Am Ende
Die Nacht war voller Frost.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
kalt zu Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
Ich war ein Stein.
Am Ende
Liebe Amanita,
bis zum "Stein" finde ich dieses Gedicht folgerichtig und rund.
Obgleich es nichts erzählt, was man nicht kennen würde, hast du ein feines Bild gewählt, mit den 'vertrauten Klängen ...' usw.
Der/die letzte Vers/Zeile, ist mir ein Anhängsel; sie folgert für mich nicht zwangsläufig aus den vorhergehenden Worten.
Warum sollte das Lyrich ein Stein sein, wenn es doch Klänge als vertraut empfindet, die es aber nicht erreichen.?
Zugegeben eine Möglichkeit wäre es wohl, das wird mir gerade beim Schreiben klar.
Aber dieses hier:
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
ist meiner Ansicht nach weitaus kraftvoller als der letzte Vers.
Liebe Grüße
Gerda
bis zum "Stein" finde ich dieses Gedicht folgerichtig und rund.
Obgleich es nichts erzählt, was man nicht kennen würde, hast du ein feines Bild gewählt, mit den 'vertrauten Klängen ...' usw.
Der/die letzte Vers/Zeile, ist mir ein Anhängsel; sie folgert für mich nicht zwangsläufig aus den vorhergehenden Worten.
Warum sollte das Lyrich ein Stein sein, wenn es doch Klänge als vertraut empfindet, die es aber nicht erreichen.?
Zugegeben eine Möglichkeit wäre es wohl, das wird mir gerade beim Schreiben klar.
Aber dieses hier:
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
ist meiner Ansicht nach weitaus kraftvoller als der letzte Vers.
Liebe Grüße
Gerda
Amanita hat geschrieben:Am Ende
Die Nacht war voller Frost.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
kalt zu Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
Ich war ein Stein.
Liebe Amanita,
die Idee, dass Wörter aus der Fassung brechen, finde ich klasse. Die fließende Sprache wird so zu Steinen, Worte sind erstarrt, Leben erstarrt.
Ich würde die Klänge als Subjekt beibehalten, damit das Gedicht runder wird, würde das Adjektiv "kalt" streichen, weil der erste Vers das schon aussagt, und das etwas sehr hereinpolternde LI herausnehmen. Das ist der Punkt, der den letzten Vers zum Scheitern bringt, das LI wirft den Leser heraus. Wenn du es unbedingt brauchst, dann könnte man ja das Possesivpronomen "Meine" vor meinen Korrekturvorschlag setzen:
Am Ende
Die Nacht voller Frost.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
zu Boden
und brachen die Worte
aus der Fassung.
Meine Stadt ein Stein.
Liebe Grüße, Jelena.
Amanita hat geschrieben:Hallo Gerda, ich könnt's auch weglassen. Selbst assoziierte ich "wie versteinert" - also nicht mehr fähig, sich zu bewegen, etwas zu tun, den Zustand aufzuheben, passiv eben.
Aber der erste Teil ist mir natürlich wichtiger.
Ja, Amanita, das habe ich im zweiten Moment auch so verstanden.
Ich finde aber, dass diese Betonung oder Schlussfolgerung den Satz davor schwächt.
Ich würde mit ... aus der Fassung, dem in diesem Kontext neuen Bild enden ...(wenn es mein Text wäre)

Liebe Grüße
Gerda
Ich versuchs nochmal:
Die Nacht war voller Frost.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
hart zu Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
Liebe Jelena und Gerda, danke fürs kritische Lesen.
Wie gesagt, der letzte Satz muss nicht sein, ich lasse ihn tatsächlich mal weg.
Jelenas Fassung ist sicher "richtig", mir würde jedoch eine Silbe fehlen, daher habe ich das kalt durch ein hart ersetzt.
Und den Satz mit der Stadt würde ich - ich - nie so schreiben, weil für mich eine Stadt immer aus Stein ist. (Im Sinne Meine Stadt ein einziger Stein könnte ich es mir wohl vorstellen - nur das passt m. E. nicht, klingt in der Kürze fast zu redselig -)
Die Nacht war voller Frost.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
hart zu Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
Liebe Jelena und Gerda, danke fürs kritische Lesen.
Wie gesagt, der letzte Satz muss nicht sein, ich lasse ihn tatsächlich mal weg.
Jelenas Fassung ist sicher "richtig", mir würde jedoch eine Silbe fehlen, daher habe ich das kalt durch ein hart ersetzt.
Und den Satz mit der Stadt würde ich - ich - nie so schreiben, weil für mich eine Stadt immer aus Stein ist. (Im Sinne Meine Stadt ein einziger Stein könnte ich es mir wohl vorstellen - nur das passt m. E. nicht, klingt in der Kürze fast zu redselig -)
Amanita hat geschrieben:Und den Satz mit der Stadt würde ich - ich - nie so schreiben, weil für mich eine Stadt immer aus Stein ist.
Ja, das empfinde ich eben ganz anders.
Für mich ist eine Stadt in erster Linie Geräusch. Dann kommt die Lichtverschmutzung. Dann die Anonymität, die wuselnden Menschen. Dann Gerüche, der sichtbare Dreck, die Hektik, die Fenster, die Auslagen, die Straßenbahn. Ich könnte dir so vieles spontan zum Wort Stadt aufzählen.
Dass die Stadt Stein ist, käme mir aber eher nicht zuerst in den Sinn. Das ist ja das Ding! Wenn die Stadt nur noch Stein ist, dann ist der Mensch in ihr empfindungslos geworden oder auch wortlos, wie du es hier im Gedicht nennst.
Deshalb hat dieser subtile Schluss für mich gepasst. Aber das soll dich nicht lenken, ich wollte dir das nur erläutern. Den letzten Satz kann man natürlich auch weglassen.
Ansonsten empfinde ich den möglichen Verzicht auf ein Adjektiv immer zuallererst als Gewinn. Ich bräuchte dein "hart" nicht. Ich finde es abgenutzt, das Hart-zu-Boden-fallen. Und bei einem so kurzen Gedicht, zählt jedes Wort hundertfach.
Mir ging es nur um die (zusätzliche bzw. fehlende) Silbe. Eine adjektivlose Variante hätte ich noch:
...
fielen vertraute Klänge
auf den Boden
oder, was mir in der Konstellation dann besser gefiele:
...
prallten vertraute Klänge
auf den Boden
Als Schlusssatz hätte ich noch
Mein Raum war aus Stein.
...
fielen vertraute Klänge
auf den Boden
oder, was mir in der Konstellation dann besser gefiele:
...
prallten vertraute Klänge
auf den Boden
Als Schlusssatz hätte ich noch
Mein Raum war aus Stein.
Variante Eins gefällt mir besser. Prallende Klänge würden zurückprallen. Ich denke aber dass sie unten bleiben, am Boden die Worte aus der Fassung brechen. Bei der Schlusssatzvariante würde ich das "war" kürzen, um nicht Satzschema Eins zu wiederholen und durch die Ellipse Verbindung zu schaffen.
Die Nacht war voller Frost,
mein Raum aus Stein.
Die Nacht war voller Frost,
mein Raum aus Stein.
Hallo Jelena, ohne war gefällt es mir im direkten Anschluss besser. Also:
Am Ende
Die Nacht war voller Frost
mein Raum aus Stein.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
auf den Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
Damit könnte ich jetzt sehr gut leben :)
Am Ende
Die Nacht war voller Frost
mein Raum aus Stein.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
auf den Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.
Damit könnte ich jetzt sehr gut leben :)
Hallo Amanita,
Ich hab das hier gespannt verfolgt. Mir ging's wie Gerda, die letzte Zeile passte nicht, und das "hart" war mir auch zuviel, wie Jelena fand. Ansonsten gefiel mir das: Atmosphäre, Kälte, Klang und ein interessantes Bild.
Aber dann ist die Stadt/der Raum hinzugekommen. Für mich unvermittelt, unmotiviert. Ein Raum spielte für mich keine Rolle in der kleinen Szene und schwächt meiner Meinung nach auch den Eindruck des Moments.
Wieso plötzlich ein Raum? Hattest du den von Anfang an mitgedacht?
Was ich mag, ist das Bild der Wörter, auf die hier die Fassungslosigkeit des Ich projiziert wird. Diese Fassung aus Gewohnheit und Konvention.
Gruß - annette
Ich hab das hier gespannt verfolgt. Mir ging's wie Gerda, die letzte Zeile passte nicht, und das "hart" war mir auch zuviel, wie Jelena fand. Ansonsten gefiel mir das: Atmosphäre, Kälte, Klang und ein interessantes Bild.
Aber dann ist die Stadt/der Raum hinzugekommen. Für mich unvermittelt, unmotiviert. Ein Raum spielte für mich keine Rolle in der kleinen Szene und schwächt meiner Meinung nach auch den Eindruck des Moments.
Wieso plötzlich ein Raum? Hattest du den von Anfang an mitgedacht?
Was ich mag, ist das Bild der Wörter, auf die hier die Fassungslosigkeit des Ich projiziert wird. Diese Fassung aus Gewohnheit und Konvention.
Gruß - annette
Liebe Amanita,
ja, dein Vorschlag das "kalt" vor "zu Boden" wegzulassen und nicht durch hart zu ersetzen, gefällt mir sehr gut.
Wie so oft, empfinde ich auch hier, das Weglasen eines Attributs von Vorteil, es stärkt die Aussage.
Jetzt ist dein Gedicht ausgewogen und aussagestark, Sprachlosigkeit wird "hörbar".
Liebe Grüße
Gerda
ja, dein Vorschlag das "kalt" vor "zu Boden" wegzulassen und nicht durch hart zu ersetzen, gefällt mir sehr gut.
Wie so oft, empfinde ich auch hier, das Weglasen eines Attributs von Vorteil, es stärkt die Aussage.
Jetzt ist dein Gedicht ausgewogen und aussagestark, Sprachlosigkeit wird "hörbar".
Liebe Grüße
Gerda
hallo amanita,
meiner unmaßgeblichen meinung nach solltest du nicht der versuchung erliegen, zu "verschlimmbessern". dein gedicht hat schwere, einen hauch depressivität. das mag man unter umständen nicht mögen, aber die stimmung des ur-textes ist dicht und stimmig und erreicht mich.
dein gedanke an "versteinern" ist völlig in ordnung und nur folgerichtig. das am ende dieses prozesses eine versteinerung entsteht ist ein abrunden deines gedichts. vielleicht kann man - du - überlegen, ob man das versteinern nicht anders formuliert.
vielleicht so?:
Am Ende
Die Nacht war voller Frost.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
kalt zu Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung
zu Stein
liebe grüße: niko
meiner unmaßgeblichen meinung nach solltest du nicht der versuchung erliegen, zu "verschlimmbessern". dein gedicht hat schwere, einen hauch depressivität. das mag man unter umständen nicht mögen, aber die stimmung des ur-textes ist dicht und stimmig und erreicht mich.
dein gedanke an "versteinern" ist völlig in ordnung und nur folgerichtig. das am ende dieses prozesses eine versteinerung entsteht ist ein abrunden deines gedichts. vielleicht kann man - du - überlegen, ob man das versteinern nicht anders formuliert.
vielleicht so?:
Am Ende
Die Nacht war voller Frost.
Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
kalt zu Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung
zu Stein
liebe grüße: niko
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