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die wisente (M)
Verfasst: 07.04.2014, 16:08
von pjesma
da saßen wir
zu fern voneinander
um uns noch die hände zu reichen
zu nahe
um das schweigen
nicht nicht misszuverstehen
wir saßen nur
gefühlte hundert jahre lang
und betrachteten die feuchten wände
einer brachte die kerze hinein
und stellte sie uns vor die füße
worauf wir uns ganz kurz und
völlig unvernünftig
die sich umarmenden wisente
erhofften
aber dann sprachst du plötzlich
aus dem dunkeln:
das leben ist doch kein fernsehen;
und ich erwiderte:
ein unverbauter himmel kennt kein echo.
und dann saßen wir und warteten
noch eine weile
bevor wir gingen.
der docht wurde kürzer
die stühle wurden morscher
und die wisente erschienen uns nicht
die arme hätten
Verfasst: 07.04.2014, 17:50
von Quoth
Hallo Pjesma, Du hast den Text in den "Pfauengarten" gestellt, aber es ist ein erkalteter Pfauengarten, den Du uns vorführst, und er kristallisiert sich um ein Bild merkwürdiger Tiere, die irgendwo zwischen Wisenten (deutschen Büffeln) und Wiesenenten angesiedelt sind ... Ist das die in der Poesie so gern bemühte Doppelsinnigkeit oder eher ein orthografisches Problem? Dann hätte ich das erste "sich" noch gern durch ein "einander" ersetzt, und das "hinein" durch ein "herein", und da es Kerzen sind (Plural), würde ich auch von Dochten sprechen, die kürzer wurden ... Eine bizarre und resignierte Bestandsaufnahme!
Gruß
Quoth
Verfasst: 07.04.2014, 21:36
von pjesma
danke quoth

))...ich hab die ente aus dem büffel herausgerissen
.gif)
....es war keine bemühte poesie sondern leider unbemühter blick in google...ich war mir dem langen ie sicher...gut dass es dich gibt!
kerze ist einzahl?....müsste ich da unbedingt "eine" kerze schreiben anstatt "die"?
hinein....? ich guck von da nach dort, ins bild einer vergangenheit...auf das bild wo jemand eine kerze in raum hinein gebracht hatte?
lg und dank, pjesma
Verfasst: 07.04.2014, 21:54
von pjesma
bzw. ist ein erkalteter pfauengarten kein pfauengarten mehr?...ich sehe ein nicht unliebevoller rückblick auf eine hilflose liebe, die sich nicht zu helfen wusste.irgendwelche enten waren schon da, aber die wussten wohl nicht wie...aus sich.
Verfasst: 07.04.2014, 22:20
von ecb
Sie sind in ihrer Hilflosigkeit wenigstens nicht ganz humor- und phantasielos, die urtümlichen Wie-sente - ich hätte da beinahe ein absicht- und einsichtsvolles "wie?" mitgelesen, aber das bleibt irgendwie auch in der richtigen Rechtschreibung erhalten, wenn man sie sich schön bildhaft vorstellt.
Und eigentlich läßt eine solche Haltung denn doch hoffen für ... ein anderes Mal.
Hach, dieses Gedicht gefällt mir richtig gut!
Liebe Grüße
Eva
Verfasst: 08.04.2014, 11:11
von nera
gefällt mir auch sehr. aber ich frage mich, wieso du auf wisente kommst?
Verfasst: 08.04.2014, 12:54
von pjesma
danke eva und nera

@ nera---na weil eine höhle die es wert war bewohnt zu werden, spuren an den wänden hatte, die blieben...manchmal wisente :)...
(foto in monatsthema)
lg
Verfasst: 08.04.2014, 13:51
von nera
achja....in die richtung dachte ich schon, wunderte mich nur, wegen dem umarmen....bei den wisenten leben die frauen und männer ja eher getrennt....
Verfasst: 08.04.2014, 16:01
von Mucki
...
Verfasst: 08.04.2014, 19:10
von Quoth
Hallo, Nera und Gabriella, man muss vielleicht gar nicht in die Höhlen der Steinzeitmaler hinabsteigen, sondern kann hier im Forum was finden. Der Wisent ist ja der nächste Verwandte des nordamerikanischen Bisons, und der wurde als Metapher in eindeutig erotischem Zusammenhang im Dez. 2012 sehr eindrucksvoll von Lisa eingebracht:
viewtopic.php?f=2&t=13714und wenn ich weinte
war ich das glitzern in einer feuchten stirnlocke
eines galoppierenden bisons
...
aber wer, mein geliebter bison, hat schon sagen hören
dass jemals auch nur ein einziger mensch auf einer wiese
erschienen sei?
Und der Text schießt mit
// sie erblicken einander zwischen den unzählig dampfenden körpern behäbiger tiere einer ziehenden herde. jeder einen anderen. //
Kurt hat das sehr schön, aber völlig unbeachtet so kommentiert:
Das LYrich wirkt durchsetzt von fragmentarischer Information zum Bison. Letztendlich sind die dampfenden massigen Körper Geisterscheinungen auf einem alles durchdringenden energetischen Fluss, die Bilder geronnene Information im Augenblick
Er hatte schon im September 2011 eine Bisonherde lyrisch thematisiert, freilich ohne erkennbaren Liebesbezug:
viewtopic.php?f=2&t=12499und hat den Text jetzt vor kurzem noch einmal überarbeitet.
Da Pjesma eine sehr aufmerksame Leserin hier ist, glaube ich kaum, dass ihr diese Vorläufer und Verwandten ihrer Wisente entgangen sind!
Gruß
Quoth
Verfasst: 08.04.2014, 19:34
von ecb
Wunderbar, solche Kreuz- und Querbezüge aufweisen zu können, Quoth, denn in der modernen Lyrik sind Metaphern von einiger Gültigkeit ja nicht mehr so häufig anzutreffen. Das Bison/Wisent scheint sich als eine der tragfähigeren zu erweisen.
Danke für das Finden und Aufdröseln des roten Fadens, über sowas kann ich mich mächtig freuen!
Liebe Grüße
Eva
Verfasst: 08.04.2014, 19:50
von Mucki
...
Verfasst: 08.04.2014, 20:00
von Quoth
Es ist vielleicht überflüssig unter lauter Literaten und Literatinnen - aber ich möchte doch auch noch an sie erinnert haben:
http://www.van-ham.com/datenbank-archiv ... ier-6.htmlMit den Wisenten hat Europäerin Pjesma die Bisons nach Europa zurückverpflanzt!

Gruß
Quoth
Verfasst: 08.04.2014, 20:08
von nera
danke quoth. an lisas gedicht erinnere ich mich gut.
da pjesma von wisenten und nicht von bisons spricht, finde ich es aber denoch interessant, nachzufragen. diese tiere werden heute gezüchtet, um sie vorm aussterben zu bewahren. und sie scheinen mir ebenso anachronistisch, wie das leben in höhlen. das ist für mich die in spannende idee in/ hinter diesem text.
mal abgesehen davon sind diese viecher in echt ganz schön raumfordernd und mit ihnen in einer höhle, wär mir etwas bang!
http://poessneck.otz.de/web/lokal/leben ... -884535123