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Oktober

Verfasst: 02.10.2011, 10:52
von poeta
Oktober

die Seidensöckchen abgestreift
huscht der Morgen übers Taunass

entlockt Pergamentblättern
ein freudiges Rascheln

und legt Strahlenkränze
an Denksteinen des Sommers
nieder.

Verfasst: 02.10.2011, 15:07
von Eule
Hallo poeta, ein besonders schönes Herbstgedicht ! Lediglich die letzte Zeile würde ich so "auflösen":

"... und legt Strahlenkränze/an Denksteinen des Sommers nieder."

Herzlichen Dank und viele Grüße !

Verfasst: 02.10.2011, 15:48
von Amanita
Hallo poeta, Deinen fröhlichen Ansatz, den Herbst zu schildert, finde ich gut. Genau deshalb aber wirkt Deine letzte Strophe - Strahlenkränze, Denksteine, niederlegen - etwas zu dramatisch/ pathetisch auf mich. Damit bekommt Dein Gedicht für mich einen fast künstlichen Anstrich, den es nicht haben müsste.

Verfasst: 02.10.2011, 17:50
von poeta
hallo eule,
danke, dass du dich meiner zeilen angenommen und sie gleich so positiv bewertet hast.
beim zeilenumbruch vor nieder habe ich an einen "kippeffekt" gedacht, die strahlenkränze sollten unbelastet strahlen und erst im letzten vers durch das isoliert stehende nieder ihre schwere bekommen. nachteil ist dabei, dass das nieder dadurch wohl noch mehr nach unten zieht...


hallo amanita,
auch dir ein herzliches danke für das freundliche feedback. du hast schon irgendwie recht, wenn du ansätze von dramatik und pathos monierst. die idee war, die ambivalenz des "goldenen oktobers" auszudrücken, dieses einatmen und aufsaugen der wärmenden sonnenstrahlen, in dem bewusstsein, es könnten für dieses jahr die letzten ihrer art sein, das sortieren der sommer-, urlaubserinnerungen , denksteine setzen... und dann natürlich durch das kränze niederlegen grabassoziationen, die ja den oktober beenden...
möglicherweise meinst du aber gar nicht nur die inhaltliche komponente, sondern die gewählten worte selbst sind dir zu "gesucht"? für mich schien es insgesamt gut zu passen und ein rundes bild zu ergeben vom jugendlichen huschen auf bloßen füßen über das rascheln der pergamentblätter, zu den strahlenkränzen.
wenn du vorschläge hast wie man das besser fassen könnte, dann scheu dich nicht, mich an deinem ideenreichtum :smile: teilhaben zu lassen. ich freu mich über jede anregung und sag schon jetzt danke.

euch beiden liebe grüße, poeta

Verfasst: 03.10.2011, 15:21
von Max
Liebe Poeta,

ein schönes Herbstgedicht (und willkommen im salon).

Die Bilder mag ich,nurmit den Denksteinen hadere ich noch etwas, da sie sprachlich und inhaltlich aus dem zuvor Geschilderten herausfallen - mit einem Male geht der Text über das Beschreibende hinaus und auch sprachlich wartet der Text nun nicht mehhr mit Metaphern auf, sondern schöpft Worte neu. Vuielleicht ist aber auch gerade das gewollt?

Liebe Grüße
Max

Verfasst: 03.10.2011, 16:31
von ferdi
Hallo Max,

"Denkstein" ist nicht wirklich neu - nur hier bei uns in der Gegend nicht sonderlich verbreitet?! Ich habe es erst in einer Ode von Platen kennengelernt (Öder Denkstein, riesig und ernst beschaust du)...

Hallo Poeta,

willkommen im Salon! Dein Gedicht gefällt mir auch. Kluge, starke Bilder. Ein ganz klein wenig vermisse ich vielleicht ein Weisen über den Text hinaus, aber das ist nebensächlich.

Ferdigruß!

Verfasst: 03.10.2011, 20:37
von poeta
hallo max, hallo ferdi,
danke für euer willkommen und die insgesamt recht positive resonanz. ich hab mir ein paar tage zeit gelassen zum schmökern und war von der qualität der hier geposteten texte angenehm übrrascht :smile: .


@max,
"denkstein" ist leider nicht auf meinem mist gewachsen, eine verkürzte form von gedenkstein, und ich denke, dass sich in diesen denksteinen einige bilder überlagern, jedenfalls wars von mir so gedacht.

@ferdi,
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Zitat von ferdi:
Ein ganz klein wenig vermisse ich vielleicht ein Weisen über den Text hinaus,
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mir ist jetzt nicht so ganz klar, was du damit sagen möchtest und was du vermisst. nach meinem empfinden weist der text durch die gedenksteine des sommers schon auf eine zeit danach hin, oder? vielleicht meinst dus aber ganz anders.


euch beiden noch ein danke für eure rückmeldungen und
liebe grüße, poeta

Verfasst: 03.10.2011, 21:27
von Amanita
Hallo poeta! Der Grab-/Denk-/Stein ist mir, wie gesagt, eine Spur zu dramatisch, aber es liegt auch an dem Material Stein, der m. E. weder zum Sommer noch zum Herbst passt (wenn überhaupt, dann wohl zum Winter). Diesen Gegensatz kriege ich einfach nicht weg beim Lesen. Mit dem Strahlenkranz ohne Denkstein könnte ich mich sogar anfreunden!

Verfasst: 04.10.2011, 08:09
von poeta
hallo amanita,
wir zwei scheinen sehr unterschiedliche anschauungen von herbst zu haben. das habe ich ja auch in deinem "september" kennen gelernt und ich finde es ausgesprochen spannend und bereichernd, etwas über deinem blickwinkel zu erfahren .
während für mich das herbstlicht ein ganz besonders warmes mit hohem gelb-rot-anteil ist, assoziierst du mit "bleich" und "silber", während ich stein grundsätzlich gar keiner jahreszeit zuordnen würde, wie etwa auch baum, findest du, dass er "weder zum sommer noch zum herbst passt (wenn überhaupt, dann wohl zum winter)." das ist für mich sehr neu und überraschend. vielleicht liegt es daran, dass ich hier von bergen umgeben und gerade im herbst sehr viel auf "stein und fels" in ausgedehnten wanderungen unterwegs bin. da setze ich mich ganz gern auf einen sonnenwarmen stein, der mir mit seiner speicherkraft den sommer ein wenig verlängert...
wie auch immer, ich danke dir für deine ausführungen und den blick durch "deine brille".
liebe grüße, poeta

Verfasst: 05.10.2011, 17:36
von Max
Überraschend mit den Denksteinen. Dan n ist es wohl meine Unkenntnis. Nun ja ..

Verfasst: 06.10.2011, 08:08
von Jelena
Hallo poeta,

mir gefällt dein Gedicht auch sehr gut.
Ich habe mit den Denksteinen keine Assoziationsprobleme, denn sie fangen mit ihrem Bild die Schwere des Spätsommers und die Melancholie der zu Ende gehenden Schönheit, das Abschiednehmen und das Behaltenwollen von Erinnerungen, wie einen warmen Stein in einer Hand, sehr schön ein, besonders mit den niedergelegten Strahlenkränzen, die die Farben des Herbstes tragen.
Ich habe eher Schwierigkeiten mit dem Huschen und den Seidensöckchen. Eben weil ich mit der Seide Leichtigkeit verbinde. Jetzt wären die Seidensöckchen aber abgestreift und trotzdem huscht der Morgen? Ich empfinde den Morgen im Herbst länger und andauernder als im Sommer, weil ich ihn mit seinem späteren Anbrechen in seiner ganzen Spanne erleben kann. Das Tag erhebt sich träger. Ich würde schreiben wollen (ok, ok, das ist ein bisschen auch bei meiner Morgenstelle abgepinnt...ja, ja, meine Brille...):

"greift der Morgen übers Taunass" oder "geht der Morgen übers Taunass".

Aber gerne gelesen, Jelena.

Verfasst: 06.10.2011, 12:34
von Kurt
Hallo,

ich habe mich einzig an den „Pergamentblättern“ gestört gefühlt, denn damit verbinde ich ein ziemlich graues durchscheinbares Papier. Mein Vorschlag „pergamentene Blätter“, wenn es denn jene sein müssen. Ich hoffe, es beeinträchtigt nicht die Rhythmik.

LG Kurt

Verfasst: 06.10.2011, 20:05
von poeta
hallo max,
tja dann, wieder was dazugelernt :smile: !


hallo jelena,
es ist schon erstaunlich, wie unterschedlich bis gegensätzlich hier manche passagen wahrgenomen werden, was der einen stein (des anstoßes) sind der anderen die seidensöckchen. in meiner vortellung ergibt es schon sinn, dass der morgen nach abstreifen der nebelsöckchen noch leichter und flüchtiger über die taunassen wiesen huscht um einzuholen, was er so vermummelt verbummelt hat. ich bin überrascht, dass du "den Morgen im Herbst länger und andauernder als im Sommer" empfindest. Für mich ist gerade umgekehrt, da bei uns die sonne jetzt oft erst sehr spät durch den nebel bricht...
"greift" passt für mich gar nicht zu den unbesockten füßen und "geht" empfinde ich als zu lahm für einen sonnenquirligen jungen oktobermorgen. :smile:
in jedem fall ists sehr interessant, auch einmal durch deine brille schauen zu dürfen. danke dafür!



hallo kurt,
die "pergamentblätter" sind also deine stolpersteine?!

genau diese assoziationsmöglichkeit zum papier (ev. beschriebene blätter) finde ich ganz toll, weil sie mir auf einer weiteren ebene die brücke zu den denksteinen, zum angedenken an den sommer zu schlagen scheinen.
auch mit grau und duchscheinend kann ich mich ganz gut arrangieren als bild für alterung und verfall.

scheint jedenfalls bei dir nicht so angekommen zu sein, schade. aber mit den pergamentene blättern kann ich mich nicht nur aus rhythmischen gründen nicht recht anfreunden. sorry!


euch allen ein herzliches danke, dass ihr euch zeit genommen habt, in einen oktober hineinzuschnuppern und mir zu erzählen, wonach er für euch riecht :smile: .

liebe grüße, poeta

Verfasst: 11.10.2011, 12:03
von moonlight
Hallo Poeta,
ich finde dein Gedicht wunderschön ......es ist perfekt.

LG
Moonlight