Rückschau

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
SanchoPanza

Beitragvon SanchoPanza » 05.08.2014, 09:46

Wie gerne wollt ich weise sein
Mit Witz und Ironie
gerecht sein, niemals leise sein
mich beugen wollt ich nie

Wollt brüllen wo gebrüllt sein sollt
Gleichwohl dem wilden Leu
Wollt loben den, dem Lob gezollt
Und immer meiner treu

Justitia selbst wollt ich beschämen
Die richt’gen Wege gehn
Mich nie mit Kompromiss bequemen
die wahren Werte sehn

Wollt niemals mit dem Finger zeigen
Von Hochmut gänzlich frei
Wollt niemals je zu Unrecht schweigen
Wasimmer es auch sei

Im Alter seh ich nun zurück
Mit Dir an meiner Seit
Du gabst mir viel von meinem Glück
Und alle Deine Zeit

Ich hab gebrüllt wo Stille war
Und schwieg zur falschen Zeit
Schloss meine Augen hier und da
Zur Ungerechtigkeit

Lag oft in Selbstvorwürfen wach
Und eins weis ich gewiss
Ich stelle falschen Werten nach
Und leb den Kompromiss

Doch eines weis ich sicher doch
Und sag es ohne Scheu
Ich liebte und ich liebe noch
War immer deiner treu

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.08.2014, 18:17

Welten, Kurt, es liegen Welten zwischen deinen Gedichten und deiner Prosa.
Dieses hier ist in meinen Augen ziemlich schwächlich auf der Brust. Gehört m.E. eher in die Kategorie "Poesiealbum".

Saluditos
Gabriella

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 06.08.2014, 20:41

Also, für mich ist dieses Gedicht das Gegenteil von dem, was man in Poesialben zu schreiben pflegt.

Ich bin tief beindruckt von der Ehrlichkeit und Tiefe deiner Aussagen, Kurt.

Und von der lyrischen Qualität, die ich selbst nie erreichen werde.

Für mich bewegt sich dieses Gedicht in traditionellen, klassischen Formen, mit einer überaus aktuelllen und menschlichen, sehr menschlichen Aussage.

Liebe Grüße

Carlos

SanchoPanza

Beitragvon SanchoPanza » 07.08.2014, 09:05

Danke Euch beiden,
ich lerne aus Tadel und auch Lob spornt mich an besser zu werden.
Gracias de verdad.
Kurt

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 09.08.2014, 19:33

Hallo SanchoPanza,

ich fürchte, Gabriella hat recht: Das ist ein äußerst schwachbrüstiges Gedicht. Ich glaube, dieser Eindruck entsteht aus der scheinbaren oder wirklichen Unsicherheit gegenüber sprachlichen Bestandteilen. Ich nehme als Beispiel die zweite Strophe:

Wollt brüllen wo gebrüllt sein sollt
Gleichwohl dem wilden Leu
Wollt loben den, dem Lob gezollt
Und immer meiner treu


"Gleichwohl" - das ist eine Nebensatzeinleitung, oder? Bedeutung in etwa: "dennoch", "trotzdem" ... Dein zweiter Vers ist nun weder ein Nebensatz, noch passt das "gleichwohl" sinnmäßig - soweit ich das sehen kann, jedenfalls.

"gezollt" - das ist soweit verkürzt, dass sich der Leser einen Sinn bestenfalls zusammenraten kann: "gezollt sein muss"?!

"meiner treu" - Ich kenne nur "mir treu", als treu + Dativ; treu + Genitiv habe ich noch nie gelesen oder gehört. Heißt selbstredend nichts, aber: könntest du mir da Beispiele geben?! Der Dativ ist aber auf jeden Fall soviel gebräuchlicher, dass dein Ausdruck zumindestens störend wirkt; wenn nicht falsch.

Das häuft sich derart, ich fliege hier sofort aus dem Text. Und es kommt ja noch einiges mehr - "mit (einem) Kompromiss bequemen" "glaube" ich nicht, es heißt doch "mit einem Kompromiss begnügen"?! Wenn du dann noch all die Schludrigkeiten in der Darstellung dazunimmst - Tippfehler (wasimmer -> was immer), Rechtschreibung (weis -> weiß), Zeichensetzung (überall!), dann, fürchte ich, führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass hier noch viel Arbeit auf dich wartet.

Und da sind dann die eigentlich "lyrischen" Bestandteile noch gar nicht betrachtet; nimm die Schluss-Strophe:

Doch eines weis ich sicher doch
Und sag es ohne Scheu
Ich liebte und ich liebe noch
War immer deiner treu


"Und sag es ohne Scheu" ist ein reiner Füllvers, der nicht beiträgt und lediglich den Gleichklang zu "treu" liefern muss. Solche Füllverse sind eine wirklich üble Sache, oft reicht schon einer, um ein ganzes Gedicht runterzureißen; da solltest du unbedingt Acht haben!

Gruß,

Ferdi
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

SanchoPanza

Beitragvon SanchoPanza » 09.08.2014, 20:17

Hallo Ferdi,
hier aus dem Duden: meiner Treu! das Treusein (in Bezug auf die Vorlage, die Wiedergabe, die Dokumentation von etwas) Genauigkeit, Zuverlässigkeit Synonyme zu Treue anhängliche Haltung, Anhänglichkeit , Ergebenheit , Hingabe ; (bildungssprachlich) Loyalität

Und sag es ohne Scheu ist für mich keine Füllung, sondern eine Aussage. Weil nämlich viele Menschen sich scheuen ihre Gefühle auszudrücken. Ist ja nicht mehr in.

Kommas mache ich bei Gedichten so gut wie nie - ist ja kein Schulaufsatz. Machen viel grosse Dichter übrigens genauso.
Wenn ich im Büro schreibe habe ich eine amerikanische Tastatur. Da habe ich das scharfe S noch nicht gefunden. Kennt jemand den Key?
Aber Du hast Recht, ich müsste noch viel lernen wenn ich perfekt sein wollte. Aber das ist natürlich ein sehr hoher Anspruch.
Danke für die Tipps.
Gruss
Kurt

SanchoPanza

Beitragvon SanchoPanza » 09.08.2014, 20:28

begünstigen, beispringen, entsprechen, nachgeben, sich bequemen, sich bereit finden, sich herablassen, verhandlungsbereit sein, weich werden, zuvorkommen, einlenken, sich beugen

Ich denke das passt auf das was ich ausdrücken wollte.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 09.08.2014, 20:32

Hallo SanchoPanza,

"Meiner Treu!" rührt vom Substantiv "Treue" her und hat mit dem von dir verwendeten "treu sein" (Adjektiv) nichts zu tun. Und "treu sein" steht mit Dativ - jemandem treu sein!

Schreib "ss" statt "ß", dann ist alles klar.

Was für dich "keine Füllung" ist, ist die eine Sache; was vom Leser als solche wahrgenommen wird, eine andere.

Auf was genau bezieht sich die im zweiten Beitrag angeführte Wortliste? Zu "sich bequemen" kann jedenfalls nicht "mit" treten ... "mit einem Kompromiss begnügen" - das war meine Annahme -, aber "zu einem Kompromiss bequemen"?!

(Sehr ernsthafter Rat, ganz allgemein: Schreib nicht das, wovon du meinst, es klingt nach Gedicht; schreibt das, was du kennst.)

Ich wünsche dir viel Erfolg bei der anstehenden Arbeit an deinem Text!

Gruß,

Ferdi
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

SanchoPanza

Beitragvon SanchoPanza » 10.08.2014, 08:57

*ernsthaft nachdenk*
:-)

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 10.08.2014, 09:55

Hallo Kurt!

Etwas von Don Quijote habe ich doch, genau wie du, obwohl du dich als sein Gegenteil bezeichnest.

Ich lese, was gegen dein großartiges Gedicht geschrieben wird, wie unverstanden es wird, und muss dir zur Hilfe eilen!

Aber ich kann es nicht, es sind Windmühlen, es ist nicht meine Muttersprache. Ich fange an zu weinen, ja, ich heule gerade, es ist so, wie kann man die Aussage dieses Gedichts nicht sehen? Warum hält man sich an Kleinigkeiten auf?

Vor lauter Worten sieht man das Gedicht nicht.

Ich hoffe nur, du lässt dich nicht entmutigen, nicht verirren.

Nimm mir bitte nicht übel, dass ich so sensibel bin.

Liebe Grüße

Carlos

SanchoPanza

Beitragvon SanchoPanza » 10.08.2014, 20:03

Hola Carlos,
ich wollte ausdrücken, wie die Realität das Leben eines Menschen bestimmt. Man kann sich vieles vornehmen, aber meist ist man am Ende kompromittiert.
Ferdi kritisiert aber nicht den Inhalt, sondern das Handwerkliche. Und damit hat er Recht. Ein schöner schlanker Turm mag gut aussehen, aber wenn er nicht richtig gebaut ist, stürzt er ein.

Ein Weiser wollte seinen Nachfolger bestimmen und rief seine Schüler. Er sagte "diese Vase ist das Problem. Wer es löst, wird mein Nachfolger". Alle überlegten, wie eine schöne Vase ein Problem sein kann. Ein Schüler warf sie auf den Boden. Der Weise sagte, "so ist es richtig. Wenn etwas das Problem ist, zerstöre es, egal wie schön es ist."
Danke für Deinen Trost und Deine Anteilnahme.
Saludos
Kurt

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birke
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Beitragvon birke » 10.08.2014, 23:59

hey, kurt, willkommen im salon!

nun ja, „ich bin (war) deiner treu“ ist grammatisch einfach falsch.
"treu" braucht den dativ, nicht den genitiv, wie ferdi auch schon schreibt.

ansonsten ist es wohl auch geschmacksache.
mir ist die sprache zu antiquitiert, oder vielmehr noch, zu sehr dem reim und rhythmus untergeordnet.
das gedicht berührt mich nicht, geht quasi an mir vorbei, aber das ist ein ganz persönlicher eindruck.

viel eindrücklicher fände ich, wenn du deine eigene sprache zum thema zum ausdruck bringen könntest ...
(was du offenbar in der prosa eher schaffst, ich hab noch nicht, werde dich aber auch dort bestimmt noch lesen.)

und hierzu:

Ein Weiser wollte seinen Nachfolger bestimmen und rief seine Schüler. Er sagte "diese Vase ist das Problem. Wer es löst, wird mein Nachfolger". Alle überlegten, wie eine schöne Vase ein Problem sein kann. Ein Schüler warf sie auf den Boden. Der Weise sagte, "so ist es richtig. Wenn etwas das Problem ist, zerstöre es, egal wie schön es ist."

hm, woher hast du das denn??
scheint mir etwas fragwürdig ;-)

saludos, birke
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

SanchoPanza

Beitragvon SanchoPanza » 11.08.2014, 06:52

Hi Birke,
die Weisheit mit der Vase hat mir mal jemand als Spruch aus China 'Verkauft". Wenn man bedenkt, wie oft z.B. Menschen nur aus Bequemlichkeit zusammenbleiben, oder "wegen der Kinder", dann kann der Spruch schon Sinn machen.
Erst mal danke für das Willkommen.
Ja, ich glaube Gedichte sind nicht so mein Ding. Ich bin der Meinung, dass Gedichte sich reimen müssen, und dass der Rhythmus stimmen muss. Dann leidet wohl manchmal die Sprache darunter. Es kann eben nicht jeder Goethe sein :-). Es ist natürlich einfacher einige mystische Worte aneinander zu reihen, und das dann Lyrik zu nennen. Für mich ist das kein Gedicht. Das ist aber nur meine Meinung. Ich versuche auch nicht die Texte Anderer zu interpretieren. Nur Picasso weiß, was er mit Guernica ausdrücken wollte.
Es gab ja sogar mal Wissenschaftler, die Affen ein Bild malen ließen. Die Kritiker überschlugen sich dann mit Interpretationen.
Aber, was Solls, Prosa ist doch eher meine Sache.
Liebe Grüße
Kurt

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birke
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Beitragvon birke » 11.08.2014, 09:43

SanchoPanza hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass Gedichte sich reimen müssen, und dass der Rhythmus stimmen muss. Dann leidet wohl manchmal die Sprache darunter. Es kann eben nicht jeder Goethe sein :-). Es ist natürlich einfacher einige mystische Worte aneinander zu reihen, und das dann Lyrik zu nennen. Für mich ist das kein Gedicht.


hallo kurt, nein, für mich auch nicht, aber da gibt es ja ja wohl noch vieles zwischen. :smile:
auch für ein ungereimtes gedicht sind klang, sprachmelodie und rhythmus kriterien.
aber die sprache muss gerade in der lyrik für mich vor allem stimmig sein, vielleicht neues wagen, ungewöhnliches.
(dabei darf sie sich auch gern reimen, wenn alles andere stimmt.)
ich denke, lyrik ist immer auf der suche nach dem ungewöhnlichen bild, nach dem „darüber hinaus gehen“.
aber das ist eben meine ganz persönliche meinung und führt hier doch etwas weit. :smile:

und dieses:
Ich versuche auch nicht die Texte Anderer zu interpretieren. Nur Picasso weiß, was er mit Guernica ausdrücken wollte.

sehe ich auch anders. ein text sollte doch für sich sprechen, was letztlich der autor "damit gewollt hat", ist zweitrangig. wichtig ist doch, wie wirkt der text auf den leser, was macht er draus. gerade lyrik kann da wunderbar räume für eigene gedanken öffnen.
(deshalb ist ja auch ein leserfeedback so spannend. für mich jedenfalls.)

hab einen sonnigen tag!

lg, birke
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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