[in die ferne]

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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birke
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Beitragvon birke » 14.06.2012, 18:52

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in die ferne blaut
der mond und die nacht
taumelt blind
weil sie dein wort nicht erkennt.

ich bieg mich ins dunkel und taste
nach deinen sternenaugen -
sie sind mir verschlossen.

schwer senkt sich der atem
und schenkt dem frühen vogel
mein liebeslied.

mit engelszungen
streift er dein morgenlid.



(dj06/12)

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.06.2012, 15:20

Liebe Diana,

dein Gedicht ist mir persönlich ein bisschen zu süßlich. Worte wie "Sternenaugen" und "Engelszungen"
sind es, die diesen Eindruck bei mir auslösen.

birke hat geschrieben:der mond und die nacht
taumelt blind
weil sie dein wort nicht erkennt.

Hier verstehe ich bei "weil sie dein wort nicht erkennt" nicht, welches Wort hier von wem gemeint ist. Aber das will nichts heißen. *lach*

Liebe Grüße aus Idstein, das gerade in einem Monsterschauer versinkt
Gabi

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birke
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Beitragvon birke » 19.06.2012, 18:20

Liebe Gabi,

süßlich finde ich interessant - weil ich es gerade hier so nicht empfinde!
Denn - die "sternenaugen" sind (dem LI) ja verschlossen.
Und die "engelszungen" spielen hier nicht zuletzt auf das Sprichwort an.
Hier verstehe ich bei "weil sie dein wort nicht erkennt" nicht, welches Wort hier von wem gemeint ist.

Na - "dein Wort"! Lach ... nee, es ist natürlich ein (geliebtes) Du gemeint, welches sich (in dieser Nacht) in Schweigen hüllt.

Ich danke dir für dein Feedback, Gabi, freut mich, dass überhaupt jemand was dazu sagt! :)
Und nicht alles kann jedem gefallen, so ist das nun mal - glücklicherweise! Wo kämen wir denn sonst hin! ;)

Liebe Grüße aus dem warmen aber trüben Westerwald,
Diana
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scarlett

Beitragvon scarlett » 19.06.2012, 20:05

liebste di,

dein gedicht themtisiert für mich die drohende situation eines verlustes. ob nun vorübergehend wie die nacht oder endgültig, das bleibt hier offen.
mit engelszungen wird da geredet, es bleibt zu hoffen für dein li, dass dieses reden von erfolg gekrönt sein wird.

du verwendest hier natürlich schon wörter, die heute zumindest fragwürdig erscheinen, allerdings verbindest du sie in einer für mich durchaus interessanten art, weshalb ich sie hier nicht als zu süß o ä empfinde. außerdem mag ich es ja selber zuweilen romantisch und barock :-)

ganz besonders mag ich die bewegung in deinem gedicht, dieses sich weg bewegen, dann hinein biegen, sich senken ...
vielleicht würde ich das erkennt ändern in ein findet.
kannst ja mal darüber nachdenken.

mir gefällt deine gedicht!

herzlichst,
deine mo

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.06.2012, 20:19

An deinem Kommentar, liebe Monika, erkenne ich, dass ich Dianas Gedicht überhaupt nicht verstanden habe. Diese "drohende Situation" habe ich gar nicht herausgelesen.
Hab's geahnt, da ich ja schon diesen einen, von mir zitierten Satz, nicht kapierte. ,-)

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birke
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Beitragvon birke » 19.06.2012, 20:48

Hab Dank, liebste Mo, freut mich sehr, dass du damit was anfangen kannst.

Ja, es ist zumindest das Gefühl des LI eines drohenden Verlustes (die Nacht/ es "erkennt nicht").
Warum auch immer, was auch immer wirklich geschieht - das bleibt hier offen.

"findet" statt "erkennt" ist ein interessanter Gedanke ... warum meinst du, wäre das eventuell besser?
Ich werde drüber nachdenken, aber es würde den Akzent ja schon verschieben ... wenn auch nur minimal. :smile:

Alles Liebe,
deine di
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 19.06.2012, 23:01

Hallo Diana!

Die zweite Strophe finde ich toll! Daraus kann ich auch den drohenden Verlust lesen, den Anfang vom Ende.

Aber sonst muss ich auch sagen: Es ist mir zuviel. Taumelt blind ist so ein Beispiel.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.06.2012, 09:46

Hallo Diana,

mir ist das auch zu süß und vom Gefühl her zu sehr "gedichtet", als dass es für mich wirken könnte. Sicher kann das reine Geschmackssache sein, aber ich versuche trotzdem mal aufzuzeigen, woran es für mich hängt.
in die ferne blaut
der mond und die nacht
taumelt blind
weil sie dein wort nicht erkennt.
Ich zucke schon beim "blaut" zusammen und hoffe dann, dass das Wort auf eine eigene, neue Weise eingebettet wird, was aber für mich nicht gelingt. Auch wenn sich das alles schön anhört, aber warum taumelt die Nacht und dann auch noch blind, weil sie dein/sein Wort nicht erkennt? Und warum blaut der Mond in die Ferne? Diese Strophe wirkt auf mich dann wie eine leere Hülle. Wie so oft, habe ich auch hier Schwierigkeiten mit den Personifikationen und mir fehlt auch das LIch hier.
ich bieg mich ins dunkel und taste
nach deinen sternenaugen -
sie sind mir verschlossen.
"Sternenaugen" für sich genommen, wäre für mich noch nicht unbedingt kitschig, aber in Verbindung mit den ganzen anderen Standardliebesgedichtworten (Ferne/ Mond/ Nacht/ taumeln/ Atem / Vogel / Liebeslied - Lid) kann es für mich nicht mehr anders wirken. Ob sie nun geöffnet oder verschlossen sind, ändert für mich daran nichts.
Dem "bieg" würde ich noch ein "e" schenken, da für mich sonst die Bewegung des "Biegens" zu zackig ist?
Der Gedanke nach Augen zu tasten, bzw. zu schlafen und jemand tastet nach deinen Augen, weckt an dieser Stelle allerdings eine sehr unangenehme Vorstellung für mich.
schwer senkt sich der atem
und schenkt dem frühen vogel
mein liebeslied.
Auch hier fällt es mir schwer mitzugehen. Schwer senkt sich der Atem nimmt etwas vom Gefühl des Augentastens für mich auf. Da schläft einer und einer erstickt, erdrückt ihn fast mit seinem eigenen "Atem", seinem Geliebtseinwollen, dem Hörenwollen. Aber warum wird das Liebeslied dem Vogel geschenkt? Ich bekomme da die Schwere auch nicht mit dem Vogelgezwitscher zusammen.
mit engelszungen
streift er dein morgenlid.
Die Engelszungen gefallen mir, weil sie die Redewendung aufgreifen und an dieser Stelle auch nochmal das "Bedrängende" des LIch weiterführen und LIch das auch selbst wahrzunehmen scheint. Ich bin aber bis zum Ende so übersättigt, dass mir die Komposita Morgenlid dann auch einfach zu viel ist.
Ganz unabhängig davon würde ich die Endstellung von Lied – Lid versuchen zu vermeiden.
Soweit mal mein Eindruck.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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birke
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Beitragvon birke » 20.06.2012, 14:43

Hallo Amanita, freut mich, dass dir zumindest die zweite Strophe zusagt!

Das andere, das für dich „Zuviel“ … nun, ich denke durchaus, dass das Geschmackssache ist. Denn „taumelt blind“ ist ja eine andere Aussage als nur zu taumeln – oder nur blind zu sein. Für mich jedenfalls. :-)

Hab Dank für deinen Kommentar!




Hallo Flora,

hab Dank für dein ausführliches Feedback!

Wie ich schon Amanita schrieb, ich denke schon, dass es überwiegend eine Frage des Geschmacks ist.
Für mich ist dieser Text eben durch den Kontext, in dem die Worte verwendet werden, nicht zu süß.
Natürlich hat er romantische Elemente, ganz klar. Aber diese sind ja hier in einen besonderen Kontext gestellt. Und überhaupt - wer sagt, dass man (oder frau ;)) nicht so schreiben darf? Natürlich stellt sich die Frage, wie es beim Leser ankommt. Es scheint so zu sein, dass manche sehr viel damit anfangen können, und manche eben nicht.

Zu einzelnen Punkten:

Zur ersten Strophe, nun, der Mond ist nicht zu sehen, somit die Nacht dunkel, das LI verwirrt, weil es das Du nicht findet, um es mal auf ganz einfache Weise auszudrücken. Für mich steckt hier durchaus viel drin, in der ersten Strophe …

Und – Flora, wer sagt denn, dass das Du schläft? Das steht nirgendwo.
Dass die „Augen dem LI verschlossen sind“ , so wie die weiteren Zeilen sind hier natürlich nicht wörtlich zu verstehen.

Desweiteren: „der Atem senkt sich“ – dem LI wird schwer ums Herz – und versucht seine Gedanken und Worte dem Du mitzuteilen, es zu erreichen. „der frühe Vogel“ bringt dann dem Du die Liebe des LI nahe, trägt sie quasi zu ihm, aber erst am Morgen, wenn alles wieder heller ist. metaphorisch zu verstehen, versteht sich ;)

Und die Stellung von „Lied“ und „-Lid“ ist schon genau so intendiert hier …

Ich glaube, wirklich ändern möchte und kann ich an dem Text nichts, er würde wohl sonst komplett anders werden. Vielleicht schreib ich ja noch eine zweite Version … in nüchterner, sachlicher, weniger bildlichen Manier ….? Ich könnts mal versuchen, wäre sicher interessant. :-)

Habt Dank!

Liebe Grüße
Diana
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.06.2012, 19:46

Hallo Diana,

Und – Flora, wer sagt denn, dass das Du schläft? Das steht nirgendwo.
Das hatte ich wohl einfach zugunsten des LIch angenommen, da ich die Vorstellung nach Augen zu tasten, die man eventuell offen vermutet, noch unangenehmer finde. Aua. .-)
Dass die „Augen dem LI verschlossen sind“ , so wie die weiteren Zeilen sind hier natürlich nicht wörtlich zu verstehen.
Warum natürlich? :blink2: Und warum verwendest du Bilder, wenn der Leser sie nicht sehen, nicht (für) wahrnehmen soll?
Vielleicht schreib ich ja noch eine zweite Version … in nüchterner, sachlicher, weniger bildlichen Manier ….? Ich könnts mal versuchen, wäre sicher interessant.
Ja, das fände ich auch interessant, wobei das aber nicht das trifft, was ich meinte, bzw. kritisierte. Ich habe den Eindruck, wir reden da gerade noch ein wenig aneinander vorbei, bzw. gehen von sehr unterschiedlichen Leseweisen aus. :)

Liebe Grüße
Flora
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Beitragvon birke » 21.06.2012, 07:44

bzw. gehen von sehr unterschiedlichen Leseweisen aus. :)


Ja, liebe Flora, das scheint mir in der Tat der Fall zu sein! :-)

Liebe Grüße
Diana
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