Im Sommergarten

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 20.07.2011, 18:52

winzige Änderung:


Im Sommergarten

An manchen Tagen, da liebt
er nur deren Farben
und redet nicht

sein spleißiger Sonnenhut leuchtet
wie Flachs zwischen Dahlienköpfen
und Honigwolken aus Phlox

er pfeift mit den Amseln
füllt froh die alten Kannen aus
Blech, lässt ihre Begleitstimmen
rege scheppern

winkt schreckhaften Bläulingen
bei ihrer Wiederkehr, träumt
in die goldengefleckte Luft

und sammelt Beeren, schwarz dunkelrot
Es sind die letzten
die legt er sacht auf Porzellanweiß





Im Sommergarten

An manchen Tagen, da liebt
er nur deren Farben
und redet nicht

sein spleißiger Sonnenhut leuchtet
wie Flachs zwischen Dahlienköpfen
und Honigwolken aus Phlox

er pfeift mit den Amseln
füllt froh die alten Kannen aus
Blech, lässt ihre Begleitstimmen
rege scheppern

winkt schreckhaften Bläulingen
bei ihrer Wiederkehr, träumt in
die goldengefleckte Luft

und sammelt Beeren, schwarz dunkelrot
Es sind die letzten
die legt er sacht auf Porzellanweiß
Zuletzt geändert von Amanita am 20.07.2011, 20:09, insgesamt 2-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.07.2011, 19:15

Hallo Amanita,

oh, das gefällt mir sehr! Ein klanglicher und bildlicher Genuss.

Mir leuchten nur die Zeilenumbrüche teilweise nicht ein, weil sie sich gegen mein Lesen stellen und andere Zeilen dann wieder genau damit übereinstimmen. Machst du am Zeilenende jeweils eine kleine Pause?

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 20.07.2011, 19:21

Ja, beim Blech habe ich lange überlegt, sollte ich es doch ganz "konventionell" in die obere Zeile stellen? (Ich fand die B's so schön nebeneinander, außerdem ist das Kannen-Plong manchmal so rhythmisch-unrhythmisch, dass ich diesem "Stolpern" irgendwie Ausdruck verleihen wollte)

Nein, ich mache an den Zeilenenden nicht immer eine Pause.

Vielen Dank, Flora!

eve
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Beitragvon eve » 20.07.2011, 19:27

liebe amanita!

ich bin ein ganz großer fan von dir - immer wieder machen mich deine texte richtig glücklich! danke!

eve

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 20.07.2011, 19:43

Hallo eve, das rührt mich jetzt richtig an, ich freu' mich unbändig, mit Texten jemanden glücklich machen zu können.

Vielen herzlichen Dank.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.07.2011, 19:56

Hallo Amanita,

Ja, beim Blech habe ich lange überlegt, sollte ich es doch ganz "konventionell" in die obere Zeile stellen? (Ich fand die B's so schön nebeneinander, außerdem ist das Kannen-Plong manchmal so rhythmisch-unrhythmisch, dass ich diesem "Stolpern" irgendwie Ausdruck verleihen wollte)
Nein, dann würde ich daran nichts ändern, das ist doch eine wunderbare Erklärung!

Ich hätte wahrscheinlich hier anders gesetzt:

rege scheppern, winkt (weil da so ein schöner Schwung aufkommt)

schreckhaften Bläulingen
bei ihrer Wiederkehr, träumt
in die goldengefleckte Luft
(nach "träumt" bräuchte ich auf jeden Fall eine kleine Pause und die letzte Zeile wäre ein schönes zur-Ruhe-kommen, bevor es dann nochmal anhebt und mit der letzten Strophe verklingt.)

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 20.07.2011, 20:06

Ja, liebe Flora, das mache ich so wie in Deinem 2. Vorschlag.

Dein erster Vorschlag würde mir zuviel "umgraben", den lasse ich lieber!

moonlight

Beitragvon moonlight » 31.07.2011, 16:36

Liebe Amanita,
dein "Sommergarten" ein wunderschönes stimmungsvolles Gedicht das mich träumen lässt.....

LG
Moonlight

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 01.08.2011, 19:42

Vielen Dank, liebe moonlight. Ich komme gerade aus dem Urlaub wieder und freu mich über diesen "Empfang".

RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 06.08.2011, 12:22

Hallo Amanita,

mir gefiel das Gedicht ebenfalls sehr gut, die Farben und alten Kannen vermitteln eine bestimmte Stimmung, etwas zwar von Menschenhand angelegtes, aber mit langem Atem durchgetragenes, in dem der Garten sich selbst entfalten kann.
Aus dieser Stimmung heraus empfand ich aber das letzte Wort wie einen Schlag in die Magengrube - weißes Porzellan ist für mich der Inbegriff von naturferner Verkünsteltheit, die Natur in Dienst nimmt, als Lieferant für Farbtupfer auf der Fabrikware. Das mag ein persönliches Problem von mir sein ...
Grüße
Franz

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 06.08.2011, 12:31

Danke erstmal.

Das Porzellan habe ich sowohl als "Material"-Gegensatz reingebracht, dann aber auch als ganz normale Schüssel zum Ernten im Garten, wo es ja oft auch um kleinere (Rest-)Mengen geht, bei denen man nicht mit Wannen oder Holzkisten anrückt. Früchte auf weißem Porzellan sollten - vielleicht ist das ja nur bedingt gelungen - auf alte Stilleben hinweisen, in denen Früchte oft Symbole der Eitelkeit/ des endlichen Lebens sind. Das wiederum zur Unterstützung der Vorstellung, dass es sich um einen alten Mann/ Gärtner handelt, der sehr wohl jede einzelne Frucht der letzten Tage sieht und zu schätzen weiß.
Dass Porzellan so explizit Fabrikware assoziieren lässt, sehe ich nicht so - es geht schließlich nicht um Plastikkram, aber eben auch nicht um den Super-Öko, der sich die Holzschüsseln selbst schnitzt.

eve
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Beitragvon eve » 06.08.2011, 17:51

mir persönlich hat gerade dieses porzellanweiß als gegensatz zu den vorangegangenen weichen bildern sehr gut gefallen. ich sah das so unberührt und hell und kühl vor mir und die vorstellung, wie der alte gärtner die satten, dunklen früchte SACHTE darauf ablegt, hat mich speziell angerührt.
aber so wecken eben gedichte in jedem ganz verschiedene bilder und stimmungen!

eve

pjesma

Beitragvon pjesma » 07.08.2011, 10:41

ja, dieses *sachte* macht die würze
man sieht staubige, knorrige, etwas alterungelenke finger die etwas wertvolles mit hochschätzung und zärtlichkeit berühren :-)

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 08.08.2011, 10:32

Hallo,
eine schöne, sanfte Studie. Gefällt mir. Ich sehe sofort einen alten Garten und einen alten Gärtner vor mir. Noch mal die Schönheit des Sommers genießen, nicht weit weg in der Ferne, sondern bei sich. Vielleicht ist es der letzte.
Mit der Setzung kann ich mich nicht anfreunden, das liegt aber eher an mir. Ich lese es also einfach in einem durch als sei es Prosa.
Das Wort "spleißig" ist mir nicht vertraut. Was soll das bedeutet es hier?
Der Anfangssatz klingt mir noch seltsam. Ich denke, das "da" könnte weg. Wirkt etwas gestelzt so.
Liebe Grüße
Henkki

P.S.: gerade die anderen Kommentare gelesen. Porzellan absolut ok - null Assoziation mit Industrie bei mir. Eher mit etwas altem, verletzlichem, aber auch menschlichen in diesem Garten. Stillleben ist passend.


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