Hallo Amanita,
Ich kann den Ärger schon gut verstehen, denn Texte, in denen "viel drin steckt", gibt es hier im Forum doch einige?
Ja, sicher gibt es die, aber was heißt das jetzt konkret auf diesen Text und meinen Kommentar bezogen? Was genau daran ärgert dich? Es gibt auch viele Texte, bei denen ich mich wundere, was da für andere Leser scheinbar drinsteckt und welche Begeisterung, gerne auch mal ganz ohne Begründung, sie auslösen können.
Ob Inhalt und Handwerk zusammen gehen, ist letztlich immer - mehr oder weniger deutlich jedenfalls - die Frage, die es im Sinne einer Textarbeit zu erläutern und zu beantworten gilt.
Ja, das ist ein weiterer Aspekt des Kommentierens. Dazu habe ich ja geschrieben? Für mich geht es hier eben sehr gut zusammen, es
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passt wunderbar. Ich kann das auch gerne noch ausführen und konkret auf eure Punkte eingehen. Die Kritik von scarlett an den "Reimen", bzw. der Vorwurf, das Handwerkliche würde hapern, beispielsweise ist vermutlich abhängig vom Lesen, Betonen und der Erwartung. Für mich ist Sprache, Rhythmus, Zeilengestaltung etc. hier so angelegt, dass sie bei mir nicht die Erwartungshaltung wecken, dass es sich hierbei um ein Reimgedicht handeln soll. Die Klänge treten durch die Betonung auch nicht hervor, sie schwingen nur leise im Hintergrund mit. Von daher geht die Kritik für mich am Text vorbei. Dazu hat Eva ja auch schon geschrieben.
"mein leben dichten" empfinde ich als nicht so glücklich formuliert; vielleicht deshalb, weil die zweite Zeile in ziemlich schlichtem Gewand folgt und die dritte - sorry - absolut banal auf mich wirkt.
Für mich ist die erste Zeile gerade durch die doppelte Lesbarkeit genau richtig formuliert. Ja, die zweite Zeile ist schlicht, und zwar genau dem Thema angepasst schlicht? "Mir fehlen die Worte dafür". Da würde ich jetzt keine dichterischen Finessen erwarten? Die dritte Zeile ist für mich nicht banal. Das fängt schon damit an, dass es heißt "Ich wollte" und nicht "ich wünschte". Zum "es wäre mir gegeben" hatte ich ja schon in meinem Kommentar geschrieben.
scarlett hat geschrieben:ich finde hier nur eine ungenauigkeit nach der anderen, der text gestaltet sich durch die vielen offenen stellen für mich beliebig- alles ist möglich, nichts ist gewiss, weder sprachlich noch inhaltlich. dazu tragen die unmengen an unpersönlichen wendungen bei, fünfmal "es" in einem text dieser kürze.
Die Wiederholung der "es" stören mich nicht. Klanglich liegt auf ihnen keine Betonung, sie treten nicht hervor. Inhaltlich finde ich sie sehr passend, weil "es" etwas ist, das nicht direkt greifbar ist, eine Unsicherheit, ein Impuls, die Bezüge selbst zu entdecken. Dass der Text zu viele offene Stellen hat und dadurch droht beliebig zu werden, empfinde ich nicht so. Für mich ergab sich eine ganz konkrete und schlüssige Leseweise und ich freue mich natürlich, dass ich dabei auch Evas Intention getroffen habe. Offensichtlich ist eben nicht alles möglich, wenn man beginnt darüber nachzudenken. Hier gelingt das ja auch scheinbar zumindest ansatzweise:
scarlett hat geschrieben:was? das leben? dann müsste es logischerweise "würde" heißen, denn wenn jemand mir mein leben dichtet, dann wird es mir anschließend gegeben.
oder:
es wäre mir gegeben- es/das leben selber zu dichten? was ich aber nicht kann, da mir die worte fehlen? also wünscht sich das ich diese fähigkeit, die ihm nicht gegeben ward/wurde?
scarlett hat geschrieben: außerdem was ist das denn für eine verbindung - da es regnet, braucht es meine augen nicht mehr?
oder es regnet, daher braucht es die augen nicht mehr?
aus denen es regnen könnte? oder warum braucht es? die augen nicht mehr?
braucht es augen nur zum regnen?
Wenn man partout keine Verbindung finden kann, oder nicht möchte, dass ein Gedicht Fragen in einem aufwirft, die es nicht selbst abschließend beantwortet, kann man diese Stelle auch einfach parallel lesen, als zwei Feststellungen. Auch so ergäbe sich eine Stimmung, die zum restlichen Gedicht und LIch passen würde.
Zum Schirm hatte ich ja schon geschrieben, ich denke die Stelle funktioniert aber auch sehr gut ohne die zusätzliche Assoziation zum Psalm. Ich weiß nicht, ob du da inzwischen einen neuen Zugang gefunden hast, Amanita?
Amanita hat geschrieben:"ich wollte, jemand dichtete mein leben für mich" gefällt mir, nur was ist der genaue Unterschied (im Sachverhalt) zur ersten Strophe? Was hat sich hier verändert oder sogar gesteigert?
Das "für mich". Ich denke, man darf nicht vergessen, dass hier LIch selbst "spricht". Seine Gedanken kreisen um dieses "dichten", da finde ich es sehr schlüssig und nachvollziehbar, dass es wieder auftaucht, mit einer Variation, einem Zusatz, einer Präzisierung und Verstärkung.
Über den Schluss hat Scarlett schon geschrieben. Auch für mich funktioniert das Spiel mir der Sprache hier nicht. Mit der Wendung "es gehört sich nicht" könnte man vielleicht schon arbeiten, aber hier passt - meine ich - weder die eine noch die andere Lesart. Das Leben, das sich nicht (selbst) gehört, müsste wohl näher erläutert werden.
Sprachspielereien in Texten, die nicht experimentell sind, oder explizit damit arbeiten, finde ich oft schwierig, weil sie leicht ins Leere gehen können, oder man den Autor und seine "Lust" daran zu stark heraushört, als dass es für das Gedicht, oder LIch aufgehen könnte. Hier fügt es sich aber aus meiner Sicht so gut ein, dass es bei mir nicht als Spiel ankam, sondern als Assoziations/Gedankenkette des LIch, die vom "gehört" ausgelöst wird und einen anderen Gedanken, Feststellung nach sich zieht. So wird auch die Wendung "es gehört sich nicht" aufgebrochen und den Blick darauf aufgefrischt, was ich wiederum sehr gern mag. Inhaltlich ergab sich auch an dieser Stelle für mich eine sehr stimmige Leseweise.
Hallo scarlett,
scarlett hat geschrieben:moment, ich blieb am text.
ich habe ganz konkrete fragen gestellt, aufgezeigt, wo etwas hakt-
ich schwebe nicht über einem text und philosophiere nicht über dinge, die er meiner meinung nach gar nicht hergibt.
Auf einiges bin ich oben eingegangen. Ich gehe davon aus, du beziehst dich auf meinen Kommentar? Vielleicht kannst du das noch präzisieren. Würde mich interessieren, wo ich deiner Meinung nach nicht am Text bleibe und was davon der Text nicht "hergibt".
nun ja, WIR vielleicht schon, ICH allein sicher nicht.
Kann ich aus dem Kontext dieses Fadens nicht nachvollziehen, aber ihr könnt das sicher untereinander klären. Mich wunderte deine Vehemenz und Wortwahl hier schon, zumal du selbst doch sehr empfindsam auf die Formulierung der Kritik unter deinen Texten reagierst.
Schwebegrüße
Flora