Lieber Franz, ich hatte dir noch eine Antwort zu deinen Fragen versprochen ...
Du schreibst:
Renée, du hast Botho Strauß vor Augen? Von dem kenne ich außer einigen Theaterstücken gar nichts, und diese Stücke klangen für mich recht 'intellektuell verkopft' - ist das hier auch so? (Die Frage ist ernstgemeint, nicht rhetorisch - deine Interpretationsarbeit weist in diese Richtung)
Ja, in der Tat, Botho Strauß. Ich mag ihn sehr und habe ihn mehrfach sowohl auf Französisch als auch auf Deutsch gesehen, seine Theatertexte gehören zu den Besten, die ich kenne. Intellektuell verkopft finde ich sehr gut, Aber das noch um eine weitere Kategorie zu bereichern ist natürlich unsere Absicht, oder? Ich habe nichts gegen den Kopf, ein sehr nützliches Organ, das ziemlich viel aus sich herausholt.
Im nordischen Kontext sind die Walküren deutlich finster, Göttinen des Kriegs und des Sterbens in der Schlacht, Artemis und auch Athene würde ich sehr anders empfinden.
Mit dem zweiten Teil deiner Aussage bin ich natürlich einverstanden, mit dem ersten weniger. Zahlreiche Walküre->Darstellungen versuchen aus ihr etwas gleichzeitig starkes und liebreizendes herauszuholen. Finster ist sie eigentlich erst als sie merkt, dass die schöne Nacht mit "Siegfried" nie wiederkehren würde ... Sie kämpft um "angemessene" Liebe, scheint mir, im Rahmen der Contingences, ihrer Bedingungen, die ihr diesen Kampf auferlegen. Was Finster und was Heiter ist, müsste - die Mythologie betreffend noch einmal analysiert werden, wenn ich mich an die Mythen einiger Helden, Halbgötter und Götter der griech. Mtholgie erinnere, geht es dort sehr finster her ...
Die Anknüpfung an Wagner ist natürlich zulässig, Frage ist eher, ob die Motive hier auch so verwendet werden (ich habe sie eher trotz Wagner als wegen ihm verwendet -
Ja, das habe ich schon gemerkt ... das macht den Text für mich --- bitte nicht falsch verstehen - aber das macht für mich das "typisch Deutsche" solcher Anspielungen aus. Man muss bei Wagner irgend etwas Trotziges in der <Attitüde haben ... Ich wollte, die deutsche Gegenwartsliteratur wäre frei von solchen Rückversicherungen. Leider gibt es den Holocaust ungeachtet der Vorsichtsformulierungen einer zumeist nach 45 geborenen Intellektuellenschicht.
Vielleicht hättest du auf Wagner-Assoziationen dann verzichten müssen ... (ich meine, das hast du nicht getan, und gerade das finde ich sehr gut....)
bei 'Schatz' hatte ich mehr Gollum
wenn man bedenkt, dass Tolkien sein nationalsozialistisches Denken vorgeworfen wird, dann bist du bei Gollum mit Sicherheit geradezu näher an jenem Denken, als dir vielleicht lieb wäre ...
im Ohr als Rheingold;
Domizil ist aber schon deutlich anders belegt als Walhall oder die Fafner-Burg, das empfinde ich als vom Text wegführend).
Ich habe Inszenierungen gesehen, in denen das Domizil durchaus auch eine Fafnerburg sein könnte, eine dieser Inszenierungen, in der aus Fafner ein Ölkönig würde ...
Einige der Bilder haben noch andere Konnotationen, als du sie nennst (in der Reihung der "katholischen Dreifaltigkeit" aus Gottesmutter, Sohn und Geist wird letzterer durch die Taube symbolisiert).
Da hast du allerdings sicher Recht
Dies nur als Ergänzung, ich finde es sehr, sehr hilfreich zu lesen, wie sich bei anderen die Eingliederung eines Textes in die Gedankenwelt vollzieht, hier kennt man ja meistens nur den eigenen Prozeß halbwegs gut
Ich fand es toll, so mit dir diskutieren zu können und hoffe, dass zwischen uns kein Missverständnis entsteht -- ich Äußere hier auf sehr freizügige und vertrauensvolle Art Gedanken zu deinem Text, die deinen Text begleiten, und ihn nicht als alleinige Quelle verstehen. Nur ein Hinweis, wie weit Assoziationen gehen können- Der Leser sagte ein frz, Autor wird zur Erfindung des Kontextes angehalten. ...
liebe Grüße
Renée