Blinde Spiegel
Beim Blick auf deine Narben kommt dir die Idee zu einem Kinderspiel.
Du nennst es:
Gesattelte Schnecken
Oder:
Vollkorntorf
Mit beigefügtem Gesang
(aus einer batteriebetriebenen Plastiktruhe)
„Triptrip
du kommst mir nicht davon!
Traptrap
dich find ich unterm Schlamm!“
Dachtest du früher
etwas Großes erwarte dich
oder
etwas Großes verachte dich
weißt du heute:
lediglich eine kühle Empfindung
die ein dreistes Nagetier
an deine DNA geschissen hat.
Du bist
noch immer ein Prinz!
Und wären da nicht
diese autistischen Primzahlen
das Leben erschien dir
wie ein geglückter Gedanke
wie eine Liebe,
die beim ersten Beischlaf
nur ein Stück zu hart
über deine Haut fuhr.
Blinde Spiegel
Hallo mein Lieber,
ich kommentiere zwar eigentlich ungern deine Texte als Erste, aber es wäre zu schade, wenn diese Perle unkommentiert untergeht.
Ich tue mich schwer, den Weg zu finden vom Entwurf des Kinderspiels zur Erkenntnis des LI hisichtlich des vermeintlich Großen, das wohl doch nur ein Gendefekt zu sein scheint... Ein Kinderspiel als Bild für die Kindheit?
Ich liebe die Erkenntnis, "trotzdem" noch ein Prinz!
Mein absoluter Favorit hier ist allerdings (und das mit Abstand!) der letzte Vers.
Dieses "fast versöhnen" mit dem Leben (denn schon die Erkenntnis, das es störende Primzahlen sind, ist ja der Weg), das erscheint wie eine Liebe, die bei ersten Beischlaf nur ein Stück zu hart über die Haut fuhr... das ist für mich ein ganz phantastisches Bild, das mich beim ersten Leben schon gefangen genommen hat.
Für mich die Auseinandersetzung des LI mit dem Bisherigen, gerade im Wandel vielleicht, zumindest aber mit Aussicht auf Wandel. Insgeaamt erschließt sich dieser Text mir nicht in Gänze, stellt mich vor einige Rätsel und Interpretationsmöglichkeiten, aber ich bin, denke ich, auch noch nicht wirklich damit durch. Je mehr ich lese, desto mehr Figuren beginnen sich auf dem virtuellen Spielplan des Kinderspiels zu bewegen...
Sprachlich mag ich dieses Stück von Vorne bis hinten, wie eben schon erwähnt, ganz besonders allerdings den letzten Vers.
Gerne gelesen und auch noch nicht fertig damit.
Nicole
PS: Hatte ich erwähnt, das ich seit meine Phoenix Trip kein Wort mehrt geschrieben habe und gerade feststelle, das ich mich sogar zu ungelenk für einen Kommentar fühle?
ich kommentiere zwar eigentlich ungern deine Texte als Erste, aber es wäre zu schade, wenn diese Perle unkommentiert untergeht.
Ich tue mich schwer, den Weg zu finden vom Entwurf des Kinderspiels zur Erkenntnis des LI hisichtlich des vermeintlich Großen, das wohl doch nur ein Gendefekt zu sein scheint... Ein Kinderspiel als Bild für die Kindheit?
Ich liebe die Erkenntnis, "trotzdem" noch ein Prinz!
Mein absoluter Favorit hier ist allerdings (und das mit Abstand!) der letzte Vers.
Dieses "fast versöhnen" mit dem Leben (denn schon die Erkenntnis, das es störende Primzahlen sind, ist ja der Weg), das erscheint wie eine Liebe, die bei ersten Beischlaf nur ein Stück zu hart über die Haut fuhr... das ist für mich ein ganz phantastisches Bild, das mich beim ersten Leben schon gefangen genommen hat.
Für mich die Auseinandersetzung des LI mit dem Bisherigen, gerade im Wandel vielleicht, zumindest aber mit Aussicht auf Wandel. Insgeaamt erschließt sich dieser Text mir nicht in Gänze, stellt mich vor einige Rätsel und Interpretationsmöglichkeiten, aber ich bin, denke ich, auch noch nicht wirklich damit durch. Je mehr ich lese, desto mehr Figuren beginnen sich auf dem virtuellen Spielplan des Kinderspiels zu bewegen...
Sprachlich mag ich dieses Stück von Vorne bis hinten, wie eben schon erwähnt, ganz besonders allerdings den letzten Vers.
Gerne gelesen und auch noch nicht fertig damit.
Nicole
PS: Hatte ich erwähnt, das ich seit meine Phoenix Trip kein Wort mehrt geschrieben habe und gerade feststelle, das ich mich sogar zu ungelenk für einen Kommentar fühle?

Hallo Sam,
ich lese vieles so wie Nicole. Auch für mich ist das Spiel ein Zerrbild der Kindheit: Das alptraumhafte Nicht-Entrinnen-Können, gepriesene Vollkorn-Produkte (und sei es Torf) singendes Plastikspielzeug mit bedrohlichem Kinderreim.
Dagegen die Erkenntnis des Erwachsenen: dass dort nichts Großes ist, das irgendwie Notiz nehmen würde von der Existenz des Du: nichts Göttliches, niemand, der die Spielregeln macht, keine schützende, wohlwollende Macht, sondern nur Evolution. Also kein Grund zur Angst, allerdings auch nicht zur Hoffnung.
Es klingt spöttisch, wenn alle gereifte Erkenntnis nicht gegen den Wunsch aus Kindertagen ankommt: Prinz sein, Prinz bleiben.
Wunsch versus Wissen auch in der letzten Strophe. Die Mathematik, die Wissenschaftlichkeit steht dem Wunsch nach geglücktem Leben entgegen, das doch schon greifbar scheint.
Allerdings: Selbst das entworfene Bild des Gelingens ist noch unvollkommen, die Berührung "ein Stück zu hart". Warum "ein Stück"? Ist hier wirklich gemeint "ein Stück über die Haut"? Oder sollte es heißen "ein wenig"?
Mir wird die Haltung des Du nicht klar: Scharfer Blick für die Unzulänglichkeiten des Lebens oder Jammern auf hohem Niveau?
Der Text schwankt zwischen Anflügen von Romantik und Nüchternheit (auch im amtlich anmutenden Begriff vom "Beischlaf"). Vielleicht besser gesagt: Mir wird die Haltung des Ich zum Du nicht klar.
Soweit meine Assoziationen. Auch noch nicht fertig, wie mir scheint.
Gruß - annette
ich lese vieles so wie Nicole. Auch für mich ist das Spiel ein Zerrbild der Kindheit: Das alptraumhafte Nicht-Entrinnen-Können, gepriesene Vollkorn-Produkte (und sei es Torf) singendes Plastikspielzeug mit bedrohlichem Kinderreim.
Dagegen die Erkenntnis des Erwachsenen: dass dort nichts Großes ist, das irgendwie Notiz nehmen würde von der Existenz des Du: nichts Göttliches, niemand, der die Spielregeln macht, keine schützende, wohlwollende Macht, sondern nur Evolution. Also kein Grund zur Angst, allerdings auch nicht zur Hoffnung.
Es klingt spöttisch, wenn alle gereifte Erkenntnis nicht gegen den Wunsch aus Kindertagen ankommt: Prinz sein, Prinz bleiben.
Wunsch versus Wissen auch in der letzten Strophe. Die Mathematik, die Wissenschaftlichkeit steht dem Wunsch nach geglücktem Leben entgegen, das doch schon greifbar scheint.
Allerdings: Selbst das entworfene Bild des Gelingens ist noch unvollkommen, die Berührung "ein Stück zu hart". Warum "ein Stück"? Ist hier wirklich gemeint "ein Stück über die Haut"? Oder sollte es heißen "ein wenig"?
Mir wird die Haltung des Du nicht klar: Scharfer Blick für die Unzulänglichkeiten des Lebens oder Jammern auf hohem Niveau?
Der Text schwankt zwischen Anflügen von Romantik und Nüchternheit (auch im amtlich anmutenden Begriff vom "Beischlaf"). Vielleicht besser gesagt: Mir wird die Haltung des Ich zum Du nicht klar.
Soweit meine Assoziationen. Auch noch nicht fertig, wie mir scheint.
Gruß - annette
Lieber Sam,
ich finde die letzte Strophe klasse, besonders mag ich den Seufzer, die Irritation durch die "autistischen Primzahlen".
Ebenso finde ich das dreiste Nagetier stark, dass etwas an die DNA geschissen hat.
Aber die anderen: Hm, sehr viel Reflexion in einem Text, der durch konkretere Bilder meiner Meinung nach stärker wirken könnte.
Wie sehen denn z:B. die Narben aus? Für mich entsteht da kein Bild....
Liebe Grüße
leonie
ich finde die letzte Strophe klasse, besonders mag ich den Seufzer, die Irritation durch die "autistischen Primzahlen".
Ebenso finde ich das dreiste Nagetier stark, dass etwas an die DNA geschissen hat.
Aber die anderen: Hm, sehr viel Reflexion in einem Text, der durch konkretere Bilder meiner Meinung nach stärker wirken könnte.
Wie sehen denn z:B. die Narben aus? Für mich entsteht da kein Bild....
Liebe Grüße
leonie
Hallo meine Liebste,
Danke für die Perle!! Und fürs Lesen und so gut verstehen!
Das Gedicht bis in seine Details aufzuschlüsseln ist natürlich schwierig und ich befürchte, wenn ich es hier täte, ging ein großer Teil seines Reizes verloren.
Aber hiermit:
liegst du doch schon sehr nahe.
P.S. Das Kommentare schreiben hast du nicht verlernt
Hallo anette,
auch dir vielen Dank! Ich finde es toll, wie du dich in das Gedicht hineingedacht hast.
Zu deiner Frage bezüglich des Endes und der Haltung des Ichs zum Du:
Vielleicht ist es hilfreich den Titel mit einzubeziehen. Denn die blinden Spiegel sind, soviel kann man wohl verraten, besagte Narben. Blind deswegen, weil im Nachhinein nicht mehr zu sagen ist, was sie eigentlich verursacht hat.
Daher die Ambivalenz, die du in deinem Kommentar auch erwähnst. Möglicherweise rühren sie her aus der Kollision mit existenziellen Fragen. Ebenso denkbar ist aber, dass das Leben einfach nur eine Spur zu heftig über die Haut gefahren ist.
Hallo Leonie,
Reflektion findet man in meinen Gedichten, also in den allermeisten, wohl immer. Aber gerade so möchte ich sie haben.
Wie sehen die Narben aus? Sie sind blinde Spiegel.
Euch dreien nochmals herzlichen Dank!
Gruß
Sam
Danke für die Perle!! Und fürs Lesen und so gut verstehen!
Das Gedicht bis in seine Details aufzuschlüsseln ist natürlich schwierig und ich befürchte, wenn ich es hier täte, ging ein großer Teil seines Reizes verloren.
Aber hiermit:
Für mich die Auseinandersetzung des LI mit dem Bisherigen, gerade im Wandel vielleicht, zumindest aber mit Aussicht auf Wandel.
liegst du doch schon sehr nahe.
P.S. Das Kommentare schreiben hast du nicht verlernt

Hallo anette,
auch dir vielen Dank! Ich finde es toll, wie du dich in das Gedicht hineingedacht hast.
Zu deiner Frage bezüglich des Endes und der Haltung des Ichs zum Du:
Vielleicht ist es hilfreich den Titel mit einzubeziehen. Denn die blinden Spiegel sind, soviel kann man wohl verraten, besagte Narben. Blind deswegen, weil im Nachhinein nicht mehr zu sagen ist, was sie eigentlich verursacht hat.
Daher die Ambivalenz, die du in deinem Kommentar auch erwähnst. Möglicherweise rühren sie her aus der Kollision mit existenziellen Fragen. Ebenso denkbar ist aber, dass das Leben einfach nur eine Spur zu heftig über die Haut gefahren ist.
Hallo Leonie,
Reflektion findet man in meinen Gedichten, also in den allermeisten, wohl immer. Aber gerade so möchte ich sie haben.
Wie sehen die Narben aus? Sie sind blinde Spiegel.
Euch dreien nochmals herzlichen Dank!
Gruß
Sam
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