concerto appassionato

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 09.05.2006, 09:21

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, ihre Texte zu löschen. Dieser Bitte kommt die Administration nach.
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Herby

Beitragvon Herby » 10.05.2006, 01:14

Liebe Gerda,

seit dem ersten Lesen ging mir dein concerto nicht mehr aus dem Kopf!

Kurzer Kommentar nur für den Moment: Irritierend und faszinierend! Später mehr dazu.

Späte Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 10.05.2006, 06:14

Danke, Herby, ich bin sehr gespannt
frühmorgenliche Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 16.05.2006, 01:41

Hallo Gerda,

Wie ich schon in meinem früheren posting schrieb, finde ich deinen Text irritierend und faszinierend gleichermaßen.

Irritierend direkt zu Beginn: Als Titel "Leidenschaftliches Konzert" und dann gleich im Vers "requiem aeternam"... Worte der Totenliturgie!Desweiteren wegen der lateinischen Begriffe, die mich in ihrer Häufung zunächst einmal erschlugen und auch etwas abschreckten. Dein Gedicht erschloss sich mir erst nach mehrmaligem Lesen, und auch das nur ungefähr und nach Recherchen. Hinzu kam dann noch die Tatsache, dass die Verse auf mich sehr wuchtig und listenhaft wirkten, da du auf eine Einteilung in Strophen verzichtet hast.
Vielleicht ist das Schweigen des Forums zu deinem Text ja ein Zeichen dafür, dass es anderen Lesern ähnlich wie mir ging.

Faszinierend finde ich, dass du, so wie ich das erkannt zu haben glaube, beim Aufbau deines Textes zum einen dem Aufbau des Mozartschen Requiems gefolgt bist: Dies irae – Tuba mirum – Lacrimosa – Offertorium / Hostias – Sanctus und Agnus Dei. Zum anderen hast du diese Gliederungspunkte mit dem Ablauf einer erotischen Begegnung verwoben. So weit erst einmal etwas unsichere Gedanken zu meinem Gesamtverständnis deines Gedichts.
Bei den Detailfragen wird es dann noch schwieriger, da ich zumindest an zwei Stellen den Zusammenhang zwischen den lateinischen Begriffen bzw. ihrer Übersetzung und der Handlung nicht verstehe. Zunächst gleich zu Beginn:

an deiner schulter
strebt alles
zum dies irae


An deiner Schulter strebt alles zum Tag der Rache? Rache wofür? An wem? Wie sieht hier die gedankliche Verbindung zum letzten Vers aus ( liebe, ruhe, frieden )?

Dann folgende Stelle:

nur gehalten
von dir
quid sum miser
fließend zarte
erholung


Du hast ja diesen wie auch die anderen lateinischen Verse verkürzt verwendet. Ist die deutsche Übersetzung „Weh
( Ach), ich Arme“ richtig und wenn ja, wie passt sie in den inhaltlich - thematischen Kontext?

Wie gesagt, ich kann nicht ausschließen, dass ich mit meinen Gedanken völlig daneben liege und bin neugierig auf deine Verständnishilfe!

Nächtliche Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 16.05.2006, 14:49

Danke Herby, dass du dich dran gemacht hast…

Ich weiß ja, dass ich da schwere Kost bereitet habe…
Und das in der Spargelsaison… ;-)

Zunächst einmal zum Titel: Für mich ist ein Requiem immer ein leiden-schaftliches Konzert
Mag sein, dass sich daieses daraus erklärt, dass ich selber einige große Werke mitgesungen habe, oder aber einfach weil mir tragische Musik eben so besonders gut gefällt. (siehe auch: Louisas Thread: Ich erwarte eure Lieblingslieder)
(Ich würde mich als romantisch und durch und durch leidensfähig beschreiben… sicher mit einem Hang zur Theatralik ,-)

Meiner Meinung nach sind gerade die großen Totenmessen dazu angetan, sie zum Liebesakt in Bezug zu setzen.
Mir ist bewusst, was für ein Wagnis das für manchen Leser sein mag. Für mich gehört eh alles zum Leben dazu, der Schmerz, der Tod, die Freude, die Liebe, die Vergänglichkeit, die Erotik… usw.
Das „Lacrymosa“ (Tag der Tränen) bei Berlioz eignet sich im übrigen hervorragend um darauf einen Walzer zu tanzen).

Meinem „concerto“ liegt ein Konzertbesuch der Grande Messe des Mortes von Hector Berlioz zugrunde, genau die Reihenfolge wie bei Mozart, lieber Herby.
Nun kann ich zwar die Texte der Totenmessen natürlich mehr oder weniger auswendig in Latein, klar, wenn man die Werke mal in Konzerten mitgesungen hat, entscheidend für das Verständnis dieses Gedichts ist das aber nicht.
Es reicht völlig, wenn man den Inhalt grob kennt und sich ansonsten dem Klang der Worte hingibt…
Eigentlich ist dieses Gedicht nicht mehr und nicht weniger als eine Liebeserklärung, an den Mann, der Musik so hört und versteht wie ich.
Von der Verdichtung glaube ich vielleicht zu Unrecht, dass sie die Leidenschaft auch ohne Musik für jeden Leser fühlbar transportiert…

„La petite mort“, der kleine Tod, so nennen die Franzosen den Höhepunkt beim Liebesakt.

Für mich gibt es also auch tatsächlich einen Schnittpunkt.

Nun gut ich möchte also auf keinen Fall Satz fur Satz erklären.
Vieles ist pure Fantasie, der Leidenschaft des Augenblicks entsprungen.

Das Gedicht schrieb sich fast von selbst vor zwei Jahren und hat damals zeitnah winzige Änderungen erfahren.
Lieber Herby, ich hoffe, du bist nicht enttäuscht, dass ich sage, ja du kannst es so und so verstehen... denn ich bin auch die „Arme“ , da diese Liebe zwar in ein wunderbare Freundschaft gemündet ist, aber nie erfüllt wurde…

Und den Tag der Rache…den darfst du nicht wörtlich nehmen… eher als eine Facette der Leidenschaft.

Ob ich jetzt nicht schon viel zu viel dazu geschrieben habe?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Für mich hat dieses Gedicht zentrale Bedeutung.

Nun gut, lieber Herby, ich hoffe, es ist jetzt etwas heller um dich herum…

liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 16.05.2006, 22:06

Liebe Gerda,

durch deine ausführlichen Erklärungen ist mir dein concerto jetzt etwas klarer. Mit drei deiner Gedankengänge tue ich mich schwer, so etwa wenn du schreibst:

„Meiner Meinung nach sind gerade die großen Totenmessen dazu angetan, sie zum Liebesakt in Bezug zu setzen. Mir ist bewusst, was für ein Wagnis das für manchen Leser sein mag. Für mich gehört eh alles zum Leben dazu, der Schmerz, der Tod, die Freude, die Liebe, die Vergänglichkeit, die Erotik… usw.“

Was den letzten Satz betrifft, so kann ich dir uneingeschränkt folgen; das Leben besteht aus vielen Gegensätzen, die es letztlich ja auch spannend und abwechslungsreich und oft genug auch zu einer Herausforderung machen. Doch vollführst du mit dem Bezug zwischen Totenmessen und Liebesakt einen Spagat, der mir zu weit ist, aber das mag an meiner persönlichen Biographie liegen. Ich habe in den letzten Jahren an zu vielen Totenmessen für Menschen, die mir sehr nahe standen, teilnehmen müssen, um den von dir hergestellten Bezug nachvollziehen zu können. Vielleicht wäre es anders, wenn ich Totenmessen eher unter musikalisch –künstlerischen Aspekten sehen bzw. hören könnte. Aber das wird jeder Leser für sich individuell sicherlich anders beurteilen.

Und auch mit einem anderen Teil deiner Antwort hab ich meine Probleme. Du schreibst:

„Nun kann ich zwar die Texte der Totenmessen natürlich mehr oder weniger auswendig in Latein, klar, wenn man die Werke mal in Konzerten mitgesungen hat, entscheidend für das Verständnis dieses Gedichts ist das aber nicht.
Es reicht völlig, wenn man den Inhalt grob kennt und sich ansonsten dem Klang der Worte hingibt…“


Ich vermute mal, du meinst im ersten Satz, dass es nicht entscheidend für das Verständnis deines Gedichts ist, dass der Leser die Texte auswendig kennt. Darin stimme ich dir zu; ich nehme ohnehin an, dass die wenigstens diese Texte auswendig kennen, ich zähle mich selbst auch dazu. Bei dem zweiten Satz des Zitats grübele ich noch, ob du Recht hast. Zum einen denke ich, dass zum Verständnis deines komplexen Textes eine grobe inhaltliche Kenntnis der lateinischen Verse nicht ausreicht. Zum anderen werden, was den Klang angeht, Latinismen wohl für jeden Leser individuell höchst unterschiedlich klingen. Und jemand, der mit lateinischen Begriffen eher Negatives assoziiert, aus welchen Gründen auch immer, wird sich schwerlich diesem Klang hingeben können. Aber selbst dem, der es schafft, hilft der Klang der Worte nur sehr bedingt, wenn er ihre Bedeutung nicht genau kennt ...

Und schließlich schreibst du:

„Und den Tag der Rache…den darfst du nicht wörtlich nehmen… eher als eine Facette der Leidenschaft.“

Gut, aber selbst mit diesem Wissen erschließt sich mir die Textstelle im Kontext noch immer nicht. Doch ich denke mal, dass manche Rätsel bleiben müssen, um die eigene Auseinandersetzung mit Texten nicht erschlaffen zu lassen und spannend zu gestalten. Insofern kann ich damit gut leben. ;-)

Jedenfalls danke ich dir herzlich für deine ausführliche Antwort und wünsche dir noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 18.05.2006, 07:49

Lieber Herby, ich wäre so froh, wenn sich noch andere aus dem Salon hierzu äußern würden...
Mir scheint, dass dieses Gedicht besser in der Werkstatt aufgehoben gewesen wäre, als der "Vater -Eintrag"...
Ich muss mir über verschiedenes noch klarer werden, ich bin aber sehr froh, dass du so ausführlich die Schwächen aufgezeigt hast.
Danke.
L. G.
Gerda

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Beitragvon Lisa » 18.05.2006, 12:04

Lieber Gerda,
ich habe zunächst einmal nichts zu diesem text geschrieben, da mir Herby viel kompetenter erschien als das, was ich beisteuern kann. Nun hast du aber darum gebeten noch andere Stimmen zu hören. Erst einmal: ich glaube nicht, dass der Text in die Werkstatt gehört. Neben dem oben genannten Grund haben es Texte in Foren, die einer intensiven Recherche oder einer besonders langen Lektüre bedürfen, nicht leicht.

Ich habe meiner Meinung nach weder von musikalischen Kompositionen noch von Latein genug Ahnung, um angemessen auf deinen Text zu reagieren (das war schon bei einem anderem Text ähnlicher Art von dir genauso). Gleichzeitig kannst du mir den Text ja nicht einfach „übersetzen“, denn es hat ja einen (Wirk-)sinn, warum du die Begriffe gewählt hast (den man sehr wohl auch ahnungslos heraustönen hört). Literatur lebt davon, KEINE Begriffsexplikationen zu geben.

Appassionato - leidenschaftlich, ausdrucksvoll (ein s zuviel in deinem Titel übrigens), darum geht es also, denke ich vor dem Lesen. Und ich bin aufgeschlossen, denn Musik und Liebe, beide Sprache haben eine, ebenso wie Christentum und Musik und Christentum und Liebe riesige schnittmenge und können Momente der anderen transponieren, sodass man sie ganz anders hören kann und versteht.

Zu dem von Herby erkannten (wirklich Respekt dafür!) Aufbau kann ich nichts sagen, ich kenne das Werk, worauf er sich bezieht nicht einmal.

Problematisch empfinde auch ich den Begriff „dies irae“. Ich verstehe nach deiner Erklärung, gerda, dies jetzt so, dass es ein verspielter (liebender) tag der rache ist, eine Liebesapokalypse, die beide durch ihre ständigen „Kabbeleien“ (auch ernsthafte) heraufbeschwören, bis es endlich soweit ist und die Peripetie einsetzt. Ich empfinde dies aber auch nicht als den richtig gewählten Ausdruck, weil ich ihn nicht verspielt lesen kann und das hand in hand danach einfach nicht passen will. In diese Problematik fällt auch der Begriff „requiem aeternam“, den ich allerdings nicht übersetzen kann (aeternam?)

Das Folgende ist dann die Beschreibung dieses Ausbruches, der sich bis zum Gipfel schwingt und endlich die ersehnte Ruhe mit sich bringt (für wie lange :smile: )?


Diese Zeile würde ich streichen:
geknackter g-punkt


das verrät viel zu viel! Und zudem nimmt es den Reiz der musikalischen Anlehnungen, wenn man sie vornimmt, dann müssen SIE es erzählen (und das tun sie auch genügend).

Wenn ich dann richtig folge, gibt es einen Aufschwung, einen kurzen Abfall, bevor es zum Gipfel geht und dann ein wirkliches ruhig werden?

Das sind meine ERSTEN Gedanken zu dem Text..ich muss erst tiefer in ihn eintauchen....

Lisa

Gast

Beitragvon Gast » 20.05.2006, 16:44

Ich möchte hiernicht mehr weiter erläutern...
Wem dieses Gedicht etwas sagt: fein!
Wem nicht: nicht schlimm

Eines aber:

Viel zu sehr habe ich bemüht, mich verständlich zu machen, mich selbst bedrängt.
Das hat mir nicht gut getan.
Möglichweise bin ich an diesem Text immer noch zu nah dran, oder aber gescheitert.
Die Zeit wird es zeigen.
In die Schreibwerkstatt schien er und scheint er mir auch immer noch nicht zu gehören...

Vielen Dank noch einmal Lisa und Herby, nehmt diesen Text als Wiedergabe einer unstillbaren Sehnsucht, die sich durch den Konzertbesuch seinerzeit manifestiert hat...
Manchmal ist es schwer und manchmal schön aber immer leidenschaftlich.

Ich würde gern diesen Thread schließen.
Weiß aber nicht, ob ich das darf.


Liebe Grüße aus dem hell vor Regen und Sonne glänzenden, schwupp, ins Dunkel getauchten Taunus
Gerda

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Beitragvon Lisa » 20.05.2006, 16:45

Liebe Gerda,
das mache ich und ich kann verstehen, was du schreibst!

THREAD GESCHLOSSEN!


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