es sind zwei von ihnen...

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allerleirauh
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Beitragvon allerleirauh » 06.10.2013, 21:59

die im turmlicht
um den kirchabend kreisen.
ein letztes sonnenwarm liegt noch in der luft,
der blick auf den main -
doch die wolken riechen schon nach reif.
die jungen sind längst flügge,
haben den hort verlassen.
unterwegs sind sie an andere orte.
ihre fotos hängen an wänden einer trügerischen heimat.


es sind zwei von ihnen
die im turmlicht
um den kirchabend kreisen.
tief unter ihnen:
menschenjahre -
kindergärten, schulen und ausbildungsfirmen.
erzieher, lehrer und schimpfende poliere.
freunde und bierkästen. supermarktkassen.
kneipenbesitzer, die trinkgeld empfangen.
gepflügte felder, kahle bäume
und ein frisch aufgeschüttetes grab.

Niko

Beitragvon Niko » 07.10.2013, 05:02

also ich muss ganz ehrlich sagen, allerleirauh, dass ich den schluss sehr schade finde. da würde ich es lieber nach den kneipenbesitzern enden lassen.

ansonsten sehr gut geschrieben. ich spüre eine ganz bestimmte intensivität.

liebe grüße: niko

pjesma

Beitragvon pjesma » 07.10.2013, 18:07

ein tolles gedicht :-)
lg, pjesma

Dohle

Beitragvon Dohle » 10.10.2013, 16:47

Hallo, ich mag die erste Strophe (besonders die letzten beiden Zeilen) - da sie die Idee abstrakt hält und sehr bildhaft ist. Strophe zwei ist mir dann schon zu bildhaft, zu konkret und um ein paar Beispiele zu viel. Es ist auch einfach klanglich nicht so schön, wenn da verschiedene gesellschaftliche Rollen aufgezählt werden, die vom Lautmuster nicht zusammenpassen. Hier haut das Äquivalenzprinzip nicht ganz hin. Also Strophe eins superb und Strophe zwei Geschmackssache (aber durchaus so machbar).

EMO

Beitragvon EMO » 10.10.2013, 18:44

Hej, allerleirauh!

Ich finde die erste Strophe toll, die zweite überladen. Wie wär´s mit einer kürzeren:

es sind zwei von ihnen
die im turmlicht
um den kirchabend kreisen.
tief unter ihnen:
menschenjahre -
kindergärten, schulen und erzieher
lehrer, freunde, kneipenbesitzer
gepflügte felder, kahle bäume
und ein frisch aufgeschüttetes grab.


Im Gegensatz zu Niko finde ich gerade den Schluss sehr gut, insbesondere die Verknüpfung "menschenjahre – frisch aufgeschüttetes grab". Unsere Menschenjahre ziehlen ja für alle irgenwie und irgendwo auf ein Grab.

Mvh, EMO

wolpertinger

Beitragvon wolpertinger » 20.10.2013, 19:10

Hallo allerleirauh
ich finde das Gedicht gut. Ich kann es so annehmen wie es steht.
Ohne den letzten Vers aber auf gar keinem Fall, denn dieser macht das Gedicht aus.
Sehr gelungen.

Grüße
Wolf

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allerleirauh
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Beitragvon allerleirauh » 20.10.2013, 19:41

hallo alle und danke für eure rückmeldungen. (asche auf mein haupt, dass ich mich jetzt erst zurückmelde.)
ich verstehe, was niko bemängelt. ich weiß, dass die erste strophe die wohlklingendere, harmonischere ist.
für mich braucht es aber die zweite (unpoetische) auch. sie soll eine realitätsbezug herstellen.
wenn man so will: reine beobachtung plus erfahrung.

lga


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