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Erinnerst du dich

Verfasst: 18.11.2013, 11:26
von wolpertinger
Erinnerst du dich

Wir saßen auf Pollern im Hafen
festgemacht
philosophierten über das Wegbereiten
ganz anders als am Meeresufer wo
Lichtflecken des Horizonts
zu Hilfe kommen
über die Plötzlichkeit
des Wassers an trockenen Tagen
unseren Tagen
Erdverwaiste auf
verreinsamten Schiffen
fragten uns was dran sei an der Liebe
zu den Fernen
verschoben die Antwort
wohl hundert Mal
auf einen anderen Tag
den kurzatmigen Nächten auf reib-
eisigen Laken und
jeder Morgen
spülte uns
wie grundverlorene Algen
zum Hafen
zurück

Verfasst: 18.11.2013, 15:42
von scarlett
der hafen als sicherheit - nicht ganz so spektakulär und verlockend wie das offene meer - von wo aus es sich hervorragend spekulieren lässt, philosophieren lässt über das weite, fremde, das unbekannte ... so lange man sich in sicherheit wiegt, kein großes problem, es geschieht ja "nichts".
und man kann sich damit arrangieren, so wie mit den reibeisigen laken in kurzatmigen nächten, nicht wahr.

mir gefällt, wie das gedicht zwischen diesen beiden polen jongliert, hin und her pendelt, wie eine welle, die bilder sind zwar nicht ganz neu, aber ich finde, du hast sie durchaus in ein frisches umfeld gesetzt, wolf- die zeilenumbrühe gefallen mir sehr gut, sie verhindern ein schnelles drüberlesen ...

ich meine allerdings, es müsste "zu Hilfe kommen" und nicht "zuR" heißen.

ferner -

unseren Tagen
Erdverwaiste auf
verreinsamten Schiffen

sofern sich das erdverwaiste auf die tage bezieht und nur das macht zumindest grammatisch gesehen sinn, dann müssten sie wohl klein geschrieben werden.

meinst du allerdings den bezug auf das "uns" - im sinne von "Erdverwaiste sind wir", dann müsstest du vielleicht doch nochmal überlegen.

ein feiner text, bei dem ich sehr gern mitgegangen bin ...

scarlett

Verfasst: 18.11.2013, 16:16
von wolpertinger
Danke scarlett, das freut mich .
ja natürlich "zu Hilfe", danke hab`s korrigiert.
Erdverwaiste....
die beiden Zeilen sind eingerückt, weil es sich nicht auf die Tage bezieht, sondern genau darauf, wie es da steht, auf die Erdverwaisten auf vereinsamten Schiffen.
Grüße
Wolf

Verfasst: 19.11.2013, 16:11
von ecb
Sich nähern, sich entfernen, vor, zurück - dem Gedicht eignet ein Rhythmus, eine Bewegung wie die der Gezeiten.
Seine Schönheit besteht darin, daß diese Bewegung impliziert ist, nur angedeutet durch die Erwähnung der Örtlichkeit und deren Attribute. Der Text, der Leser wird in die Bewegung gleichsam eingestimmt und mit hineingenommen. Das gefällt mir sehr.

Liebe Grüße
Eva

Verfasst: 20.11.2013, 08:10
von wolpertinger
danke sehr, Eva, das freut mich wirklich sehr.
Grüße
Wolf

Verfasst: 20.11.2013, 09:54
von Klimperer
Ich habe das Gedicht und dann die Kommentare, die mir meine eigene Bewunderung bestätigten, sehr gerne gelesen.