Seite 1 von 2
Sonnenanbeter
Verfasst: 02.05.2006, 17:21
von Lisa
Sonnenanbeter
Das Kind ist
in den Brunnen
gefallen.
Hört ihr nicht?
Das Kind
ist in den
Brunnen gefallen.
Und ihr sucht
alle bloß nach der
goldenen Kugel.
Verfasst: 03.05.2006, 17:10
von Last
Hallo Lisa,
das Gedicht gefällt mir irgendwie, ich kann aber schwer erklären warum. Blicke nämlich lange nicht dahinter, was du meinst.
Eine Interpretationsmöglichkeit wäre den Untergang der Jugend darin zu sehen, "Das Kind ist in den Brunnen gefallen", der aber niemanden interessiert, weil jeder mit eigenen (materiellen?) Zielen beschäftigt ist, "Und ihr sucht alle bloß nach der goldenen Kugel."
Anders könnte man das Kind auf die Kugel beziehen, die Suche nach ihr ist vergeblich, dann die Sonne im Titel evntl. als Symbol für die Wahrheit, hmmm...
Naja, das Rätseln hat auch Spaß gemacht, mir ist es eh lieber, wenn ein Gedicht mich nachdenken lässt und ich es nicht verstehe, als wenn ich es sofort verstehe und so nichts daran gewinne.
Verfasst: 04.05.2006, 10:57
von Lisa
Hallo Last,
ja, meine Aussagen sind wohl oft auch zu versteckt...schade

.
Ja, alle rennen der goldenen Kugel nach, die aus der Sicht des lyrischen Ich in den Brunnen gefallen ist. Die goldene Kugel ist aber die Sonne (siehe Titel) und das Kind so etwas wie verlorene Träume Hoffnung des Ichs, die entgegen dem Sommer stehen...mehr will ich jetzt nicht erklären, sonst ist das Gedixcht kaputt :grin: . Das man das ganze auch auch materieller Ebene lesen kann, ist mir klar, das darf auch mitschwingen, aber der Titel sollte dies als primäre Basis eigentlich unterbinden.
Vielleicht hilft dieses Gedicht von mir, das hier oben besser zu verstehen...
Die Weide schreitDie Weide schreit.
Ich höre sie.
Wie viele Hochzeiten
mag es heute
schon gegeben haben?
Mein Brautkranz
ist ein Kranz aus Erde.
Die Weide schreit
Ich höre sie.
Nur mich,
mich hört man nie.
Verfasst: 04.05.2006, 11:23
von Last
Hallo Lisa,
ja, meine Aussagen sind wohl oft auch zu versteckt...schade
Das würde ich zumindest hier nicht zu sagen, meine Vertsändnisalternative geht ja auch in die richtige Richtung. Und wenn jemand schreibt, er habe nicht verstanden (wie ich oben), stimmt das meistens nicht ganz. Meistens ist damit gemeint, das die Sicherheit bei der Entschlüsselung fehlt, oder der letzte gedankengang fehlt, damit alles aufgeht. Und wenn jemand etwas anderes darein interpretiert ist das doch auch ganz nett
Ja, alle rennen der goldenen Kugel nach, die aus der Sicht des lyrischen Ich in den Brunnen gefallen ist. Die goldene Kugel ist aber die Sonne (siehe Titel) und das Kind so etwas wie verlorene Träume Hoffnung des Ichs, die entgegen dem Sommer stehen...mehr will ich jetzt nicht erklären, sonst ist das Gedixcht kaputt . Das man das ganze auch auch materieller Ebene lesen kann, ist mir klar, das darf auch mitschwingen, aber der Titel sollte dies als primäre Basis eigentlich unterbinden.
Deshalb hast du das Kind und den Brunnen also kursiv gedruckt, hatte schon geahnt, dass ihre Bedeutung deshalb eher symbolisch zu verstehen ist, als direkt.
Ich erkläre ja auch sehr ungern, dabei geht der Sinn der gewählten Bilder ja leider verloren.
Zu dem anderen Gedicht:
Hui, da werd ich auch etwas länger für brauchen, ist ja auch sehr gut verschlüsselt und auch sehr interessant

Verfasst: 04.05.2006, 11:30
von Lisa
Hallo Last
:grin: es sollte nicht verwirren, sondern helfen

. Na ja...egal.
Du hast mit allem Recht, was du sagt. Ich glaube auch, dass es Ebenen gibt, die nicht erreicht werden können, weil sie nur für einen selbst so sind.
Kursiv habe ich die beiden Worte gedruckt wegen der Betonung. Mir war wichtig dass erst Brunnen und dann Kind betont wird...
Verfasst: 04.05.2006, 12:21
von Gast
Hallo Lisa,
ich sage mal wie ich den Text verstanden habe und woher ich die Quellen gezogen habe.
Zum einen lehnt er sich an ein Märchen "Der Froschkönig" an. Der Königstochter fällt beim Spiel die goldene Kugel in den Brunnen (der Frosch holt sie ihr...)
In deinem Gedicht nun, fällt, das Kind konkret und im übertragenen Sinn in den Brunnen.
Du verwendest die alte Volksweisheit um daran festzumachen, dass wir materielle Werte viel zu hoch - manches Mal vielleicht höher als ein Menschenleben - achten...
Diese Stelle hat auch etwas Biblischens, erinnert mich an den Tanz ums goldene Kalb und die Gier nach Mammon...
Sinnigerweise stellt sich hier die Frage, wer holt das Kind aus dem Brunnen?
Die Kugel holte damals im Märchen der Frosch.
Wenn es in Anlehnung an dein Weidengedicht zu lesen ist, so denke ich, dass Menschen sich oft um das Falsche kümmern, nach dem Falschen trachten, unbelehrbar, obwohl jetzt sprichwörtlich, das "Kind schon in den Brunnen gefallen ist".
Ich könnte es durchaus auch politisch verstehen.
Ich hoffe, dass ich nichts zerredet habe.
Für mich kurz, aussagekräftig und gut, dein Gedicht.
Liebe Grüße
Gerda
Verfasst: 04.05.2006, 13:37
von Lisa
Liebe Gerda,
natürlich ist die goldene Kugel, die aus dem Froschkönig. Zerredet hast du gar nichts, im Gegenteil, danke für deine Ausführungen...es ist so spannend seine eigenen Texte gelesen zu sehen...ich sauge das auf wie ein...hm..was gibt es schöneres als Blutegel?

, Wischmob?
DANKE!
Lisa
Verfasst: 04.05.2006, 14:35
von Gast
Schwamm, liebe Lisa, aufsaugen wie ein Schwamm, das meinst du...nicht Schwamm drüber
.gif)
L. G. G.-
Verfasst: 04.05.2006, 14:49
von Trixie
Servus Lisa!
Ich habe dieses wundervolle Werk nun schon einige Male gelesen und gesucht und gedacht und es mir immer wieder durch den Kopf gehen lassen, aber ich finde beim besten Willen nichts, was ich konstruktiv beitragen könnte. Es ist einfach meiner Meinung nach perfekt, so wie es ist. Bei mir ist die Assoziation mit dem Froschkönig, der Sonne und dem Materiellen etc. auch sofort gekommen. Dieses Gedicht wirkt, klingt nach, ist Musik. Ich finde es fabelhaft!! §blumen§
lg Trixie
Verfasst: 04.05.2006, 16:40
von Max
Liebe Lisa,
ich finde das Gedicht ist in seiner Aussage sehr deutlich und das finde ich gerade im Kontrast zu den relativ sparsamen poetischen Mitteln (das ist keine Kritik sondern ein Lob) gerade bemerkenswert. Vielleicht könnte es noch gewinnen, wenn man das in den Brunnen gefallene Kind noch stärker inhaltlich gestalten würde - wobei mir z. Zt eine Kritik an materiellen Interessen am naheliegendsten scheint.
Liebe Grüße
Max
Verfasst: 06.05.2006, 21:15
von Louisa
Hallo Lisa!
Das gefällt mir sehr, sehr gut! Vor allem in einem Umfeld von Dauersolariumgängern...
Die Worte hast Du so perfekt strukturiert, so dass man es richtig verzweifelt rufen hört "Das Kind" !
Auch die literarische Anlehnung gefällt mir, verehrte Märchendame.
Das ist ein richtig guter Text!
Schattige Grüße, louisa
PS: Sonnenanbeter(innen) -sind das nicht auch diese Insekten, die ihre Männer nach der Paarung...
Verfasst: 06.05.2006, 21:41
von Lisa
Hallo Max, Trixi und Louisa,
danke §blumen§
Louisa: Das sind Gottesanbeterinnen :-$
Verfasst: 06.05.2006, 21:58
von Louisa
Oh, schande über meine Biologiekenntnisse!
(Wie gut, dass -fast- niemand weiß...)
Aber: Woher willst Du wissen, dass diese Solariumtanten nicht auch...
-Ich meine, manchmal schaun die schon ziemlich gefährlich drein.
Verfasst: 07.05.2006, 10:08
von Lisa
Hallo Louisa,
das mit den Solariumtanten würde ich niemals bestreiten...habe selbst ein Graus vor ihnen...vorallem, weil ich NIE braun werde :grin: