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Ein vorzeigbares Mädchen

Verfasst: 22.02.2012, 20:44
von Kurt
Version II
Ein vorzeigbares Mädchen

werde bei Bedarf hervorgeholt,
artgerecht aus dem Kulturkarton;
an ihm stoße ich mich nicht,
hüte meinen Body für euch,
den Kopf fürs Abitur;
meine Claims sind abgesteckt;
keine realen Experimentierfelder,
um mich zu erstellen.
Ich vergelte es euch,
mit meinem Beerencocktail;
gehe nicht zu den Punks;
eure Grabhügel sind meine Beete,
geziert der imaginäre Lustgarten
mit den Früchten eurer Erwartung,
zornige Tollkirschen, die aus
euren Bäuchen sprießen.


Version I
Ein vorzeigbares Mädchen

kein reales Experimentierfeld,
um mich zu erstellen;
werde bei Bedarf hervorgeholt,
artgerecht aus dem Kulturkarton.
Erwartungen vergelte ich
mit meinem Beerencocktail;
eure Grabhügel sind meine Beete,
geziert der imaginäre Lustgarten
mit Tollkirschen, die aus
euren Bäuchen sprießen.

Verfasst: 25.02.2012, 19:25
von Mucki
Hallo Kurt,

bei deinem Gedicht stehe ich vor einem Rätsel. Ich komm nicht dahinter. :12:
Vielleicht kommen :idee: - Kommentare daher, auf dass ich klarer sehe. ,-)

Lieben Gruß
Gabi

Verfasst: 25.02.2012, 20:47
von aram
lieber kurt,

gefällt mir - schöne bilder, klar vermittelt

liebe gabi, 'dahinter' komme ich auch nicht - aber muss man das denn, um sich von lyrik berührt zu finden?

Verfasst: 25.02.2012, 21:16
von Mucki
nicht immer muss man es, aram. aber hier berührt es mich nicht, weil die bilder für mich keinen zusammenhang ergeben. zudem sagt mir der titel, dass Kurt sich hier konkret etwas bei den bildern gedacht hat, sie einen kontext bilden.

Verfasst: 26.02.2012, 12:32
von Quoth
Mir erscheint das so völlig rätselhaft nicht, Gabriella und Aram. Das lyrische Ich rächt sich für die Herablassung, mit der es als "vorzeigbares Mädchen" bezeichnet und nur "bei Bedarf hervorgeholt" wird, indem es den Herablassenden in seiner Vorstellung ("imaginär") einen tödlichen Beerencocktail aus Tollkirschen verabreicht - und die entsprechenden Büsche sprießen dann auf dem Friedhof aus ihren Bäuchen ...

Kurt, Du hast schon mal so einen Zehnzeiler gepostet. Scheint ein Format zu sein, das Du magst.

Gruß
Quoth

Verfasst: 26.02.2012, 13:41
von Mucki
Jep, das macht Sinn, Quoth!

Liebe Grüße
Gabi mit Tomaten auf den Augen ,-)

Verfasst: 27.02.2012, 12:55
von Kurt
Danke euch für die Befasse. Besonderen Dank Quoth, weil ich seiner Erläuterung nichts Wesentliches hinzufügen muss.
LG Kurt

P.S.: Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen. Diese Erklärung zum Text kann natürlich keine inhaltliche Interpretation oder Analyse desselbigen sein. Sie umreisst nur einen Teil seiner beweglichen Oberfläche, ist aber offenbar ausreichend um den rätselnden Leser auf die richtige Fährte zu führen.

Verfasst: 28.02.2012, 18:32
von Quoth
Klar, Kurt: Nichts weiter als Fährtenlesen!
Die ersten beiden Zeilen
"kein reales Experimentierfeld,
um mich zu erstellen;"
waren mir etwas dunkel geblieben. Aber inzwischen bringe ich sie mit dem "imaginär" in Zusammenhang. Das "vorzeigbare Mädchen" ist ganz und gar auf seine Imagination angewiesen, kann sich nicht durch Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit entwickeln, erstellen, aus der bloßen Vorzeigbarkeit herauswachsen ...
Gruß
Quoth

Verfasst: 28.02.2012, 21:34
von Kurt
Na ja, es mag abweichende Vorstellungen von einem „vorzeigbaren Mädchen“ geben. Ich dachte mehr an jene wohlgeratenen Töchter, die in jene Rolle geraten und an die stolzen Papas – ja, und Mamas auch, die nicht enttäuscht werden wollen und im gesellschaftlichen Leben setzt es sich fort – Erwartungen kommen dann von anderer Seite. Aber dass dieses hier dargestellte Wesen nicht leidet unter seiner Rolle, darauf soll „artgerecht“ hinweisen. Man kennt das ja von Tieren, die aber einer freien Entfaltungsmöglichkeit beraubt sind.
Ja, Quodt, für dieses Mädchen bedeutet ihr „imaginäres“ Experimentierfeld ein Gegengewicht, sie wird zu einer anderen. Dieses Beet bzw. die Grabhügel ermöglichen es ihr, sich von denen zu befreien, die sie aus dem Karton hervorholen, um sich in der gesellschaftlich geschätzten Verkörperung wie gewohnt präsentieren zu sollen. Natürlich bringt es dem Mädchen Anerkennung und Gewinn. So widersetzt sie sich dem nicht. Aber ihre Claims sind vorgegeben, schließen die Verwirklichung anderer Eigenschaften aus. Vergolten mit Beeren sprießen so die eindimensionalen Erwartungen an unser Mädchen in Gestalt von Tollkirschen als Früchte des Zorns aus den Bäuchen ihrer Verursacher. Aber, wie gesagt, die Vorstellungen, die der Leser mitbringt, können zu abweichenden Eindrücken führen.

LG Kurt

Verfasst: 01.03.2012, 16:54
von Kurt
Habs eben umgeschrieben. Aber vielleicht sollte ich es erst ma ruhen lassen und eventuell später nochmals vornehmen. Nehme die Version also hier wieder raus. Sorry!

LG Kurt

Verfasst: 01.03.2012, 19:01
von Mucki
Hallo Kurt,

schade, ich hätte gerne deine umgeschriebene Version gesehen. Was du am 28.2. geschrieben hast, klingt ausgesprochen interessant, konnte ich jedoch nicht aus deiner bisherigen Version herauslesen.
Ist deine neue Fassung länger?

Lieben Gruß
Gabi

Verfasst: 01.03.2012, 20:50
von Quoth
Ja, stell doch die neue Version über die alte. Die alte nicht überschreiben - sondern beide zeigen!
Gruß
Quoth

Verfasst: 01.03.2012, 21:25
von Kurt
Na ja, was solls. Wie bin ich bloß an dieses verdammte vorzeigbare Mädchen geraten. Habe den neuen Versuch über die alte Version gestellt.

Kurt

Verfasst: 01.03.2012, 23:40
von Mucki
Hallo Kurt,

deine etwas längere Version gefällt mir gut! Die Umstellung zu Beginn macht Sinn und man erfährt als Leser mehr von ihr, auch die jetzt "zornigen" Tollkirschen (tolles Bild!) finde ich gut gewählt.

Liebe Grüße
Gabi