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allerleirauh
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Beitragvon allerleirauh » 12.02.2011, 18:02

hallo elsa,

für mich: ein perfekter text.

lg
a

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 12.02.2011, 18:12

Lieber Ferdi, danke! Ja, blass/Blässe hat die erwähnten 2 Bedeutungen, daher dachte ich, es passt recht gut. "Plötzlich" - i.R. ein Pfuiwort, dass ich meist umgehen mag, das stimmt schon.
Auch hier hab ich lang überlegt deswegen, doch scheint es auch lautmalerisch die beste Lösung, ich muss es mal einsprechen.

Liebe a,

allerleirauh hat geschrieben:hallo elsa,

für mich: ein perfekter text.

lg
a


wow! das von dir ist eine ehre, danke!

Liebe Grüße
ELsa
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leonie
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Beitragvon leonie » 12.02.2011, 18:17

Liebe Elsa,

ich überlege gerade, ob Du die letzte Zeile nicht noch in ein konkreteres Bild übersetzen könntest von dem, was die beiden dort spielten. "Geliebter Spielplatz" reflektiert ja schon, bleibt dadurch beim lyrIch, wenn Du ein Bild verwendest, entsteht die Szene noch stärker vor den Augen der Leser...

z.B. um es deutlich zu machen

"in dessen Ästen wir schwatzten"

Liebe Grüße

leonie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.02.2011, 20:36

Hallo Elsa,

ich finde das auch schön und traurigwarm, aber an manchen Stellen wirkt es auf mich noch zu "dick", um mich wirklich ganz zu erreichen.

In der ersten Strophe ist das vermutlich die Kombination von "Frühling" und "beben", der Frühling schlägt für mich schon ein ganzes Bild auf, in dem die Schneerosen dann untergehen und das "beben" scheint mir zu dramatisch gefühlsbeladen für die feine nächste Zeile. Für mich wäre da ein ineinander übergehen, bzw. miteinander in Beziehung treten feiner.

aus schroffem Braun brechen
Schneerosen ins Sonnenlicht
blass lehn ich an der Weide


In der zweiten Strophe ist es dann die Kombination von "und" und "plötzlich". Du hast zum "plötzlich" ja schon geschrieben... ich mag es trotzdem nicht, auch nicht lautmalerisch .-) und denke es erschließt sich hier auch von alleine. Wenn du es weglässt, würde es für mich auch die Leseart zulassen, dass diese Erinnerung, das Nahsein hier immer wieder auftaucht, "erwartet" wird, (auf)gesucht wird.

von ihrem Blond umweht ein Duft
Vielleicht geht das nur mir so, aber ich rieche in dieser Zeile eine frisch "Blondierte", .-) was sich für mich mit der Kindheit beißt und irgendwie unfreiwillig komisch auf mich wirkt, und dann ist es auch ein wenig gruselig, diese Verbindung von "toter Schwester" und "Duft"? Wenn du den Duft ganz herausnimmst, würde es für mich auch das Licht aus S1 noch einmal schön aufgreifen.

von ihrem Blond umweht
der alte Riese unsrer Kindheit
der geliebter Spielplatz war


Wie immer nur als Anregung. .-)
Der Titel ist wunderbar, weil man gleich dieses "Heimatgefühl" des LIch herausspürt, auch wenn man diesen Ort selbst nicht kennt.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.02.2011, 09:35

Liebe leo, liebe Flora,

herzlichen Dank für die guten Anregungen, über die ich sehr gern nachdenke, da sie mir "griffig" erscheinen.

Liebe Sonntagsgrüße
ELsa
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Gerda

Beitragvon Gerda » 13.02.2011, 11:35

Liebe Elsa,

das klingt nach ... ja ... und Blässe kann man sehr wohl spüren. Allerdings habe ich die Blässe ohnehin im übertragenen Sinn verstanden.
Es ist traurig-weich (Flora), ja. Ein wenig zu direkt für mich, aber in der Weichheit eben dann doch nicht aufdringlich.

Liebe Grüße
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.02.2011, 12:04

Liebe Gerda,

vielen Dank fürs Spüren.

Was die Direktheit angeht, nunja, ich bin eine direkte Texterin, das ist eben meine Art, du weißt es ja. ;-)

Liebe Grüße
ELsa
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.02.2011, 20:14

Liebe Flora,

ich habe deine Vorschläge allesamt aufgenommen, vielen Dank für die Hilfe, jetzt fühle ich mich gut mit dem Text!

Liebe leo,

nichts, was ich ausprobiert habe für die Schlusszeile, ist mir gelungen. Ich mag es doch so "offen" mit Spielplatz belassen.

Liebe Grüße
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.02.2011, 21:15

Liebe Elsie,

ja, durch die Änderungen hat es sehr gewonnen. Ein traurig-schönes Gedicht ist das.

Liebe Grüße
Gabi
O.T.: Wo ist dein Blondschopf geblieben???

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.02.2011, 21:46

Liebe Mucki, fein, vielen Dank!

OT: Futsch. Öfter mal (also nach 15 Jahren) mal was anderes ;)

Liebe Grüße
ELsie
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