Hallo Steffi,
ich hänge mal den Text von Goethe an, auf den du dich beziehst, dann hat man einen besseren Vergleich:
Willkommen und Abschied(Frühere Fassung, 1771) Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde!
Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht.
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht.
Schon stund im Nebelkleid die Eiche
Wie ein getürmter Riese da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah schläfrig aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr.
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch tausendfacher war mein Mut,
Mein Geist war ein verzehrend Feuer,
Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.
Ich sah dich und die milde Freude
Floß aus dem süßen Blick auf mich.
Ganz war mein Herz an deiner Seite,
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Lag auf dem lieblichen Gesicht
Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter,
Ich hofft es, ich verdient es nicht.
Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe!
Aus deinen Blicken sprach dein Herz.
In deinen Küssen welche Liebe,
O welche Wonne, welcher Schmerz!
Du gingst, ich stund und sah zur Erden
Und sah dir nach mit nassem Blick.
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden,
Und lieben, Götter, welch ein Glück!
Willkommen und Abschied(Spätere Fassung, ~1785) Es schlug mein Herz, geschwind, zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht.
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht;
Schon stand im Nebelkleid die Eiche
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern welches Feuer!
In meinem Herzen welche Glut!
Dich sah ich, und die milde Freude
Floß von dem süßen Blick auf mich;
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Umgab das liebliche Gesicht,
Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter!
Ich hofft es, ich verdient es nicht!
Doch ach, schon mit der Morgensonne
Verengt der Abschied mir das Herz:
In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz!
Ich ging, du standst und sahst zur Erden
Und sahst mir nach mit nassem Blick:
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück
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Dein Text behandelt aber doch ein völlig anderes Thema als der Goethe-Text,oder irre ich mich? Ich meine aus beiden "Vergänglichkeit" zu lesen, aber auf völlig andere Weise.
Am stärksten und wirklich großartig finde ich Titel bzw. erste Zeile. Das ist eine ganz einprägsame Dichtung.
Strophe 3 und vier empfinde ich als deutlich schwächer als die ersten beiden Srophen. Insgesamt sind es mir zuviele Apostrophe um das Sonett einzuhalten, besonders dieser Vers liest sich eigentlich anders für mich:
Ich ging, du lagst und sahst mit feuchtem Aug’ mich an,
Auch das würde in der nächsten Zeile finde ich nicht völlig gelungen...Als
würde dir das Weinen deinen Schmerz verschmälern.
Was ich insgesamt an deinem Gedicht wirklich schätze, ist, dass du es schafft "alte" Sprache und Ausdrücke so zu arrangieren, dass sie lesbar bleiben für eine Welt, in der ich lebe...das schafft eine Besonderheit von Welt für mich.
Mit Goethe kann ich allerdings ziemlich wenig anfangen (obwohl ich dem alten viel zu sehr verhaftet bin). Ich empfinde ihn nicht als außergewöhnlich. Einzig seine Farbenlehre möchte ich irgendwann einmal endlich lesen.