Sonniger Herbst

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 29.09.2013, 11:12

Sonniger Herbst


Durch schütter gewordenes Blätterdach
in den Himmel blicken
Weißt du noch? spielen

sehen
wie weit alles schon zurück liegt
(so viel weiter als das Gefühl)

immer noch stehen die glücklichen Tage
wie Tautropfenperlen
an bitterem Gras

in der Sonne

Benutzeravatar
Zakkinen
Administrator
Beiträge: 1768
Registriert: 17.07.2008
Geschlecht:

Beitragvon Zakkinen » 29.09.2013, 18:12

Hallo Amanita,

sehr angenehm schlichtes Stück. Gefällt mir.

Eine paar kleine Vorschläge und offen Fragen hätte ich: wie würde Dir "Durch schütter werdendes Blätterdach" gefallen? Klingt mir rythmischer.

Warum stehen die Tage für Dich? Wäre "hängen" nicht fast schöner? Da klänge etwas wie nachhängen, wie alte Wäsche. Und es passte besser zu den Tautropfen.

Ich überlege auch noch, warum das Gras bitter ist.

Grüße
Henkki

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 29.09.2013, 22:01

Lach (+ danke), Zakkinen: "werdendes" hatte ich in meinen ersten Fassungen, es klang für mich aber umständlich nicht-rhythmisch - und so meinte ich, nach einem Ersatz suchen zu müssen.

"hängen" hatte ich auch überlegt... aber das fand ich nicht so gut, weil ich an "abhängen" oder so denken musste - Änderungen sind aber absolut noch möglich.

Das bittere Gras dachte ich mir erst vom Geschmack her (es ist jedenfalls ungenießbar), dann fand ich den Gegensatz zu den glücklichen Tagen ganz gut, außerdem schließt sich der Kreis zu "schütter". Auch hier ändere ich gern noch, wenn mir ein Vorschlag (besser) gefällt.

Vielen herzlichen Dank! Lange keinen Kommentar mehr gelesen von Dir!

Benutzeravatar
Zakkinen
Administrator
Beiträge: 1768
Registriert: 17.07.2008
Geschlecht:

Beitragvon Zakkinen » 29.09.2013, 22:25

Mir war irgendwie im Hinterkopf, dass es Bittergras gibt. Erstes Suchen liefert sowas: http://feenkraut.de/herbs/traumkraut.html. Wächst aber nicht hier.

Ja, ich hab leider wenig Zeit. Viel zu wenig. Vielleicht wird's wieder besser, mal schaun.

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6756
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 30.09.2013, 04:48

"gewordenes" finde ich auch rhythmischer.
123
123
123
schütter ge-
wordenes
Blätterdach

"Durch schütter gewordenes Blätterdach"

Im gleichen Rhythmus würde ich schreiben:

"Noch haften die glücklichen Tage"

Oder so ähnlich. Was tun Tropfen? Haften, kleben, saugen, schmiegen ...

"Noch schmiegen die glücklichen Tage"

Dat isses. Das ist so gut, das sollte ich besser für mich behalten :-)

Anschmiegen ohne "sich" ist nach DIN 789 erlaubt in der Poesie.

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 30.09.2013, 13:51

lach, Pjotr, danke für Dein Mitdenken, Mitsuchen.

Ich werde mich allerdings wohl nicht an die DIN halten -

wie wärs mit:


die glücklichen Tage schmiegen sich immer noch
wie Tautropfenperlen
ans bittere Gras

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6756
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 30.09.2013, 20:36

Bestehst Du auf das "immer", um Erstaunen auszudrücken darüber, dass diese Tage sogar heute noch andauern? Also im Sinn von: "Erstaunlich: Immer und immer noch ..."?

Wenn das Dein Anliegen ist, dann verstehe ich. Ohne "immer" klänge das wohl etwas frustrierter, bedrohlicher (noch, ja noch, warts nur ab), countdown-artig.

Das "immer" wirkt wie ein heller Kleks auf dem Bild. Auf die Glas-halbleer-Formel angewandt, richtet dieser Kleks den Fokus auf die Wasserhälfte.

Könnte man diesen Kleks sogar noch heller oder größer machen? Oder wäre das zu optimistisch für die beabsichtigte Stimmungslage?

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 30.09.2013, 21:51

Genau, Pjotr, kein Countdown. Die Überschrift steht ja nicht einfach so da.

Man könnte mehr kleckern, das stimmt. Ich wollte aber nicht unbedingt mehr haben. Optimismus, nein. Nur in der Sonne sitzen und denken: Vieles war doch ganz gut (und wirkt noch ein bisserl nach bis heute).

wolpertinger

Beitragvon wolpertinger » 26.10.2013, 18:09

Hallo Amanita,
ich finde es ist ein sehr schöner und interessanter Gedanke.
Ich möchte Dir keine Änderungen vorschlagen, weil ich mir dabei immer nicht gut vorkomme, deshalb sage ich einfach, so wäre es, hätte ich es geschrieben (aber ich habe es ja leider nicht)
Ich denke aber, dass ich mich mit "Tautropfen" zufrieden geben würde :=)
Sonniger Herbst

Durch ein schütter gewordenes
Blätterdach
in den Himmel blicken
Weißt du noch,
unsere Spiele?
wie weit doch alles zurück liegt
Immer noch stehen
die glücklichen Tage
wie Tautropfenperlen
in der Sonne
an bitterem Gras

Grüße
Wolf

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 26.10.2013, 21:29

Hallo Wolf,

danke, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, das mal durchzuspielen. Ich habe nichts gegen diese Fassung, aber mir ist sie - im Vergleich - doch ein wenig geglättet. Und den Schluss meinte ich genau anders herum: Die glücklichen Tage sind zwar dicht am bitteren Gras, ich sehe sie aber in der Sonne (glitzern), bei Dir klingt das m. E. so: Sie glitzern zwar in der Sonne, kleben in Wirklichkeit aber am bitteren Gras.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 163 Gäste